Rußland

Sonia Fertinger

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde der russischen Bevölkerung viel versprochen. Tatsache ist, daß die Wiedereinführung des Kapitalismus vor allem eines gebracht hat: Eine kleine Schicht Superreicher (oft gewendete Bürokraten) und enorme soziale Verschlechterungen für die Masse der Bevölkerung.
Seit 1989 haben die ehemaligen sowjetischen Staaten mit den Problemen der Marktwirtschaft zu kämpfen. Die Wirtschaftsleistung der gesamten GUS fiel drastisch ab. So war diese 1989 noch um 50 % höher als heute, das BNP fiel um 6 %, die Produktion um 5 %. In weiten Teilen der GUS führte die Einführung des Kapitalismus zum Zusammenbruch ganzer Industrien und großer Teile der Landwirtschaft. Die rasch fortschreitende Privatisierung (rund 70 % aller Betriebe) schafft eine kleine Schicht Superreicher und eine enorme Konzentration an Macht und Reichtum in Besitz einiger weniger Privatpersonen oder Banken (nur 7 Banken kontrollieren nahezu 50 % der gesamten russischen Wirtschaft).
Im Gegensatz dazu kämpfen große Teile der Bevölkerung nun wieder mit wachsender Armut und Arbeitslosigkeit, sinkender Lebenserwartung und Problemen bei der Altersvorsorge! Die russische Regierung schuldet den ArbeiterInnen mehrere Monatslöhne im Wert von insgesamt 15 Milliarden Dollar.

Rasche Ernüchterung

Die Begeisterung der GUS- Bevölkerung über die kapitalistische Politik bleibt aus. Der Großteil der ArbeiterInnen zeigt sich mittlerweile äußerst verbittert gegenüber einer Regierung, die viel verspricht, davon allerdings nichts hält. Auch der „Westen“ hat nur 20% der versprochenen Investitionen tatsächlich getätigt. Aus diesem Grund gibt es immer häufiger große Proteste. Im März streikten z.B. über 5 Millionen russische ArbeiterInnen wegen ausstehender Löhne. Die Anzahl der Streiktage war schon seit Jahrzehnten nicht mehr so groß, im Gegensatz zu 1996 stiegen sie um 63%.

„Linke“ Parteien

Einige der Protestaktionen werden von „kommunistischen“ und „sozialistischen“ Parteien der einzelnen Gus-Staaten geführt. Aber diese sind keine wirkliche linke Alternative - im Gegenteil. Die russische KP rutschte unter Sjuganov immer weiter nach rechts ab und hat einen extrem nationalistischen Kurs. So hat sie zum Beispiel für den letzten Haushaltsplan der Regierung gestimmt, der massive Angriffe auf den Großteil der Bevölkerung enthält. Ihre Inkonsequenz bewies sie weiters durch den Rückzug des Mißtrauensantrags gegen Jelzin Ende Oktober. Doch auch andere „sozialistische“ Parteien befinden sich auf dem Boden der Marktwirtschaft. Gerade deshalb bedarf es hier, mehr denn je, einer neuen, wirklichen ArbeiterInnenpartei, die kompromißlos für die Forderungen der ArbeitnehmerInnen, Jugendlichen und Arbeitslosen eintritt!

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: