Wie Reformismus auch der Umwelt schadet

Linke Regierungen in Lateinamerika beute(te)n die Umwelt aus
Sonja Grusch

Auch wenn es schon wieder fast Geschichte ist haben doch eine Reihe von linken Regierungen die letzten Jahre die Geschicke in Lateinamerika gelenkt: Bolivien, Venezuela, Argentinien, Brasilien etc. Das „rote Jahrzehnt“ hatte seine wirtschaftliche Basis nicht zuletzt im Rohstoffboom. V.a. China war ein unersättlicher Abnehmer von Rohstoffen und Lateinamerika hat geliefert. Abgesehen davon, dass das eine sehr unsichere Basis ist, um eine Wirtschaft oder auch Sozialausgaben darauf zu stützen gingen die verschiedenen linken Regierungen dabei auch alles andere als zimperlich um.

Begehrte Rohstoffe

Die Ölabhängigkeit Venezuelas ist ein altbekanntes Problem. Sinkende Ölpreise bzw. sinkender Absatz ziehen dem Regime den finanziellen Boden unter den Füssen weg. Doch Lateinamerika hat mehr als Öl zu bieten. Begehrt sind z.B. seltene Erden und Metalle wie z.B. Lithium das aus den Salzseen der Anden gewonnen wird. Bei der Gewinnung wird viel Wasser verschwendet – im Gegenzug dazu können sich europäische Regierungen über scheinbar „klimafreundliche“ E-Autos freuen, für die das Lithium benötigt wird, die dann ihre CO2-Bilanz verschönern.  

Auch Biomasse zur Energiegewinnung wird großflächig in Lateinamerika angebaut. Die benötigten großen Landflächen sind entweder ohnehin schon im Besitz von Großgrundbesitzern oder Multis – oder diese sichern sich den Zugriff mit allen Mitteln. Die Rechte der indigenen Bevölkerung oder Urwälder sind dabei störend und werden nicht erst seit Bolsonaro beseitigt. Jener hat den brasilianischen Regenwald, eine der „Lungen der Erde“, zur schnelleren Abholzung freigegeben. Und der brasilianische Geheimdienst spricht sich gegen eine Amazonas Synode des Vatikans aus: aus „Sorge um wirtschaftliche Interessen“.

Die Folgen sind Dürre, Wassermangel und eben Exportabhängigkeit. Für die zunehmende Wasserknappheit in Brasilien z.B. ist zu bis zu 70% die immer intensivere Landwirtschaft verantwortlich (Mais, Soja und Viehzucht). 2015 verzeichnete das Land die bisher größte Wasserkrise von der Millionen Menschen betroffen waren. Die Verwaltung der Wasserreserven liegt seit der PT-Regierung bei Privat-Public-Partnership Unternehmen, die Profitorientiert arbeiten. Wartungsarbeiten werden aus Kostengründen gestrichen, die Leidtragenden sind die Millionen in den großen Städten.

Mangelnde Sorgfalt der großen Konzerne ist auch der Hintergrund des bereits zweiten Dammbruches eines Abraumbeckens einer Eisenerzmine, diesmal in Brumadinho Anfang des Jahres. Rund 50 ähnlicher Mienen gibt es im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais  und schon 2015 kam es zu einem ähnlichen „Unglück“ bei dem riesigen Mengen des mit Schwermetallen versetzten Schlamms austraten. Im Jänner 2019 starben unmittelbar 3-400 Menschen, die langfristigen Folgen für die Umwelt und damit die Menschen sind nicht absehbar. Verantwortlich ist das Bergbauunternehmen Vale, eines der drei weltweit größten Unternehmen in diesem Bereich mit einem Börsenwert von 77 Milliarden Dollar. Aber bei der Sicherheit vor Ort wird ebenso gespart wie bei der Unterstützung der Opfer…

Gut gemeint ist eben oft nicht gut

Die „linken“ Regierungen haben – im Gegensatz zu rechten Vorgängerregierungen – zumindest einen Teil der Einkommen aus dem Rohstoffboom in verschiedenste Sozialprogramme gesteckt. Doch sie haben an den Fundamenten der Wirtschaft nichts geändert. Die Förderung bzw. Produktion von Rohstoffen wurde privaten, profitorientierten Firmen überlassen. Oder staatlichen Firmen, die teilweise eher wie eine Mafia agieren, wie die Skandale um den staatlichen Erdölkonzern Petrobras aufgezeigt haben. Mit Ende des Rohstoffbooms versiegt die Quelle für die Sozialprogramme. Die Verträge mit Firmen, die die Umwelt ausbeuten und ihre Schäden bleiben aber zurück.

Nach Polen 2018 richtet im kommenden Dezember Chile das nächste COP 25 Treffen aus. Von internationalen Organisationen ist wenig zu erwarten. Doch auch in Lateinamerika gibt es Proteste gegen die Zerstörung der Umwelt. Diese sind eng verbunden mit den Bewegungen der indigenen Bevölkerung die gegen die Zerstörung ihres Lebensraums und für ihre Rechte kämpft verbunden. Sie sind Teil der sozialen Proteste der Menschen in den Städten, die für ihr Recht auf sauberes und ausreichendes Trinkwasser kämpfen und das auch Hand in Hand mit den Beschäftigten dieser (teil)privatisierten Unternehmen tun.

Die Folgen der „linken“ Regierungen zeigen, dass es mehr braucht um Mensch und Umwelt zu schützen und eine lebenswerte Zukunft ohne Armut und Ausbeutung zu sichern: die Übernahme der Wirtschaft durch die öffentliche Hand bei gleichzeitiger Verwaltung und Kontrolle durch die Beschäftigten, die Menschen vor Ort und auch Vertreter*innen von Umweltschutzorganisationen und Indigenas.