Regierung und Lehrlinge: Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Eine Untersuchung des AMS hat ergeben, dass Jugendliche mit einem Lehrabschluss bessere Jobchancen haben, also solche ohne. Ein Ergebnis, dass eigentlich nicht sehr verwundert. Dann folgt noch der Vorstoß der jungen ÖVP, dass Lehrlinge ein Mindest-Lehrlingsentschädigung von 400.- Euro/Monat ab dem ersten Lehrjahr erhalten sollen. So weit, so gut.

Subventionen für Unternehmen statt Förderung der Lehrlinge

Das Regierungsübereinkommen geht allerdings in eine ganz andere Richtung. Das – bisher wenig wirksame Modell, Unternehmen zu subventionieren, die Lehrlinge anstellen („Blum-Bonus“) soll verlängert werden. Den Blum-Bonus gibt es seit September 2005. Unternehmen, die zusätzliche Lehrlinge einstellen erhalten dabei pro Lehrling und Monat im ersten Jahr 400 Euro, im zweiten Jahr 200 Euro und im dritten Jahr 100 Euro also insgesamt 8.400 Euro pro Lehrling. Die ÖGJ zeigt aber auch auf, dass der Blum-Bonus v.a. zur Subventionierung von Unternehmen dient: Mit Stichtag Ende Mai 2006 gab es zwar im Jahresvergleich 3.743 zusätzliche Lehrplätze, die Blum-Förderung wurde aber für 11.422 Lehrstellen ausgeschüttet. Der Blum-Bonus ist aber nicht die einzige Förderung, die Unternehmen erhalten: sie ersparen sich große Teile der Sozialversicherung für Lehrlinge (die übernimmt der Staat) und erhalten außerdem 1000.- Euro pro Jahr und Lehrling „als Ersatz für die Lohnkosten während der Berufsschulzeit“.

JASG statt Lehrstellen

Der Blum-Bonus ist gestaffelt – am meisten erhält ein Unternehmen im ersten Lehrjahr. Die neue Regierung will nun die „wechselseitige Kündigungsmöglichkeit am Ende des ersten und zweiten Lehrjahres“ schaffen. Klar, dass dann viele Unternehmen die Lehrlinge gerade dann kündigen werden, wenn sich die Förderung halbiert – nämlich nach dem ersten Lehrjahr. Aber dafür hat die Regierung auch vorgesorgt, denn dann soll es eine „Aufnahmegarantie für den Lehrling in die Erstausbildungsangebote“ geben. Sprich: aus der Lehre direkt in die JASG-Maßnahme.

Wir sind für überbetriebliche Lehrwerkstätten da die Erfahrung zeigt, dass Lehrlinge oft als billige Hilfskräfte missbraucht werden, anstatt sie ordentlich auszubilden. Die Ausbildung kann in einer Lehrwerkstätte weit besser sein. Aber: Warum zuerst Unternehmen fördern, damit sie dann die Lehrlinge nach einem Jahr kündigen und die Lehrlinge dann in öffentliche Maßnahmen, JASG bzw. Lehrwerkstätten, wechseln müssen, die von der öffentlichen Hand bezahlt werden? Warum nicht gleich Untenehmen, die nicht ausbilden, zur Kasse bitten? Warum nicht die Förderung von jenen, die nicht ordentlich ausbilden bzw. Lehrlinge vorzeitig kündigen, zurückfordern? Warum nicht gleich ordentliche überbetriebliche Lehrwerkstätten auf- und ausbauen?

150.- statt 400.- Euro

Die Lehrlingsentschädigung, die die Unternehmen dank großzügiger Förderungen ohnehin nur mehr zu einem geringen Teil selbst zahlen müssen, reicht zum Überleben nicht aus. Die junge ÖVP fordert nun ein kollektivvertragliche Mindeslehrlingsentschädigung von 400.- im ersten Lehrjahr. Das wäre in manchen Bereichen eine Verbesserung. Nur – Lehrlinge in JASG-Maßnahmen erhalten nur ca. 150.- im ersten Lehrjahr. Und wieder stellt sich die Frage, warum Unternehmen subventionieren, statt gleich ordentliche Ausbildung durch die öffentliche Hand plus ordentlicher Bezahlung für Lehrlinge?

Weil es eben v.a. darum geht, dass es "der Wirtschaft gut geht" - die Lehrlinge sind dafür bestenfalls "Mittel zum Zweck".