Wie Lehrlinge verarscht werden

Regierung im Dienste der Unternehmen:
Jan Rybak

Die Zahl der Jugendlichen, die nach Lehrstellen suchen, ist seit dem Jahr 2000 drastisch angestiegen. Österreichweit haben sich bis August dieses Jahres 10.916 Jugendliche als Lehrstellensuchende für sofort gemeldet. 5.283 Jugendliche werden in Schulungsmaßnahmen des AMS versteckt und 3.899 befinden sich in Lehrgängen nach „Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz” (JASG). Insgesamt sind somit zur Zeit 20.089 Jugendliche in ganz Österreich auf Lehrstellensuche. Denen gegenüber stehen 3.182 freie Lehrplätze. Ein Trend, der schon länger anhält: Die Zahl der Lehrlinge hat sich von 1990 bis 2004 um etwa 25.500 (= 40%) reduziert.

Regierung im Dienste von UnternehmerInnen

Seit längerer Zeit schon haben die Regierungen eigentlich nur ein Rezept gegen die Lehrstellenknappheit: Geld und Steuererleichterungen für Betriebe. Heute kann ein Betrieb bis zu EUR 4.800/Jahr für einen Lehrling bekommen, zusätzlich erspart er sich große Teile der Sozialversicherung. Weiters wurden die Arbeitsschutzbestimmungen für Lehrlinge verschlechtert. Seit dem Jahr 2000 „dürfen” Jugendliche im Gastgewerbe, also vor allem Lehrlinge, bis 23 Uhr arbeiten (statt wie zuvor nur bis 22 Uhr). Abgesehen davon, dass sich nun die Frage aufdrängt, was man/frau erst nach 22 Uhr lernen kann, werden dadurch Fachkräfte vom Arbeitsmarkt verdrängt, weil billigere Lehrlinge die Spätdienste übernehmen.
Weiters wurde die Probezeit für Lehrlinge von einem auf drei Monate verlängert. In dieser Zeit können Lehrlinge, die sich „nicht bewähren”, sofort entlassen werden. In drei Monaten geht sich eine Saisonüberbrückung schon aus, sprich: Lehrlinge werden als billige Hilfsarbeitskräfte und SaisonarbeiterInnen missbraucht.  
Zu einem Mehr an Lehrstellen hat das allerdings nicht geführt. Dazu kommt noch, dass viele Betriebe ihre Lehrlinge nicht übernehmen, sprich die Unternehmen kassieren Jahrelang für den Lehrling, beuten ihn/sie als billige Arbeitskraft aus, mit dem Effekt, dass der Lehrling am Ende seiner Lehrzeit arbeitslos ist.
Wenn Maßnahmen jahrelang offensichtlich nicht funktionieren, sollte man doch einmal die Frage stellen, ob es sich wirklich um die richtigen Maßnahmen handelt – oder geht es den PolitikerInnen nicht eher darum, für ihre FreundInnen in der Wirtschaft billigere Arbeitskräfte zu organisieren?

Vergleich mit Deutschland

Hartz IV, der größte Sozialraub in der Geschichte der BRD, führte zu massiven Verschlechterungen für junge Arbeitslose. So gibt es (da es in Deutschland auch Förderungen für Unternehmen gibt, die Lehrlinge ausbilden) zweijährige „Ausbildungen” zu Straßenkehrern und dreijährige „Fachpackerausbildungen”. Diese „Lehren” sind nur dazu gut, dass das Unternehmen Lehrlinge als billigste Arbeitskräfte hat, wirklich ausgebildet wird niemand.
Auch in Österreich gibt es Bestrebungen zur Durchsetzung solcher jugend- und arbeitslosenfeindlichen Maßnahmen. 2004 verwies damals noch FPÖ (heute BZÖ) Bleckmann auf ein von den Freiheitlichen erarbeitetes „5 Punkte Programm” in dem noch schärfere Sanktionen gegen Arbeitslose gefordert wurden. Generalsekretärin Bleckmann „verwies in diesem Zusammenhang auf die gehäuften Beschwerden von Unternehmern, dass viele Arbeitslose die Arbeitssuche nicht ernst nähmen: Arbeitssuchende kämen nur zu Einstellungsgesprächen um den Stempel für das AMS abzuholen.”
Der steirische BZÖ-Agrarsprecher Uwe Scheuch geht noch einen Schritt weiter zur Erniedrigung und Ausbeutung von Arbeitslosen: „Mit der innovativen Idee, günstiges Brennholz durch ungeschulte Arbeitslose zu produzieren, könnte es uns gelingen mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.”
Diese „innovative Idee” bedeutet nichts anderes als Zwangsarbeit für Arbeitslose! BZÖ und FPÖ beweisen wieder, dass sie nichts mit „dem kleinen Mann” zu tun haben, den sie behaupten zu vertreten – beides sind Unternehmerparteien äußerster Brutalität.
Forderungen der SLP
Für die SLP ist Ausbildung ein Recht, kein Almosen – dieses Recht wird in der kapitalistischen Logik immer wieder in Frage gestellt und muss verteidigt werden. Wir fordern:

  • Einen garantierten Ausbildungsplatz für jedeN JugendlicheN
  • Ausbildung raus aus Unternehmerhand
  • Überbetriebliche Lehrwerkstätten durch die Öffentliche Hand. Gute Ausbildung statt Wurstsemmel-Holen und Geschäft aufkehren!
  • Mehr Geld für Bildung und Ausbildung durch Ausbildungssteuer für Betriebe (2% der betrieblichen Wertschöpfung)
  • Eine Lehrlingsentschädigung, von der einE JugendlicheR auch leben kann
Erscheint in Zeitungsausgabe: