Kapitalismus & Patriarchat:

Kombinierte Unterdrückung
Laura Rafetseder

Am 7. und 8. Juli 2000 fand in Sopron ein Seminar des SLP-FrauenStammtisches statt. Themenschwerpunkte waren unter anderem ein historischer Rückblick auf drei wichtige Sozialistinnen (Clara Zetkin, Rosa Luxemburg und Alexandra Kollontai), die Beschäftigung mit Strömungen des Feminismus und seinen Errungenschaften, die Debatte um Hausarbeit und Lohnarbeit sowie Themen wie weibliche Sexualität, Familie und Gewalt gegen Frauen.
Um die theoretische Auseinandersetzung in die praktische Arbeit einfließen zu lassen, stand zum Abschluss eine Diskussion um die Rolle von Männern und Frauen in politischen Organisationen auf dem Programm. Damit wurde ein Bogen von der Geschichte der Frauenbewegung (insbesondere im Verhältnis zur ArbeiterInnenbewegung) über die Verankerung patriarchaler Mechanismen im Kapitalismus bis zur praktischen Umsetzung unserer Forderungen gespannt.
Das Wochenende in Sopron war für uns u.a. ein Versuch, das Bewusstsein für die Notwendigkeit frauenspezifischer Arbeit innerhalb unserer Partei verstärkt zu verankern. In dieser Auseinandersetzung stellt sich vor allem die Frage, welchen Stellenwert die sogenannte "Frauenfrage" für uns als SozialistInnen einnimmt. Wie sich auch in der Diskussion um Gewalt gegen Frauen gezeigt hat, gibt es nämlich einerseits Machtmechanismen, die unabhängig von der ökonomischen Abhängigkeit vom Mann wirksam sind. So sind z.B. auch die Opfer von Gewalt in der Familie quer durch alle gesellschaftlichen Schichten zu finden.
Andererseits ist für uns klar, dass eine Überwindung der männlichen Vorherr-schaft unter kapitalistischen Bedingun-gen nicht möglich ist. Das kapitalistische System baut auf der Unterdrückung und Ausbeutung der Frau auf und ist ohne die unbezahlte Reproduktionsarbeit, die von Frauen "aus Liebe" und nicht für Geld verrichtet wird, nicht denkbar. Verfestigt werden diese Strukturen durch die Institution der Familie, von der nicht nur Staat und „Gesellschaft“, sondern jeder einzelne Mann, der nicht selbst sein Essen kochen, seine Wäsche waschen usw. muss, profitiert. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass es die Frauen sind, die Beruf und Familie vereinbaren müssen und dementsprechend der Doppelbelastung durch Hausarbeit und Erwerbsarbeit ausgesetzt sind.
Wie sehr Kapitalismus und Patriarchat von der Ausbeutung der Frauen profitieren, zeigt sich unter anderem auch an Fragen wie Prostitution oder Sexismus in der Werbung. Das Verhältnis von antikapitalistischem und frauenspezifischem Kampf und die Rolle von Männern für die Frauenbefreiung stellen sich als entscheidende Fragen.
Das Seminar wurde von allen als sehr erfolgreich bilanziert. Konkreter Ausfluss der Diskussionen war so u.a. die Zielset-zung, den Anteil an Frauen in führenden Gremien der SLP zu erhöhen. Für uns ist klar, dass die Debatten viele Fragen offengelassen sowie viele Fragen aufgeworfen haben, dass alles in allem aber eine gute Basis für eine weitere Diskus-sion gelegt worden ist.

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