Rebellion ja, aber im Kollektiv

Anna Hiermann

Wie sieht momentan das geläufige Schönheitsideal der Frau aus? Jung, gesund und schlank soll sie sein. Außerdem soll sie doch bitte schön keine Haare unter den Achseln oder auf den Beinen, Pickel oder sonstige „Problemzonen“ haben. In der Popkultur und den geläufigen Medien sind vor allem Frauen sichtbar, die diesem Ideal entsprechen. Jene, die nicht in dieses Schema passen, bleiben eher unsichtbar. Vor allem auf junge Mädchen, aber ebenso erwachsene Frauen, herrscht ein enormer Druck, diesem Ideal zu entsprechen, ansonsten fürchten sie, sie gelten als „unfickbar“ und seien somit nichts wert. Woher kommt jedoch dieser Druck?

Die Schönheitsindustrie ist milliardenschwer. Mit allen möglichen nützlichen und unnützen Produkten lässt sich sehr viel Geld verdienen. Schon in Mädchenzeitschriften wird Werbung für diverse Kosmetik gemacht. Schließlich sind diese jungen Frauen von heute für die Kapitalist*innen die „Konsumopfer“ von morgen. Durch sie kann wesentlich mehr Profit erwirtschaftet werden als durch rebellische Frauen. Apropos Rebellion. Der Kapitalismus braucht gewisse Rollenbilder und Schönheitsideale, um Frauen klein zu halten. Das System ist aber auch flexibel und entdeckt Nischen und andere Entwicklungen, wo „normale Frauen“ gezeigt werden, als profitable Märkte.

Bei beiden geht es auch darum, eine Rebellion von den Frauen zu verhindern und die Räder können sich weiter drehen wie bisher. Wie ist es mit Bewegungen, wie „Body Positivity“ oder „Body Neutrality“? Sind sie eine Alternative? Diese suggerieren, man müsse nur seinen eigenen Körper lieben und könne sich so dem gesellschaftlichen Druck entziehen. Unrasierte Beine beispielsweise sind vollkommen in Ordnung, jedoch bleibt auch bei diesem Trend der Fokus auf dem Individuum. Du kannst dich dem Druck der Schönheitsideale nicht entziehen, selbst schuld. Durch individuellen Widerstand lässt sich der Schönheitswahn nicht beseitigen. Auch nicht, wenn „viele“ neue „Standards“ für Schönheit aufstellen. Stattdessen sollten wir uns damit beschäftigen, wie Frauen selbstbestimmt leben können und wie wir z.B. bei den Protesten im Bildungswesen, im Sozialbereich, bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller*innen etc. für unsere Interessen kämpfen können.

 

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