Ratlose Roboterstimmen

Wenn der Staat mit Steuergeldern der Wirtschaft im internationalen Wettbewerb unter die Arme greift.
Manuel Schwaiger und Christian Bunke

Im Jänner kündigte die Regierung ihre Digitalisierungsoffensive an. Offiziell sollen Behördengänge unkomplizierter werden, indem deren Durchführung übers Internet möglich wird. Das ist natürlich an sich nichts schlechtes, doch es geht um weit mehr.

Es geht um internationale Konkurrenz zwischen Weltmächten. China ist dabei, den Westen in diesem Bereich zu überholen. So wurden im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) in China im Vorjahr mehr als doppelt so viele Patente angemeldet als in den USA. Trumps Handelskrieg ist auch eine Reaktion auf den sich entwickelnden chinesischen Vorsprung. Europa hat hier einen Investitionsrückstand. Der Staat puscht nun die heimische Wirtschaft im Zuge einer zentralen Strategie. Mit der Digitalisierungsoffensive sollen österreichische Unternehmen international „wettbewerbsfähig“ gemacht bzw. gehalten werden. Auf unsere Kosten wohlgemerkt – die Profite bleiben natürlich privat.

Tatsächlich sind wir revolutionären Sozialist*innen für digitale Technologien wie KI. Doch die Frage ist: In wessen Interesse werden diese Technologien angewendet? Werden sie eingesetzt, um Vorteile, wie bessere Planbarkeit der Produktion für alle Menschen verfügbar zu machen, oder sollen auf Kosten von Arbeitsplätzen die Profite einiger Großunternehmen maximiert werden? Nur demokratischer Sozialismus, ein System, in dem sich die Konzerne in öffentlichem Eigentum und Arbeiter*innenverwaltung befinden, kann langfristig garantieren, dass neue Technologien im Interesse der Mehrheit eingesetzt werden.

Ob Behördengänge durch die Digitalsierungsoffensive einfacher werden, hängt von der Umsetzung ab. Werden wir künftig noch länger in Telefonschleifen mit ratlosen Roboterstimmen hängen? Sollte die Reform mit Stellenabbau im öffentlichen Dienst einhergehen, weil wir die Arbeit umsonst zuhause am Computer erledigen, werden nicht nur Viele mit Arbeitslosigkeit bedroht – so würden die Kosten für die Digitalisierung letztendlich uns umgehängt und der Aufwand bei Behördengängen sogar erhöht.

Wer nützt Technologie für welchen Zweck

Die chilenische Linksregierung von Salvador Allende plante 1971 ein Fernschreibernetzwerk, mit dem Fabriken im Rahmen einer Wirtschaftsplanung ihre Produktion koordinieren sollten. Ein Beispiel für den positiven Beitrag, den Technologien im Sozialismus leisten können. Sehr detaillierte Planung ist bereits heute möglich. Allerdings muss die Kontrolle darüber dem Privateigentum entrissen werden.

Weil die großen Technologiekonzerne aufgrund des Drucks, Profite für die Eigentümer*innen zu erwirtschaften, zunehmend schlampig arbeiten, kommt es immer öfter zu Fehlschlägen. Beispiel Microsoft: Seit Monaten ist kein Update für das Windows 10 Betriebssystem mehr erschienen, welches nicht mit gravierenden Fehlern behaftet war, wodurch weltweit hunderttausende Rechner lahmgelegt wurden.

Auf einer Onlineplattform (www.oesterreich.gv.at) sollen verschiedene Behördengänge digital ermöglicht werden. Doch Vorsicht, die Regierung möchte im öffentlichen Dienst einsparen. In England hatte eine mit Digitalisierung kombinierte Einsparung drastische Folgen. Dort kann man nicht mehr ohne Smartphone-App mit Ämtern kommunizieren. Vor allem arme und ältere Menschen bleiben auf der Strecke.

Großes Entsetzen herrscht unter europäischen und amerikanischen Regierungen, weil der chinesische Huawei-Konzern mit neuen, innovativen Technologien auf den Markt drängt. Nun wird hart daran gearbeitet, Huawei „draußen“ zu halten. „Digitalisierungsoffensiven“, wie etwa derzeit von der Wirtschaftskammer geplant, sollen verlorengegangenen Boden wettmachen. Hier wird es zunehmend Konflikte geben.

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