Mi 01.11.2000
Seit Wochen sind tausende, v.a. jugendliche, PalästinenserInnen auf der Straße und stellen sich nur mit Steinen und Molotowcoctails bewaffnet der viertgrößten Armee der Welt. Wut über Jahrzehnte der Unterdrückung durch Israel entladen sich bei dieser neuen Intifada ebenso wie Entäuschung über das Versagen des Friedensprozesses und den Verrat der palästinensischen Führung. Eine dauerhafte Lösung wird aber auch dieser Aufstand nicht bringen, ebensowenig wie die verzweifelten Versuche Bill Clintons, seine Amtsperiode mit einem Frieden zu beenden. Franz Breier jun. über den jahrzehntelangen Konflikt um Israel/Palästina sowie die Chancen für einen Ausweg.
Der britische Kolonialismus hinterließ vor seiner Zurückdrängung an den Orten seiner kolonialen Herrschaft eine vergiftete Saat. So auch in Palästina, dem schmalen Land zwischen östlichem Mittelmeer und dem Jordan. Britannien und die USA (anfänglich auch der Stalinismus) planten nach dem 2. Weltkrieg ein wirres Gebilde zweier Rumpfstaaten - jüdisch und arabisch getrennt. Ziel dieses Projekts sollte sein, einen Hebel für gezielte Interventionen aufzubauen. Das altbekannte Prinzip: Teile und Herrsche. Mittels Nationalismus wurde ein Prozess in Gang gesetzt, der dem Imperialismus oftmals entglitt und ihn auch zu überrollen droht(e). Denn der Nahe und Mittlere Osten ist die wichtigste Öl produzierende Region der Welt. Militärische Konflikte und Instabilität haben neben anderen Faktoren direkt Einfluss auf den Öl-Markt. Die derzeitigen Turbulenzen um den sehr hohen Öl-Preis widerspiegeln die wachsenden strategischen Probleme des Imperialismus und die globalen wirtschaftlichen Widersprüche. Die akute Krise in Israel/Palästina wirkt wie Wasser auf brennendem Öl.
Im Kalten Krieg waren die Länder Spielbälle zwischen den Banden des westlichen und stalinistischen Blocks. Den besten Verbündeten des US-geführten Imperialismus (Israel und Saudi-Arabien) standen im Laufe der Zeit strategische Partner der UdSSR und Chinas (Ägypten, Syrien) gegenüber. Darüber hinaus einigte alle arabischen Regimes (ob monarchistisch, bürgerlich oder stalinistisch) ein Feind: Israel. Wie kam es dazu?
Berechtigte Wünsche
Die Beschleunigung des Antisemitismus im Laufe des 20. Jahrhunderts (vor allem in Europa) nährte den Boden für jüdisches Nationalgefühl und Nationalismus, der seinen ideologischen Rahmen im "Zionismus" hatte; dem Ziel, JüdInnen aus aller Welt in einem gemeinsamen Staat zu vereinigen. Wie andere Natio-nalismen verband auch der Zionismus unterschiedliche Fraktionen. Er enthält religiöse Vorurteile genauso wie kollektivistische Elemente - auch eine Reaktion auf die damalige Stärke der (vor allem jüdischen) sozialistischen Bewegung. Von orthodoxen Fundamentalisten über das liberale Bürgertum bis zu Teilen der ArbeiterInnenbewegung reichte die Anziehungskraft. In der Zwischenkriegs-zeit war der Zionismus trotzdem weit davon entfernt, die Massen zur Ausreise nach Palästina zu bewegen. Doch dies änderte sich mit den Vertreibungen, Pogromen und schließlich der industriellen Massenvernichtung des Holocaust.
Die Folge der Niederlage
Die internationale sozialistische Bewegung hatte es in den Jahrzehnten zuvor nicht geschafft, die Welt von der Kriegsgefahr in eine bessere Zukunft umzulenken, die gescheiterten Revolutionen, die Niederlage mit dem Sieg des Faschismus ließ vor allem für die jüdischen Bevölkerungsteile, und hier vor allem auch die jüdische ArbeiterInnenklasse, den Zionismus als einziges konkretes Angebot über. Auch trieb die Politik des Stalinismus die jüdische Bevölkerung später vollends in die Arme der jüdischen Bourgeoisie. Daraus ergab sich die Situation, auf deren Grundlage 1948 der Staat Israel gegründet wurde. Doch dies löste kein Problem, im Gegenteil: es schuf Neue. Was der Imperialismus vorbereitete, wurde von den israelischen Streitkräften 1948/49 im ersten Nahost-Krieg ausgedehnt. Die "Grenzen" zum arabischen Teil wurden verschoben und auf einen Schlag 1,5 Millionen PalästinenserInnen vertrieben. Dieses Verbrechen des Zionismus war Wasser auf den Mühlen der reaktionären arabischen Regimes, die auch ein Auge auf dieses strategisch wichtige Fleckchen Land warfen. Sie nutzten von nun an Antisemitismus, um “ihren” eigenen Massen gegenüber das Feindbild "Juden" aufzubauen. Das führte zu einer Belagerungssituation Israels und weiteren Nahost-Kriegen.
Die Anatomie des Staates Israel
Dies machte einen besonderen Staat nötig, der der zionistischen Ideologie entsprach. Dazu gehör(t)en Staatsbürgerarmee plus militärische Hochtechnologie, Staatsinterventio-nismus und die Geschlossenheit der israelischen Gesellschaft. Die wenigen SozialistInnen, die den Holocaust überlebten, konnten unter diesen Bedingun-gen am Rad der Geschichte nicht (mit)drehen. Eine Eigenständigkeit der ArbeiterInnenklasse war weder erwünscht noch vorgesehen. Die israelische herrschende Klasse sorgte mit geeigneten Instrumenten dafür. Das Voraugenhalten der Gefahr von Vertreibung oder Tod war eines davon und es wirkte. Der Histadruth (Staatsgewerkschaft mit Wirtschafts-beteiligungen) und die Kibbuz-Bewegung (agrarische Produktionseinheiten mit genossenschaftlichem Charakter) wurden ebenso instrumentalisiert.
Der Ausgleich der Handelsbilanzdefizite, die Aufrüstung und die Entwicklung einer Industrie konnten nur durch große Wirtschafts- und Militärhilfe durch USA und Frankreich gesichert werden. Die Abhängigkeit vom Imperialismus hatte den Preis, dass Israel zu einem Brückenkopf der USA wurde. Aufgrund dieser unweigerlich reaktionären Rolle des neuen Staates lehnten MarxistInnen (auch jüdische Gruppen im Palästina der 40er Jahre) damals die Teilung Palästinas und die Gründung Israels zu Recht ab. Der Zionismus war eine koloniale Eroberungsbewegung, die mittels militärischer Expansion ein ganzes Volk entwurzelte und genauso der "eigenen" Bevölkerung keinen Frieden brachte!
50 Jahre nicht spurlos vorbei
Für lange Zeit war eine unabhängige Bewegung der ArbeiterInnenklasse in Israel nicht möglich. Die letzten Jahre brachten hier eine große Veränderung. Statt Staatsinterventionismus, umfassendem Sozialnetz und einer hohen Job-Sicherheit setzt die israelische herrschende Klasse nun Neoliberalismus pur um. Privatisierungen verbunden mit rigorosen Kündigungen und zunehmenden sozialen Problemen führten bereits zu Arbeitskämpfen (z.B. zum historischer Generalstreik 1997) und heuer zwang die bloße Generalstreikdrohung Premier Barak zu einem Rückzug in seinen Steuerplänen. Die neoliberale Politik, Sozialabbau und das Steigen der Arbeitslosigkeit fallen nicht vom Himmel. Der Grund liegt in der Unfähigkeit des Kapitalismus, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Abschwungs brach in den 90ern der Klassenwiderspruch deutlich hervor. Auswirkungen hatte auch die schwere Krise in Asien. Allein 1997 mussten der Kibbuz-Bewegung 24 Mrd. Schilling Schulden erlassen werden, um sie vor dem endgültigen Untergang zu bewahren.
Zur sozialen Krise kommt, dass die Politik in Israel seit "Oslo" (siehe weiter unten) die Illusionen vieler Menschen zerstörte. Die israelische Gesellschaft bricht auseinander. Das "Volkskonzept" des Zionismus bröselt. Diese Polarisierung beinhaltet Chancen und Gefahren gleichzeitig. Auf der einen Seite wächst der Wunsch nach echtem Frieden, auf der anderen die Stärkung rechtsextremer und religiöser Fundamentalisten. Die Erfolge ultrarechter Parteien, die Provokationen der Ex-Regierung Netanjahu (fortgesetzter Siedlungsbau) und der letzte Affront Sharons am Tafelberg (Auslöser der militärischen Krise) sind Beispiele. Die Aggression der israelischen Bourgeoisie hat eine lange Tradition:
Zweiter, dritter und vierter Nahost-Krieg
Mitte der 50er, als Ägypten unter Nasser den Suez-Kanal anlässlich des US-Kredit-Stopps für den Assuan-Damm kurzerhand verstaatlichte und strategisch nach Moskau blickte, griff Israels Armee direkt ein: die Halbinsel Sinai wurde besetzt, später zwar schnell geräumt, aber mit den Ergebnissen, dass Israel nun Zugang zum Roten Meer (Hafen von Elioth) hatte und die USA den "freien" Warenverkehr wieder gesichert sah. Nicht immer funktionierte die Symbiose USA und israelischer Regionalimperialismus so glatt wie 1956. 1967 ("Sechstage-Krieg") hielten sich die Westmächte vorerst zurück; sie prognostizierten eine militärische Niederlage Israels. Doch der Rundumschlag (zuerst Ägypten und Jordanien, dann das nicht-kapitalistische Syrien) gelang. Unter anderem wurden die West-Bank und ganz Jerusalem besetzt. Die endgültig Eroberung der Golan-Höhen (Syrien) folgte 1973 im "Jom Kippur-Krieg".
Palästinenserinnen und PLO
Die PalästinenserInnen (allein 4 Millionen Dauer-Flüchtlinge!) mussten zu einem politischen Ausdruck ihres Kampfes finden. 1964 wurde die PLO (Palästinen-sische Befreiungs-Organisation) in der Zeit nach der algerischen Revolution und einer Atmosphäre wachsender sozialer Spannungen auf einem arabischen Gipfel-treffen gegründet. Die reaktionären Regimes wirkten von Beginn an stark ein, um die Energien der PalästinenserInnen mittels PLO in rein nationalistische Kanäle zu lenken. Die soziale Sprengkraft des Befreiungskampfes bedroht auch die Existenz der (halb)feudalen Herrscher Arabiens. Über die Finanzierung der PLO konnte jedes arabische Land direkt Einfluss nehmen. Weitere "Solidarität" konnte in Form der Unterstützung für terroristische Aktionen sowie UNO-Diplomatie ausgedrückt werden. Die Kampfformen der PLO waren von Beginn an nicht die der ArbeiterInnenklasse (Streiks, Massendemos, Besetzung, Internationalismus), sondern die des Kleinbürgertums (Guerillakampf) und der Eliten (bürgerliche Diplomatie). Nichts desto trotz drückte die Stärke der PLO die Hoffnungen der Mehrheit der PalästinenserInnen aus und viele ihrer (auch terroristischen) Aktionen stärkten anfänglich das Selbstbewusstsein der Massen. Doch entgegen gewisser Mythen im Westen war die PLO nie "sozialistisch".
Der Marxismus lehnt Individualterror-ismus ab, da er nicht das geeignete Instrument zur Erreichung der Einheit der Unterdrückten und damit zum Erreichen der gemeinsamen Ziele darstellt. Dies wurde von den Ergebnissen in Israel selbst bestätigt: Die israelische Bourgeoisie münzte jeden Mordanschlag in nationalistischen Hass auf die PalästinenserInnen um und hielt so die eigene ArbeiterInnenklasse weiter an der kurzen Leine. Israels Kapitalisten nutzten zusätzlich die Lage der Palästinenser-Innen aus und hielten sie in den besetzten Gebieten als modernes Sklaven-Heer. Die Folgen dieser Proletarisierung schlugen im Volksaufstand von 1987/1988 durch. Er läutete eine neue Etappe ein
Die Massen übernehmen das Ruder
Die Ende 1987 ausgebrochene "Intifada" brach mit der bisherigen Politik von Diplomatie und Terroranschlägen. Er strafte die PLO-Führung Lügen, die die Möglichkeit eines Massenaufstandes immer verneinte. Die PalästinenserInnen gingen zu Hunderttausenden auf die Straßen, trafen mit Generalstreiks die israelische Wirtschaft schwer und vor allem die Jugend griff mit nichts anderem als Steinen die Besatzungsarmee an! Dies hatte auch im Bewusstsein der israelischen Massen gewaltige Auswirkungen: Jugendliche mit Steinen gegen Gewehre anstatt fundamentalistische Selbstmord-kommandos in Tel Aviv! Durch die Generalstreiks wurden die arabischen Bevölkerungsteile in Israel in den Kampf einbezogen. Die zentrale Schwäche der Intifada ist eine schon altbekannte: Es gab keine sozialistische Führung. Die linken Flügel der PLO waren ideologisch von einer Mixtur mit stalinistischer Dominanz geprägt. Es gab keine Massenpartei, die für eine Bewaffnung der palästinensischen Bewegung hätte sorgen können. Vor allem eine "Bewaffnung" mit dem Internationalismus - mittels Streikaktio-nen und einem ernstgemeinten Appell an die israelische ArbeiterInnenschaft, dem potentiellen Bündnispartner! Die Schwäche der revolutionären Kräfte führte zu einer Stärkung der rein religiösen und nationalistischen Dimension.
Seitdem geriet die PLO-Führung um Arafat unter wachsenden Druck von zwei Seiten. Von der "eigenen" Basis und der internationalen Diplomatie samt Israel. 1988 rief das Exilparlament einen unabhängigen palästinensischen Staat aus, 12 Jahre später steht es selbst um die 1993 vereinbarte "Teilautonomie" von Jericho und Gaza äußerst schlecht. Alle in den 90ern geschlossenen Verträge waren das Papier nicht wert, auf dem sie stehen!
Der Osloer "Friedensprozess"
Das Osloer "Friedensabkommen" von vor mittlerweile mehr als sechs Jahren dient(e) lediglich den Interessen des Kapitalismus. Diese Interessen zielen auf eine "Stabilität" ab, um die menschlichen und natürlichen Ressourcen der Region besser ausbeuten zu können. Sogenannte "Friedens-Dividenden" wurden den israelischen Kapitalisten so ermöglicht. Schon 1993 riet die Weltbank, Milliarden Dollar in die besetzten Gebiete zu pumpen. Die Ausbeutung der billigen arabischen Arbeitskraft ging mit der Schließung von Produktionsstätten in Israel einher, was dort zu höherer Arbeitslosigkeit führte. Die palästinensischen Kapitalisten konnten durch Monopole (z.B. Zement, Tourismus) dicke Profite machen. Auf dieser Grundlage gibt es aber keine Stabilität, keines der nationalen und politischen, geschweige denn der sozialen Probleme (unter denen sowohl die palästinensische als auch die israelischen Massen leiden), kann so gelöst werden.
Wachsende Instabilität
In den 90ern wuchsen internationale und regionale Instabilität; trotz und gerade wegen dem Zusammenbruch des Stalinismus einerseits und den globalen wirtschaftlichen Vor- und Erdbeben andererseits. Folgte dem Ende des Stalinismus zwar eine weltpolitische Stärkung des US-Imperialismus, geriet das bisherige "Gleichgewicht" vor allem in der globalen "Peripherie" und dem Nahen/Mittleren Osten ins Wanken. Starker Imperialismus ist ungleich Friede und Stabilität!
Sowohl PLO wie Israels Regierung standen unter Druck und den (durch den Golfkrieg gestärkten) USA ging es um die Entschärfung der Lage (=teilweise Autono- mie). Hier kamen die USA wieder einmal in bedingten Konflikt mit der israelischen Reaktion. Für Israel ging es um Zeitgewinn, die Instrumentalisierung der PLO als Polizei der besetzten Gebiete und die erwähnte Wirtschafts-Offensive. Nie dachte die israelische herrschende Klasse ernsthaft an Autonomie! Die Folgezeit zeigte, dass sich die USA in kritischen Momenten voll hinter Israel stellt (=keine Autonomie). Die PLO-Bürokratie und die sie umgebende kapitalistische Elite agiert als verlängerter Arm Israels in den besetzten Gebieten. Von ihr haben die Massen nichts mehr zu erwarten. Die soziale Lage der PalästinenserInnen hat sich seit der Autonomie und der Herrschaft Arafats keineswegs verbessert. Die Verwaltung ist korrupt und diktatorisch, die Arbeitslosigkeit hat sich verdreifacht, das BIP ist gesunken, die versprochenen Hilfs- und Aufbaugelder sind ausgeblieben. Das Vertrauen in Arafat & Co ist auf einem Tiefpunkt. Mangels sozialistischer Alternative drückt sich selbst die Kritik gegenüber Arafat hauptsächlich durch radikalen Fundamentalismus aus. Radikale religiöse Terrorgruppen wie die Hamas haben so starken Zulauf.
Die Hoffnung lebt
Im Laufe von Jahrzehnten bildete sich aber nicht nur der israelische Staat, sondern auch eine israelische Nation. Die bloße "Auslöschung" Israels würde allerdings neue Probleme schaffen, aber keine lösen. Die israelischen Massen (und alle Minderheiten dort) haben auch ein Recht auf Land, Brot und Frieden. Dieses Recht steht allerdings im Widerspruch zu den Interessen des kapitalistischen Staates Israel. Für die israelische Bourgeoisie kann es keinen Frieden geben, da es keinen palästinensischen Staat geben darf! Ohne palästinensischen Staat gibt es aber auf keinen Fall Frieden. Ohne sozialistischen Ausweg ist das ein klassischer Teufelskreis. Nur unter der Voraussetzung, das System zu überwinden, welches die historisch angehäuften Probleme kultiviert, kann eine Verhandlungslösung zwischen Israelis und PalästinenserInnen (sowie aller dort lebenden Minderheiten) eine echte Chance erhalten!
Die Kampfbereitschaft der palästinensischen Massen wurde schon oft unter Beweis gestellt - sie haben jegliches Vertrauen in die kapitalistische Diplo-matie verloren. Derzeit haben religiöse und rechte Kräfte die Führung. Der Kampf der PalästinenserInnen enthält neben der „nationalen Frage“ gewaltigen sozialen Sprengstoff. Darauf muss eine sozialistische Bewegung aufbauen.
Auch in Israel regt sich die Arbeiter-Innenklasse. Der Histadruth in seiner ursprünglichen Form ist überwunden. Wir sehen die Entwicklung einer unabhängigen Gewerkschaft und Ansätze einer neuen ArbeiterInnenpartei. Neue Hoffnungsschimmer für die Region.
Die Gefahr ist groß
Der Konflikt hat mittlerweile einen ausgeprägt nationalistischen und religiösen Charakter bekommen - das ist die große Gefahr! AraberInnen in Israel attackieren mitunter auch israelische ArbeiterInnen direkt, israelische DemonstrantInnen rufen "Tot den Arabern". Die Opfer sind auf beiden Seiten die "kleinen Leute". Die Reaktionäre nützen diese Situation und schüren den Hass. Das Gipfeltreffen von Sharm el Sheikh war ein letzter Versuch des Imperialismus, einen Krieg hinauszuschieben. Er fürchtet die Auswirkungen auf Öl und Weltwirtschaft. Doch die Eskalation droht!
Für uns SozialistInnen beweisen die Entwicklungen vor allem eines: Die Theorien des Internationalismus und der "Einheit der ArbeiterInnenklasse" haben eine Entsprechung in der Wirklichkeit. Es ist notwendig, dem reaktionären Nationalismus eine Absage zu erteilen. Gleichzeitig muss sich der Marxismus durch Sorgfalt beim Umgang mit nationalen Gefühlen auszeichnen. Das heißt konkret: Weder von den israelischen noch den palästinensischen Massen verlangen, sich in den jeweils anderen Staat eingliedern lassen zu müssen. Die Gräben sind tief. Es wird viele Erfahrungen (v.a. in gemeinsamen sozialen Kämpfen) brauchen, um dieses Erbe zu überwinden.
Der zu zerschlagende kapitalistische Staat Israel muss durch einen Staat der ArbeiterInnenschaft ersetzt werden, der eine sozialistische Zukunft überhaupt ermöglicht. Dass das CWI in Israel ("Maavak Sozialisti") und wir darüber hinaus für ein unabhängiges sozialistisches Palästina eintreten, ergibt sich aus den Erfahrungen und den tief verwurzelten Ängsten der PalästinenserInnen. Der Sozialismus muss und wird sich durch Rücksicht auf jedwede Ängste vor nationaler Unterdrückung etc. auszeichnen.
Zur Lösung der Nationalen Fragen muss es immer Kompromisse geben. Aber diese Kompromisse können nur jene gesellschaftlichen Kräfte schließen, deren materielle Existenz sich nicht gegenübersteht. Die isrealische und die palästinensische ArbeiterInnenklassen können die Lösung der Nationalen Frage mit der der sozialen Frage verbinden! Letzlich liegt die Lösung in einem sozialistischem Israel UND einem unabhängigem, sozialistischen Palästina, die beide Teil einer freiwilligen, sozialistischen Föderation im Nahen und Mittleren Osten sind. Alles andere ist illusorisch und wird die Spirale von Nationalismus und destruktiver Gewalt weiterdrehen!