Strom: Wege aus der Preisfalle

Stromproduzenten gehören in öffentliches Eigentum
Philipp Lührs, CWI-Deutschland

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) empfahl den Stromverbrauchern angesichts der jüngsten Preiserhöhungen: „Man kann den Anbieter auch wechseln.“ Doch der Vorschlag ist eine ziemlich hohle Nuss. Denn die verschiedenen „Anbieter“, (zum Beispiel Stadtwerke), liefern kaum mehr als die Stromrechnung. Schließlich müssen sie alle den Strom aus den Kraftwerken der vier mächtigen Konzerne kaufen, die bereits 80 Prozent der Stromerzeugung beherrschen und durch die Netze eben dieser Konzerne beziehen.

An der europäischen Strombörse (eex) sind zwar über 150 „Marktteilnehmer“ registriert, aber nur acht davon produzieren tatsächlich Strom. Die Macht über die Strompreise liegt also in den Händen dieser acht Unternehmen. Vor allem der großen Vier: RWE, EnBW, Vattenfall und E.on. Somit ist der Vorschlag von Minister Gabriel nichts anderes, als würde man einem Pestkranken anbieten, kostenfrei zur Lepra zu wechseln.

Stromversorgung nach dem Plan der Aktionäre?

Die deutschen Staatskonzerne VEBA und VIAG wurden an der Börse verscherbelt. Und da „Privatwirtschaft“ hier keineswegs den viel gepriesenen Wettbewerb bedeutete, sondern Monopolbildung, fusionierten die beiden nach der Privatisierung zur E.on AG – dem „Heimatverein“ des ehemaligen Wirtschaftsministers Werner Müller –, um aus ihrer gemeinsamen „Marktmacht“ eine Monopolmacht zu schaffen.

Oder nach dem Plan des Staates?

Vattenfall gehört dagegen zu hundert Prozent dem schwedischen Staat. Und so kommt ein großer Teil der über zwei Milliarden Euro Jahresgewinn der deutschen Tochter Vattenfall Europe nicht Kapitalanlegern, sondern dem schwedischen Staatshaushalt zu Gute.

Doch das Beispiel Vattenfall zeigt auch: Staatseigentum alleine ist keine Lösung. Der Staatskonzern Vattenfall agiert wie alle anderen Stromkonzerne als Preistreiber und ist unter anderem Betreiber der Pannen-Reaktoren Krümmel und Brunsbüttel.

So lange der Zweck eines „Energieversorgers“ nicht die Versorgung von Bevölkerung und Betrieben mit Energie ist, sondern die Erzielung von Gewinn, bleibt die Planung von Produktion und Verteilung notwendiger Güter ausschließlich an betriebswirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet. Die wirtschaftlichen Schäden durch einen hohen Strompreis, die sozialen Folgen und nicht zuletzt die Folgen für die Gesundheit von Menschen und Umwelt können darin nicht berücksichtigt werden.

Nach dem Plan der Bevölkerung!

Deshalb ist es notwendig, nicht nur die kapitalistischen Spieler zu disqualifizieren, sondern die Regeln zu ändern! Denn eine demokratische Wirtschaftsplanung durch die Betroffenen – die Beschäftigten und Kunden – könnte alle Kriterien einbeziehen, auf die es bei der Stromversorgung ankommt: Saubere und sichere Produktion des Stroms und leistungsfähige Netze, die nicht beim ersten Schneesturm zusammenbrechen, weil zur Profitmaximierung mal wieder die billigsten Masten verwendet wurden. Stromzugang für jeden, ohne dass der Oma, die ihre Rechnung nicht bezahlen kann, der Strom abgeschaltet wird. Denn wenn etwas abgeschaltet werden muss, dann sicher nicht Omas Heizdecke.

Die Schläfer sind unter uns

Während Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Bevölkerung vor Terroristen mit „schmutzigen Bomben“ warnt, die bislang nur in seiner (schmutzigen) Fantasie existieren, sind die tatsächlichen Schläfer längst bekannt: Sie heißen Krümmel, Biblis oder Brokdorf.

Wie wir erlebt haben, gilt es im Kapitalismus als überflüssiger Schnickschnack, in Kernkraftwerken wie Krümmel jemanden einzustellen, der sich mit einem Trafo auskennt. Denn beim Thema Sicherheit gilt für Konzerne die Devise: „learning by doing“. Wenn eines Tages statt der Stromrechnung das Kraftwerk ins Haus fliegt, kann man ja „den Anbieter wechseln“.

Forderungen der SAV (Schwesterorganisation der SLP in Deutschland)

  • Schluss mit Preistreiberei und umweltschädlicher Stromproduktion
  • Alle am Energie- und Atomgeschäft beteiligten Konzerne müssen in öffentliches Eigentum überführt werden. Entschädigung nur bei erwiesener Bedürftigkeit und unter Anrechnung aller Subventionen, sowie der durch die betreffenden Konzerne angerichteten Umweltschäden
  • Demokratische Kontrolle und Verwaltung durch Belegschaftskomitees, Vetreter der arbeitenden Bevölkerung und von Umweltschutz- und Verbraucherverbänden
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