Wer nicht streikt, hat schon verloren!

Ob ÖBB, AUA, Post oder der Bildungssektor - überall stehen Sozialraub und Jobabbau auf der Tagesordnung. Als Begleitmusik zu diesen Angriffen bläst die Hetze der Medien den betroffenen KollegInnen ins Gesicht. Ganze Branchen werden als Privilegienritter d
John Evers, SLP Wien Nord

Weltweit das gleiche Bild: Die Konjunktur verschlechtert sich, ArbeitnehmerInnen sollen den Preis für die Wirtschaftskrise bezahlen. Dieser Kampf wird an verschiedenen Fronten geführt. Die Regierung zerschlägt staatliche Infrastruktur und soziale Netze. Die Unternehmer fordern Nulllohnrunden und die Aufhebung von Kollektivverträgen. "Experten" erklären warum Sozialraub notwendig ist. Und die Medien stellen aktive GewerkschafterInnen als blutrünstige Dinosaurier dar.

Die wahren Privilegienritter

AUA-Vorstand Sörensen erhält pro Arbeitstag (!) rund 5.000 €, während bei der Belegschaft gekürzt wird. Ex-Verkehrsministerin Forstinger (FPÖ) bekommt ähnlich hohe Summen: 18.000 € für eine einzige "Expertise" im Auftrag des ÖBB-Vorstands dessen Arbeitgeberin sie war. Finanzminister Grasser "irrte" sich bei der (Nicht)-Anzeige seines Aktiendepots um satte 175.000 €. Minister Gorbach will 12.000 Jobs bei der Bahn vernichten, während er sich schon auf seinen neuen Dienstwagen freut. Diese aktuellen Beispiele zeigen nicht nur die Arroganz der Herrschenden gegenüber ArbeiterInnen und Arbeitslosen.

Reiche werden reicher, die Armen ärmer

Stellvertretend stehen diese Privilegienritter für die Ungerechtigkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems. In Österreich gibt es zwar 60.000 €-Millionären, aber auch 880.000 Menschen die akut von Armut bedroht sind. Alleine von Grassers Aktienpaket könnte eine normale Pensionistin 22 Jahre leben. Trotz Krise gab es auch in der letzten Zeit kein Jahr, in dem die Unternehmergewinne nicht gewachsen wären. Kontinuierlich wurde die Kapitalseite zusätzlich steuerlich entlastet: Die Einnahmen aus Einkommens- und Körperschaftssteuern sanken in den letzten beiden Jahren um fast ein Viertel! Der Kapitalismus ist insgesamt ein System, das von wachsender Ungleichheit geprägt ist: Der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen macht heuer nur mehr knapp 60 Prozent aus. Geht es nach den Herrschenden, soll der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung weiter gesenkt werden.

Die Zeiten werden noch härter

Bei den laufenden Lohnrunden haben die Unternehmer von Beginn an Abschlüsse unter der Inflationsrate (= Reallohnverluste) als unumgänglich bezeichnet. Gleichzeitig wurde eine härtere Gangart bei den Arbeitszeiten und der Eingriff in bestehende Rechte gefordert. AUA-Chef Sörensen stieß noch weiter vor: Mit disziplinären Maßnahmen "bis hin zur Entlassung" drohte er KollegInnen, die für einen Konzern-Kollektivvertrag streik(t)en. Die Kampfansagen an die ArbeiterInnenbewegung häufen sich: "Wir wollen, dass der Vorstand die Geschäfte führt, nicht die Gewerkschaft" (Staatssekretär Kukacka, ÖVP). Bei den ÖBB müssten vor allem "die überbordenden und überzogenen Mitwirkungsrechte der Gewerkschaft" eingedämmt werden. Auf den Punkt gebracht: Jedes soziale und politische Recht, welches die Gewerkschaften in den letzten 100 Jahren erkämpft haben, soll fallen.

Heute wir, morgen ihr

Durch Kürzungen bei einer Berufsgruppe ist es noch nie einem anderen Beschäftigten besser gegangen. Im Gegenteil werden Löhne und Arbeitsbedingungen dadurch weiter verschlechtert. Umgekehrt bedeutet ein gewerkschaftlicher Erfolg in einem Bereich, einen Sieg für die gesamte Bewegung. Jene Branchen, die momentan im Brennpunkt der Angriffe stehen - AUA, ÖBB, Post und Bildungssektor - haben es in der Hand, die Entwicklung umzudrehen. Die ÖGB-Spitze hat bis jetzt völlig versagt, die Kämpfe zu vernetzen. Im AUA-Streik wurde außer Wortspenden keine aktive Unterstützung für die streikenden KollegInnen mobilisiert. Mit der ÖBB-"Reform" soll nun ein Herzstück der österreichischen Gewerkschaftsbewegung ausgeschaltet werden.

Kämpferische BetriebsrätInnen in der Offensive

Die überfraktionelle und unabhängige "Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften" wurde auf Initiative der SLP diesen Herbst ins Leben gerufen. Bei ihrer Gründungskonferenz waren rund 60 Betriebsräte sowie GewerkschaftsaktivistInnen aus verschiedenen Branchen und Fraktionen anwesend. Prominente Namen des gewerkschaftlichen Widerstands wie Robert Wurm (BRV Postbus) kamen ins Gespräch mit AUA-Betriebsrat Gugerell und Kollegin Nowikow von der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft (UBG), EisenbahnerInnen und "einfachen" Gewerkschaftsmitgliedern. Ziel der Plattform ist ein demokratischer ÖGB ohne Privilegien. Verknüpft damit ist der Kampf für eine neue Gewerkschaftspolitik, die das sozialpartnerschaftliche Erbe hinter sich lässt. Die Spaltung der ArbeitnehmerInnen in einzelne Berufsgruppen kann nur durch den gemeinsamen Widerstand überwunden werden. Um diesen Kampf langfristig zu organisieren, ist der Aufbau einer neuen breiten ArbeiterInnen-Partei nötig. Die Bewegung braucht überdies inhaltliche Alternativen. Die SLP bringt auch dazu klare Standpunkte ein: es ist unvermeidlich, die Überwindung des Kapitalismus als Ziel der ArbeiterInnenbewegung wieder zu verankern.

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