SPÖ-Krise: Kein Ende in Sicht

Ein Wechsel der Köpfe an der Spitze wird nichts ändern, da die Ursache tiefer liegt.
Sonja Grusch

Mit Rendi-Wagner soll die erste Frau an der SPÖ-Spitze helfen, die Dauerkrise zu beenden. Was nicht gelingen wird, da die Ursache nicht an „unfähigen“ Vorsitzenden liegt. Die Vorliebe für Toskana, teure Weine, Golfen oder Slim fit Anzüge sind mehr als persönliche Marotten – sie sind Ausdruck für die grundlegende Veränderung der SPÖ. Rendi-Wagner setzt diese Linie nahtlos fort.

Angetreten vor rund 130 Jahren als Partei der ArbeiterInnen und um den Kapitalismus zu überwinden, ist davon heute nichts übrig. Die Sozialdemokratie verbürgerlichte und sieht es als ihre Aufgabe, die Rahmenbedingungen für den Kapitalismus so zu gestalten, dass er optimal floriert und auch für die ArbeiterInnen etwas abfällt. Das Problem dabei: Der Partei ist damit die Basis abhanden gekommen. Immer weniger Menschen aus der ArbeiterInnenklasse (egal ob Krankenpfleger, Kassierin, Bürokraft, IndustriearbeiterIn oder deren Angehörige) sehen die SPÖ als „meine Partei“. Auch die (v.a. ausländische) Großindustrie, die die SPÖ so lange hofierte, dankt es ihr nicht. Sozialdemokratische Kanzler hatten für sie den sprichwörtlichen roten Teppich ausgerollt in Form von Steuererlässen und sonstiger Unterstützung – doch nun setzt man eher auf die Kurzsche ÖVP, die aggressiver und schneller die Rahmenbedingung an die Kapitalnotwendigkeiten anpasst (Stichwort: 12-Stunden-Tag). Es bleibt also eine Partei ohne soziale Basis, ohne eigenständiges Programm – und mit vielen Problemen.

 

Sündenfall über Sündenfall

Die Politik von schwarz-blau ist grauslich. Doch vergessen wir nicht all die Kürzungsmaßnahmen, die von SozialdemokratInnen durchgeführt wurden. Die Privatisierung und Zerschlagung der Verstaatlichten sowie der massive Stellenabbau wurden unter SPÖ-Kanzlern durchgeführt. In den 1990er Jahren folgte ein Kürzungspaket dem anderen. Auch in der Opposition stimmte die SPÖ den diversen rassistischen Verschlechterungen im Fremdenrecht von schwarz-blau zu. Von deren sonstigen Maßnahmen machte sie übrigens kaum etwas rückgängig, als sie die Möglichkeit dazu hatte. Die Ausrede des Koalitionspartners gilt nicht. Denn Gemeindewohnungen werden auch im nach wie vor weitgehend von der SPÖ regierten Wien keine gebaut (außer einer Propaganda Handvoll) und die Mieten damit dem privaten (=teuren) Markt überlassen.

 

Die SPÖ zurückgewinnen?

Rendi-Wagner steht nicht für einen Kurswechsel. Sie ist die weibliche Version von Kern. Gesellschaftspolitisch gibt man sich fortschrittlich, wirtschaftlichen steht man letztlich fest auf dem Boden des Neoliberalismus. Eine Linke ist sie nicht. Es ist zu befürchten, dass ihr die Linken in der SPÖ wieder einmal Vorschuss-Vertrauen geben werden. Ernsthafte linke SozialdemokratInnen müssten die Vorsitz-Debatte nutzen und mit einer eigenen Kandidatur auf Basis eines sozialistischen und kämpferischen Programms austesten, wie viele Linke es in der SPÖ noch gibt – und versuchen, sie zu sammeln. Stattdessen machen sich SJ & Co einmal mehr zum linken Feigenblatt der bürgerlich-kapitalistischen Politik und behindern so einmal mehr den Aufbau einer so dringend nötigen neuen ArbeiterInnenpartei!

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