SPÖ-Bürgermeister klagt Antifaschisten

John Evers

„Heftige Proteste gegen eine einen mittellosen Studenten treffende öS 480.000,- Klage, die der Welser Bürgermeister Karl Bregartner (SPÖ) wegen des Vorwurfs des Rechtsextremismus eingebracht hat, gab es am Mittwoch in Wien. Sowohl bei einer Kundgebung vor der SPÖ Zentrale als auch in einer Pressekonferenz wurde Bregartners Vorgehen verurteilt ... Breier hat die Unterstützung von SP-Jugendorganisationen, den Grünen und vielen Einzelpersonen.“ (Wiener Zeitung, 15-04-1999). Die Fakten: Der SPÖ-Bürgermeister Bregartner - seit Jahren bekannt durch sein unsauberes Verhältnis zum rechten Rand - klagt einen Antifaschisten. Die Frage: Warum schweigen Klima, Fischer und die restliche SPÖ-Spitze dazu?
Hintergrund für diese Turbulenzen in der SPÖ ist die sogenannte „Braune Flecken“-Diskussion. In dieser hat der Welser Bürgermeister Karl Bregartner immer wieder verschiedene NS-Symbole in seiner Stadt sowie geschäftliche und persönliche Beziehungen zum Rechtsextremismus verteidigt. Bregartner stand für seine Haltung bereits vor einem Parteiaussch(l)uß. Eine eigene Untersuchungskommission - zuletzt unter Nationalratspräsident Fischer - wurde gebildet.
Erst unter dem Druck des Bundesparteivorstandes lenkte Bregartner 1996 ein, sorgte aber weiter für Schlagzeilen. Im Februar 1997 wurden seine regelmäßigen Treffen mit dem Unternehmer Robert Wimmer bekannt. Wimmer führte in der Vergangenheit Veranstaltungen mit dem Holocaust-Leugner David Irving und dem Neonazi Gerd Honsik durch. Die wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Rechtsextremisten Ludwig Reinthaler hielt Bregartner in seiner Funktion als Welser Messepräsident weiter aufrecht: Reinthaler mietet das Welser Messegelände für seine „Erlebnisflohmärkte“, mit denen seine rechtsextremen Aktivitäten finanziert werden.
Ebenso vergab die Stadt Wels weiter hohe Subventionen für den rechtsextremen „Österreichischen Turnerbund“.

Schauprozeß

Breiers Anwalt, Dr. Andreas Löw, findet es „bemerkenswert“, daß in Bregartners Klage gegen Breier der Streitwert mit öS 480.000,- das Doppelte der gesetzlichen Obergrenze beträgt. Es ging wohl darum, „die Kosten in die Höhe zu treiben, damit meinem Mandanten die Luft ausgeht“, meint Dr. Löw. Politisch ist die Strategie Bregartners, Antifaschismus mit einer Knebelklage mundtot zu machen, bereits voll in die Hose gegangen. Täglich wächst die Liste jener, die mit uns die Rücknahme der Klage und den Rücktritt Bregartners fordern. Der ehemalige Vorsitzende des „Bundes sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus“, Hugo Pepper brachte es bei der Pressekonferenz der SOV am 15. April. auf den Punkt: Bürgermeister Bregartner könne der Partei jetzt nur noch einen Dienst erweisen - nämlich endlich „den Hut zu nehmen“. Auch die überparteiliche „Initiative Welser gegen Faschismus“ (IWGF) erklärt sich mit Breier im Kampf gegen die Klage solidarisch. Selbst die Welser SPÖ geht unter dem ehemaligen Bürgermeistersekretär Wimmer vorsichtig auf Distanz zu Bregartners bisherigem Kurs. Sie kündigt in Zeitungsinseraten den bisher bestehenden  „Konsens“ mit dem Rechtsextremisten Reinthaler auf und will die Verträge mit ihm prüfen.

Eine Stadt in Geiselhaft

Der Druck, der auf antifaschistischen Kräften hierbei lastet, ist gewaltig: Weder die Welser Grünen noch die Welser KPÖ haben - im Gegensatz zu ihren Bundesorganisationen - bis jetzt gewagt, die Kampagne gegen die Klage offen zu unterstützen. Der Student Franz Breier selbst wurde mit Hausverbot im städtischen Kultur- und Jugendzentrum belegt.
Der Redaktion liegen Dokumente vor, in denen sich Welser Angehörige von SOV-Mitgliedern und AntifaschistInnen vor „Sippenhaftung“ fürchten. Ein Lichtblick ist die Initiative „Welser Jugendplattform gegen die Klage“: Linke Jugendliche aus Wels werden hier mit der SOV in öffentlichen Aktionen die Welser Bevölkerung über die Klage informieren. Ein Skandal ist die Reaktion der SPÖ-Bundesspitze. Die Vertreterin der SPÖ Bundesgeschäftsführung gab selbst bei der Übernahme der Protestresolution und der Liste der UnterstützerInnen „keine Stellungnahme“ ab. Die Solidarität mit  Bregartners Aktionen ist hier offensichtlich größer als jene mit dem mittellosen Antifaschisten Franz Breier jun.

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