Von der Pandemie in die Krise

Wir stehen am Beginn der bisher schwersten Wirtschaftskrise unserer Lebzeiten.
Moritz Erkl

Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Einbruch der globalen Wirtschaft ist bereits jetzt  immens. Das müssen auch bürgerliche Ökonom*innen einsehen. So prognostiziert die Chefökonomin des IWF, Gita Gopinath, dass die Wirtschaftskrise „die schlimmste Rezession seit der Weltwirtschaftskrise 1929 und wesentlich schlimmer als die globale Finanzkrise von 2008 bis 2009" sein wird. So soll das weltweite BIP um 3%, jenes der Eurozone gar um 7,5% einbrechen. Am stärksten von Europas großen Volkswirtschaften betroffen sein wird Italien (9,1%), aber auch Österreichs BIP soll 2020 um bis zu 7% schrumpfen. Laut Clemens Fuest, Präsident des IFO Instituts, werden die Kosten „alles übersteigen, was aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte in Deutschland bekannt ist“.

Die Arbeitslosenzahlen steigen schneller an, als Gesundheitssysteme zusammenbrechen können. In den USA könnte die bisherige Rekordarbeitslosigkeit von 1933 (24,9%) durch die jetzige Wirtschaftskrise überschritten werden. Das statistische Amt der EU gibt an, für die Mitgliedsstaaten keine „seriösen“ Prognosen zur Arbeitslosigkeit liefern zu können – nur ein kleines Beispiel für die völlige Unfähigkeit der EU, in der Krise zu agieren. Die neoliberalen Dogmen, auf denen sie wirtschaftlich aufgebaut ist, brechen in sich zusammen. Die einzelnen Staaten setzen panisch auf nationale Alleingänge. In ihrer heutigen Form wird die EU diese Krise nicht überleben.

Auch Asien und Afrika bleiben nicht verschont. Im Gegenteil: Während in der EU teilweise ein Arzt auf 300 Patient*innen kommt, ist es in einigen afrikanischen Ländern bereits jetzt nur ein Arzt auf 70.000 Menschen. Besonders im von Armut geprägten globalen Süden wird der Einbruch der Wirtschaft besonders verheerende Wunden reißen. Die in die Krise geratenen Wirtschaftsmächte werden die neokolonialen Länder noch brutaler auspressen, um ihre eigenen Profite zu retten. Die Ankündigung der Weltbank, 160 Milliarden Dollar gegen die Krise einzusetzen, ist nichts als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Alleine das BIP der ärmsten Länder der Erde beträgt zusammengenommen 2 Billionen Dollar.

Den Herrschenden geht es nun vor allem um eine Balance zwischen Kürzungen und politischer Stabilität. Während Superreiche wie der Amazon-Chef Bezos Milliardengewinne einfahren, wird bereits jetzt über zukünftige Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich nachgedacht. Auf der anderen Seite wird versucht, Schadensbegrenzung zu betreiben - aus Angst vor einer Politisierung derer, die für die Krise bezahlen sollen. Nicht umsonst empfiehlt das IFO die „Sicherung des Vertrauens“ als wichtigstes Ziel zur Vermeidung einer „systemischen Wirtschaftskrise“. Gleichzeitig wurden während der Lockdowns grundlegende demokratische und soziale Rechte außer Kraft gesetzt – Rechte, die den Herrschenden auch beim Abwälzen der Krisenkosten auf unsere Rücken nur im Wege stehen würden. Die autoritären Züge der etablierten Politik werden massiv verschärft werden. Kaschiert wird dies mit zunehmendem Wirtschafts-Nationalismus a la „America First“ oder „Urlaub in Österreich“.

Das Gleichgewicht zwischen Kürzungspolitik und politischer Stabilität versucht auch die österreichische Regierung zu wahren. Doch angesichts der bereits jetzt höchsten Arbeitslosigkeit seit 1945 ist auch in Österreich jede politische Stabilität brüchig. Auf das wirtschaftliche werden politische Erdbeben folgen.

 

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