Mi 01.04.1998
Anfang Mai finden in der Gemeinde Wien auf verschiedenen Ebenen Gewerkschafts- und Personalvertretungswahlen statt. Nach wie vor ist die Verzahnung zwischen der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Rathaus und SPÖ eines der Hauptprobleme für linke, gewerkschaftliche Arbeit. Die Liste Konsequente Interessensvertretung (KIV) erhielt bei den letzten Wahlen 7.003 Stimmen und 12,6% und hofft auf Stimmengewinne vor allem in den Bereichen allgemeine Verwaltung, Spitäler und Soziales.
Die allmächtige SPÖ-Bürokratie drückt sich nicht zuletzt im FSG-Spitzenpolitiker Hundsdorfer aus. Er hat nicht weniger als acht Funktionen inne: Vom Vorsitzenden des Wiener Gemeinderates über den Geschäftsführenden-Vorsitzenden der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) bis zum Präsidenten des Wiener Handballverbandes. Thomas Kerschbaum, KIV-Personalvertreter berichtet über die Auswirkungen der FSG-Allmacht: „Viele KollegInnen haben Angst. Es ist für die KIV teilweise schwierig ,KandidatInnen zu finden. In der Hauptgruppe 1 hat sogar jemand seine Unterstützungserklärung für die Zulassung der KIV-Kandidatur wieder zurückgezogen. Die FSG unterstellt uns, daß wir gewerkschaftsfeindlich sind. Wir sagen, besser diese Gewerkschaft, als gar keine. Aber wir wollen mit der KIV zeigen, wie Gewerkschaftsarbeit auch aussehen könnte. Wir sind eine offene Gewerkschaftsgruppierung, jedeR Beschäftigte kann mitmachen und mitdiskutieren. Es gibt bei uns eine große Bandbreite und keine Diskriminierung von linken, sozialistischen Positionen. Dafür aber eine klare Abgrenzung gegenüber der AUF (Freiheitliche) und ihren Positionen. Ich bin übrigens nicht nur für die politische Bekämpfung, sondern auch für den Rauswurf der freiheitlichen Gewerkschaftsfeinde - anstatt des Kuschelkurses, den oft die ÖGB-Führung gegenüber den F-lern fährt.“ Der wichtigste Punkt für die Gewerkschaftsarbeit in der Gemeinde sind drohende Privatisierungen. Bereits jetzt durchkämmen Managementberatungsfirmen die Dienststelle. Die KIV lehnt Privatisierungen im großen und ganzen ab. „Die Frage ist, ob die KIV als Gesamtheit den Willen haben wird, dem auf jeder Ebene Widerstand entgegenzusetzen. Das bedeutet Zusammenarbeit mit anderen Gewerkschaftsbereichen, aber auch mit Gruppen, die sich außerhalb der Gemeinde gegen Sozialabbau und Privatisierung wehren. Letztlich geht es darum, ob KollegInnen in den Dienststellen - auch aus anderen Fraktionen - bereit sind, aktiv zu werden..“ Über seine tagtägliche Arbeit als linker KIV-Gewerkschafter meint Kerschbaum: „Ein Problem ist, daß im Bewußtsein oft Gewerkschaft bei der Gemeinde noch immer mit einer Art Nebenverwaltung gleichgesetzt wird.“ Seine persönlichen Schwerpunkte sieht T. Kerschbaum in der MigrantInnen- und der internationaler Gewerkschaftspolitik. Die streikenden Liverpooler Dockers unterstützten die KIV-KollegInnen mit Spenden in der Höhe von immerhin öS 10.000,-
Markus Moldaschl, 22, Krankenpflegeschüler AKH, SOV-Wien West kandidiert bei den GdG-Wahlen für die zentrale Hauptkonferenz auf der Liste der KIV. Im Vorwärts erklärt er seine Beweggründe:
Ich kandidiere weil in der Schule soviel schiefläuft. Es gibt Probleme mit Skripten, bei der Wohnheimordnung die etwas mittelalterlich anmutet. Wir haben im Rahmen unserer Ausbildung ein Praktikum zu absolvieren, allerdings gibt es zuwenige Praxisanleiter auf einigen Stationen. Außerdem sind diese völlig überarbeitet - darunter leiden letzlich wir. Es gibt zwar eine Aufnahmegarantie nach dem Abschluß - allerdings nicht am Ausbildungsort. Die SchülerInnenvertretung ändert daran ziemlich wenig - wahrscheinlich weil sie zu 100 Prozent FSG dominiert ist. Die KIV ist so strukturiert, daß ich mich mit meinen Positionen - auch als linker Sozialist - einbringen kann. Gemeinsam müssen wir versuchen eine kämpferische Gewerkschaftsopposition aufzubauen.