Was ist los in Honduras?

Pablo Hörtner nimmt Stellung zum Putsch im Juni 2009

28. Juni 2009: In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wird der Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, vom Militär gestürzt. Angeblicher Grund: Ein geplantes Referendum und ein Verfassungskonflikt. Tatsächlich hatte Zelaya - Liberaler, Großgrundbesitzer, Unternehmer und Banker - durch die enger gewordenen "ökonomischen Spielräume" zwei Möglichkeiten: Einen Aufstand riskieren oder dem Druck der Massen nachgeben und soziale Maßnahmen durchsetzen. Gewissen Teilen der herrschenden Eliten in Honduras - zu denen auch Zelayas "Liberale Partei" (PLH) zählt - gingen diese Reformen zu schnell. Zelayas Gegenspieler Roberto Micheletti ist ebenfalls Mitglied der PLH. Er wurde am Tag des Putsches im Parlament mit 124 von 128 Stimmen einstimmig zum neuen Präsidenten gewählt und genießt die Unterstützung des Obersten Gerichtshofes. Diese Fraktion der herrschenden Klasse in Honduras fürchtete eine ähnliche Entwicklung wie bei Chávez in Venezuela oder Morales in Bolivien. Prompt wurde das Schreckgespenst des Kommunismus an die Wand gemalt. In Wirklichkeit aber ist Zelaya kein Linker und seine Annäherung an Chávez und seinen Wirtschaftsbund ALBA ist mehr taktischer Natur denn Ausdruck eines bewussten Linksrucks.

Der Widerstand

Die Rolle der CIA und des Auslands beim Putsch ist unklar. Fest steht, dass die deutsche FDP Micheletti und die Rechte finanziell unterstützt hat, während sie zuvor noch Zelayas Wahlkampf mitfinanziert hatte. Fest steht aber auch, dass Obama als erster Präsident der USA einen Putsch in Lateinamerika öffentlich verurteilt und sich auf Seiten des gewählten Präsidenten gestellt hat. Es handelt sich hier aber nicht um eine Kehrtwende in der Lateinamerika-Politik der USA, sondern um einen Kniefall vor den massiven Protesten für die sofortige Rückkehr Zelayas: Streik der LehrerInnen; Besetzung von zentralen Straßen und Plätzen in 50 Städten; Straßenblockaden; bewaffnete LandarbeiterInnen und KleinbäuerInnen stellen sich dem Militär entgegen …
Auch der Ausschluss von Honduras aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sowie die diplomatischen Proteste, die Verurteilung des Militärputschs durch die Weltbank etc. sind nichts weiter als der Ausdruck der Angst vor weiteren Protesten und eines Übergreifens auf andere Länder. Der mutige Widerstand gegen den Putsch konzentriert sich nicht auf die Verteidigung eines bürgerlichen Politikers. Zelaya steht mittlerweile für mehr. Es geht gegen die Repression und für soziale und demokratische Rechte. "Militär und Polizei gehen immer wieder brutal gegen Protestierende vor und verhaften diese wahllos. Auf unbewaffnete Demonstranten eröffneten sie das Feuer und verletzten einige lebensgefährlich." berichtet Ted León, Aktivist des CWI in Costa Rica.
Israel Salinas, Generalsekretär des honduranischen Gewerkschaftsverbandes CUTH und führendes Mitglied der Nationalen Front gegen den Militärputsch beschreibt die Volksbewegung folgendermaßen: "Wenn der Militärputsch einen positiven Effekt hatte, dann ist das die Einigung der zahlreichen Organisationen der fortschrittlichen Bewegung. Gewerkschaften, Campesinoorganisationen, Frauengruppen und linke Parteien stehen nun zusammen wie nie zuvor in Honduras."

Bewegung ausweiten

Zelaya ist kein Präsident des Volkes. Während wir ihn verteidigen, müssen wir auch auf die Grenzen seiner Politik aufmerksam machen. Natürlich kann es geschehen, dass Zelaya durch die Proteste wieder ins Amt kommt und sich weiter nach links bewegt. Dennoch müssen wir bereits heute die Chancen für die Linke in ganz Lateinamerika nutzen und versuchen, die Solidaritätsbewegung auf eine neue Stufe zu heben. Das CWI steht in Verbindung mit der Sozialistischen Partei Zentralamerikas (PSOCA). Gemeinsam kämpfen wir für eine sozialistische Föderation in der Region. Wichtig sind jetzt unabhängige Aktionen der ArbeiterInnenklasse - v.a. die Durchführung des angekündigten Generalstreiks und der Aufbau von demokratischen Widerstandskomitees. Es braucht die Einberufung einer revolutionären Volksversammlung für eine neue Verfassung. Das wären erste Schritte am Weg zur Überwindung des Kapitalismus in Mittelamerika.

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