Israel: Eine Mine, die niemand entschärfen will

Fast sechs Monate sind vergangen, seit Hamas* in die Regierung gewählt wurde.
Yasha Marmerstien, Maavak Sozialisti (CWI in Israel und Palästina), Israel

Das Ergebnis der palästinensischen Wahlen hat in Israel große Unruhe entfacht, die palästinensische Politik bedeutend verändert und aufgezeigt, wie sich in den palästinensischen Gebieten die sozialen Verhältnisse entlang von Massenarmut, israelischen Militäreinsätzen und verbreiteter Hoffnungslosigkeit entwickeln. Während Israels Ministerpräsident Ehud Olmert und seine Koalitionspartner mit einer Politik fortfahren, die die soziale Krise in den besetzten Gebieten verschlimmert und sie damit eine Situation befördern, in der die Zustimmung zu Selbstmordattentaten zunimmt, muss die entscheidende Frage lauten, ob der „Plan zur beiderseitigen Annäherung“ [Olmerts Plan zur Beendigung der Siedlungen] und die Trennung Israels von den Palästinensergebieten durch eine Mauer die Selbstmordattacken beenden werden.

Die Regierung Olmert erwägt keine langfristige Lösung des Konflikts, sondern sucht einen Weg, um Israels Position im globalen Markt stabil und „für Investitionen attraktiv“ zu halten. Die Kürzungen in den sozialen Sicherungssystemen und die Privatisierung der meisten Bereiche, die im öffentlichen Sektor noch übrig geblieben sind, sind wesentliche Bestandteile dieses Prozesses. Die Politiker werden in Fragen der „Sicherheit“ von exakt denselben Motiven geleitet wie in wirtschaftlichen Entscheidungen - in beiden Bereichen denken sie jeweils nicht an die Interessen der Bevölkerungsmehrheit zwischen Jordan und Mittelmeer [also an die Mehrheit aller Menschen, die im Staat Israel leben], sondern in erster Linie an die Wirtschaftselite des Landes.

Wie die Initiativen der bisherigen israelischen Regierungen, ist auch der „Plan zur beiderseitigen Annäherung“ ein weiterer Versuch, die ökonomischen Kosten der Besetzungen zu verringern und den politischen Druck abzufedern. Dieser Druck wird nicht nur seitens der kriegsmüden israelischen Bevölkerung auf die Regierung ausgeübt, sondern auch von der Bush-Administration und der EU, die beide am Öl aus dem Nahen Osten interessiert sind, das ohne Hindernisse fließen soll.

Gegenüber dem Abzug aus dem Gazastreifen beinhaltet der „Plan zur beiderseitigen Annäherung“ noch nicht einmal eine erwähnenswerte Verkleinerung der israelischen Militärpräsenz im Westjordanland (West Bank). Lediglich die Räumung der weit vom Mutterland entfernten Außenposten [mit „Außenposten“ sind hier die sehr kleinen Siedlungen gemeint, die von ideologischen Extremisten gebaut wurden, hauptsächlich mit der Absicht, die Weiterentwicklung der palästinensischen Städte und Dörfer zu verhindern] ist vorgesehen, da diese weder für das Militär noch für die Regierung einen weiteren Nutzen haben. Mit dem „Plan zur beiderseitigen Annäherung“ ist die Absicht verbunden, das Gebiet des Westjordanlands dauerhaft in den bestehenden Grenzen festzulegen. Doch dieser Plan wird nicht durch die Räumung einiger weitab liegender Siedlungen umgesetzt werden können. Auch die Eingrenzung des Westjordanlands durch eine Mauer wird nur wenig dazu beitragen.

Der Trennungswall wurde den israelischen Juden als das effiziente Mittel gegen die Selbstmordattentate präsentiert. Die Effektivität dieser Mauer zur Eindämmung solcher Gewalttaten ist allerdings beschränkt. Die letzten Bombenanschläge fanden z.B. in den israelischen Städten Netanya und Hadera statt und die Täter kamen aus der Gegend um Tulkarem, einer Stadt mit rund 55.000 EinwohnerInnen im Westjordanland an der Grenze zu Israel. An dieser Stelle wurde die Mauer bereits vor zwei Jahren fertiggestellt. Zudem kann die Mauer natürlich wenig ausrichten gegen Bombardierungen mit Kurzstreckenwaffen. Die Art und Weise, mit der die Mauer errichtet wurde, zeigt auch, dass ihr Streckenverlauf an vielen Stellen eher von politischen als von Sicherheitsüberlegungen abhängt. Die tatsächliche Absicht hinter dem Mauerbau ist die Annexion von Land und die Verstärkung der israelischen Kontrolle über das Westjordanland. Zwischenzeitlich hat die Mauer/der Zaun zu großem Leid unter den ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen in den besetzten Gebieten geführt, da viele von ihnen nun auch von ihren Arbeitsplätzen bzw. Ländereien abgeschnitten sind. Das wiederum führt zu einer Art stiller Migration, weil die Menschen ohne Einkünfte einfach nicht länger überleben können. Das Ergebnis davon sind Zehntausende von zusätzlichen Flüchtlingen, die nichts mehr zu verlieren haben. Dass die soziale Basis für den Terrorismus dadurch noch gefördert wird, liegt auf der Hand.

Unterdessen hat die israelische Regierung es mit der Umsetzung des „Plans zur beiderseitigen Annäherung“ nicht eilig, da die instabile Situation in den besetzten Gebieten sich verstärkt und damit die Frage aufkommt, ob der Plan überhaupt noch umgesetzt werden wird. Zwar werden die Überlegungen als unilateral (von Seiten der israelischen Regierung) dargestellt, doch ist es für seine eventuelle Umsetzung nötig, auf palästinensischer Seite ein mehr oder weniger stabiles Regime vorzufinden, das für relativen Frieden sorgen kann.

Als Reaktion auf die palästinensischen Parlamentswahlen entschied sich die israelische Regierung, unterstützt von Bush-Administration und der EU-Führung, dafür, die PalästinenserInnen für ihre falsche Wahl zu bestrafen. Die Konten der palästinensischen Autonomiebehörde bei israelischen Banken wurden bis auf weiteres eingefroren und wegen des nicht Vorhandenseins einer unabhängigen palästinensischen Bank wurde damit jeder Geldtransfer der palästinensischen Regierung unmöglich gemacht. Der palästinensische Haushalt beläuft sich auf annähernd 1,9 Milliarden US-$, von denen 1,3 Milliarden US-$ aus Finanzhilfen der USA und der EU sowie aus vom israelischen Staat eingetriebenen Steuern bestehen. Das Zurückhalten dieser Finanzsumme bedeutet den Kollaps der wirtschaftlichen Situation und damit eine wahre humanitäre Katastrophe. Die 130.000 Angestellten der palästinensischen Autonomiebehörde, von denen laut Weltbank rund 1,5 Mio. PalästinenserInnen direkt finanziell abhängen, wurden schon seit zwei Monaten nicht mehr bezahlt. Krankenhäuser stehen am Rande des Zusammenbruchs und 70% der Schulen stehen wegen des Mangels an finanziellen Mittel kurz vor der Schließung.

Doch die Beweggründe für diesen ökonomischen Boykott sind nicht ausschließlich mit einem Vorgehen gegen Hamas zu begründen. Sowohl Olmert als auch die Bush-Administration haben schließlich bei unterschiedlichen Gelegenheiten in der Vergangenheit erklärt, dass sie eventuelle Verhandlungen mit Hamas nicht vollkommen ablehnen. Der Wirtschafts-Boykott wird von der israelischen Regierung dazu benutzt, Druck auf die Hamas-Führung auszuüben, damit diese die Pläne der israelischen Regierung und die Rolle der Fatah* der 1990er Jahre akzeptiert: Israelischen Unternehmern sollen billige Arbeitskräfte aus den besetzten Gebieten zur Verfügung stehen und Fragen der Sicherheit, des Transportwesens, der Bildung etc. sollen wie gehabt auf täglicher Basis neu behandelt werden. Einige Hamas-Führer sind auch gewillt, dieser Vorgehensweise zuzustimmen. Allerdings befürchten viele aus der Führungsschicht von Hamas, dass durch eine enge Zusammenarbeit mit der israelischen Regierung die momentane Massenunterstützung für ihre Organisation schwinden könnte. Ganz so, wie es schon die Fatah in der Vergangenheit erleben musste.

Die Weigerung von Hamas, sich dem Druck Israels zu beugen, wird in der palästinensischen Öffentlichkeit noch als couragiertes Verhalten wahrgenommen. Und die sozialen Umstände, die Hamas´ Sieg bei den Wahlen entscheidend begründeten, sind immer noch dieselben. Tatsächlich haben sie sich durch den wirtschaftlichen Boykott und den Mangel an Sozialleistungen noch weiter zugespitzt. So lange die Menschen in den besetzten Gebieten derart in Mitleidenschaft gezogen werden, stellt sich ihnen Hamas im Vergleich zur Fatah als das kleinere Übel dar. Die Korruption innerhalb der Fatah, ihre Hilflosigkeit gegenüber der israelischen Besatzung und die anarchischen Zustände, die damit über die palästinensische Bevölkerung gekommen sind, haben sie für die meisten der in den besetzten Gebieten lebenden Menschen unakzeptabel werden lassen. Die weiter herrschende Arbeitslosigkeit und der Zusammenbruch des Wohlfahrtssystems der palästinensischen Autonomiebehörde haben dazu geführt, dass die soziale Fürsorge, die Hamas zur Verfügung stellt, für weite Teile der PalästinenserInnen unentbehrlich geworden ist. Und Hamas weiß ganz genau, wie sie dies in politische Unterstützung ummünzen kann. Dabei reicht ihr völlig, dass sich nur eine Minderheit der Menschen aufrichtig und ernsthaft der Organisation verpflichtet fühlt.

Selbst jetzt, nach sechs Monaten seit Hamas´ Machtübernahme in den besetzten Gebieten, genießt man immer noch Unterstützung bei der Mehrheit der PalästinenserInnen. Und diese Unterstützung rechtfertigen die Menschen damit, dass nicht Hamas, sondern der Staat Israel und mit ihm die US-Regierung verantwortlich sind für die wirtschaftliche Atemnot. Trotz allem kann die Zustimmung zu Hamas nicht gleichgesetzt werden mit einer Zustimmung für Selbstmordanschläge oder für die vollkommen irrealen Lösungsvorschläge, die Hamas anbietet: ein islamischer Staat vom Jordan im Osten bis ans Mittelmeer im Westen. Die Unterstützung für Hamas erwächst aus dem Vakuum, das von der palästinensischen Politik erzeugt wird und aus dem Fehlen einer politischen Kraft, die ihre Basis unter den ArbeiterInnen und Armen des Westjordanlands und des Gazastreifens hätte. Eine solche politische Kraft könnte eine echte und praktikable Strategie vorschlagen, mit der die Besatzung beendet und die Korruption innerhalb der palästinensischen Autonomiebehörde abgeschafft werden könnte.

Die augenscheinliche Tatsache, dass der Wirtschafts-Boykott die Unterstützung für Hamas bis zum jetzigen Zeitpunkt eben nicht kleiner werden lässt, führt dazu, dass die Fatah einen größeren Anteil an der Macht innerhalb der Autonomiebehörde für sich beansprucht. Die Fatah versucht nun mit Gewalt das zu erreichen, was sie über die Wahlen nicht geschafft hat. So führt dann die Konfrontation der beiden großen palästinensischen Organisationen dazu, dass sich die Lage bis hin zum bewaffneten Kampf verschlimmert. Und die AktivistInnen der Fatah finden sich mittlerweile in einer gänzlich veränderten Situation wieder: Nicht nur, dass ihre Organisation nicht mehr die herrschende Partei ist, hinzu kommt, dass sie selbst ihre Arbeit verloren haben.

Während die Kämpfe zwischen den bewaffneten Kräften von Fatah und Hamas politischer Natur sind, werden die Wurzeln dafür aus dem ernsthaften Mangel an den grundlegendsten Ressourcen genährt. Und die Frage, wer nun diesen Mangel verwalten soll, ist selbstredend als kritisch zu bezeichnen. Nach einige Wochen anhaltenden Scharmützeln zwischen Fraktionen von Hamas und Fatah, beschlossen die politischen Führungen beider Organisationen über die Frage der Machtaufteilung in Verhandlungen einzutreten.

Die bewaffneten Auseinandersetzungen im Gazastreifen können durchaus das Level erreichen, das wir tagtäglich aus dem Irak kennen, wo jede Stadt, jeder Ort unter der Kontrolle unterschiedlicher bewaffneter Milizen steht. Sich ausweitende Kämpfe zwischen einzelnen Organisationen werden einen Effekt auf den ganzen Nahen Osten haben und zu einem allgemeinen Stadium von Instabilität und Blutvergießen führen. Ein mögliches Ergebnis der weiteren Verschlechterung der Lage könnte der totale Kollaps der palästinensischen Autonomiebehörde sein.

Die Errichtung der palästinensischen Autonomiebehörde durch Israel in den frühen 1990er Jahren stellte einen bedeutenden Schritt für die wirtschaftliche und politische Elite des Landes dar. Eine neue Autorität übernahm damit von der israelischen Regierung und dem israelischen Militär die Aufgabe, ein Sozialsystem, eine funktionierende Kriminalitätsbekämpfung, ein Post- und Kommunikationswesen etc. aufzubauen. Der mögliche Zusammenbruch der palästinensischen Autonomiebehörde würde Israel um gut 15 Jahre auf das Level zurückwerfen, als man die palästinensischen Städte unmittelbar verwaltete. Dies wäre ohne eine militärische Wieder-Besetzung nicht durchführbar.

Sowohl für die Eliten in Israel als auch für die US-Administration ist dies Szenario der Alptraum: Eine Neu-Besetzung des Gazastreifens und des Westjordanlands durch die israelische Armee würde die ganze Region in Flammen setzen, darüber hinaus die Position der USA im Irak weiter schwächen und die mit den USA verbündeten Regimes im Nahen Osten weiter destabilisieren.

Es ist wahrscheinlich, dass der Widerstand gegen einen erneuten israelischen Einmarsch mit einer Zunahme an Selbstmordattentaten und der Gründung kleinster bewaffneter Einheiten einher gehen wird, die gezielte Attentate unter der Bevölkerung verüben werden. Eine solche Entwicklung würde die Kluft zwischen den ArbeiterInnen in Israel und in den palästinensischen Gebieten weiter vergrößern, Angst und Hoffnungslosigkeit würden auf beiden Seiten weiter zunehmen.

Als Teil der politischen Auseinandersetzung zwischen Hamas und Fatah kann der Versuch des Chefs der palästinensischen Autonomiebehörde, Abu Mazen (=Mahmud Abbas), angesehen werden, der jüngst ein von Marwan Barghuti eingeleitetes Abkommen vorstellte. Dieses Abkommen wurde von allen palästinensischen Fraktionen unterzeichnet, die zur Zeit im israelischen Hadarim Gefängnis sitzen. Abbas verlangt von der Hamas-Regierung, dieses Abkommen ebenfalls zu unterschreiben und droht damit andernfalls ein Referendum durchführen lassen zu wollen, das die darin erörterten Fragen aufgreifen soll. Für Abbas stellt das beschriebene Schriftstück ein weiteres Druckmittel gegen die Hamas dar, um seine eigene Kontrolle über die Bevölkerung zu stärken. Er will das mögliche Referendum als eine Art zweiter Parlamentswahl für seine Zwecke nutzen. Das Abkommen selbst ruft alle Fraktionen dazu auf, unter der Ägide der PLO* zusammen zu kommen und Israel anzuerkennen. Im Gegenzug soll Israel sich bis zu den im Jahre 1967 geltenden Grenzen zurückziehen und die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge anerkennen. [Mahmud Abbas hatte angekündigt, dass das besagte Referendum unter den PalästinenserInnen am 26. Juli stattfinden sollte. Die Reaktion der gefangenen Mitglieder von Hamas und Islamischem Dschihad* war, dass diese ihre Unterschrift zurückzogen. Bis heute hat keine solche Volksabstimmung stattgefunden].

Die Vereinbarung ähnelt sehr den Ansätzen, die schon im Oslo-Abkommen in den 1990er Jahre definiert wurden und beinhaltet daher auch alle Fehler, die diese internationale Übereinkunft bereits hatte. Das zentrale Problem ist, dass diese Vereinbarungen die Verhätnisse vollkommen außer Acht lassen, die in der Praxis herrschen. Die ökonomische Konstellation im Nahen Osten macht eine ernst gemeinte Staatsgründung Palästinas im Wirtschaftssystem des Kapitalismus unmöglich. Im besten Fall entsteht dabei ein von der israelischen Elite politisch wie ökonomisch vollkommen abhängiger Staat. Und diese Elite wird natürlich alles daran setzen, die abgesteckten eigenen Interessen darüber zu verwirklichen. Die Interessen der Oberschichtsind wiederum unvereinbar mit den Erwartungen der Massen in den bis dato besetzten Gebieten. Hier strebt mensch nach nichts weiter als einem akzeptablen Lebensstandard und der Regeneration der palästinensischen Gesllschaft. Während  der Verhandlungen in Oslo haben sich die Lebensbedingungen hingegen dramatisch verschlechtert. Die Enttäuschung darüber führte schon Mitte der 1990er zu Selbstmordanschlägen und später zur zweiten Intifada*.

Israelische wie palästinensische ArbeiterInnen haben ein gemeinsames Interesse an der Beendigung des blutigen Konflikts. Und ohne den ArbeiterInnen und Erwerbslosen im Westjordanland und im Gazastreifen sichere  Lebensbedingungen zu gewährleisten, kann auch die persönliche Sicherheit der israelischen ArbeiterInnen nicht garantiert werden. Doch ein politisches System, das von einer Handvoll Kapitalisten kontrolliert wird, die ausschließlich damit beschäftigt sind ihre Profitraten zu sichern, ist unfähig weder für die ArbeiterInnen in den palästinensischen Gebieten noch für die ArbeiterInnen Israels sichere Lebensverhältnisse zu bringen.

Aus diesem Grund können wir uns nicht auf die Politiker verlassen, die sich den Kapitalbesitzern gegenüber unterwürfig verhalten, wenn sie wieder einmal Lösungen für den Konflikt vorschlagen. Genauso wenig schenken wir ihnen Vertrauen, wenn sie davon reden die Armut zu bekämpfen. Der sinnvollste Schritt wäre heute, damit aufzuhören an Magie zu glauben. Eine wirkliche Klassen-Alternative muss her, die in Form einer breiten Arbeiterpartei eine alternative Strategie zu der der Clique aus Genrälen und Politikern aufstellen würde. Diese Partei wird dann für die Interessen der Arbeiterklasse beiderseits der ´67er-Linie, gegen Privatisierung und Kürzungspolitik in Israel, gegen den infrastrukturellen Mangel und die Abschottung der besetzten Gebiete eintreten. Diese Partei muss gleiche Arbeitsbedingungen und Löhne sowohl für palästinensische wie für israelische ArbeiterInnen fordern und muss für die Einrichtung demokratischer Arbeiterorganisationen und für substantielle Verbesserungen der Sozialsysteme beider Seiten kämpfen. Diese Partei muss energisch ihre Stimme gegen die Selbstmordanschläge erheben, von denen israelische ArbeiterInnen heimgesucht werden. Der Rückzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten und das Ende einer direkten wie auch indirekten Militärpräsenz im Gazastreifen und Westjordanland müssen angepeilt werden, während den Massen dort gleichzeitig das Recht auf Selbstbestimmung auf Basis eines unabhängigen Staates zugestanden werden muss. Eine solche Selbstbestimmung kann nur durch einen grundlegenden Wandel des wirtschaftlichen Systems und der sozialen Ordnung im Nahen Osten erreicht werden. Die Herrschaft der 18 kapitalistischen Familien und der korrupten Schichten in Israel muss beendet werden, damit die Grundlage für einen sozialistischen Nahen Osten gelegt ist.
 

* Glossar:

Fatah

Wörtlich für: „Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas“; politische palästinensische Partei, die seit 1969 unter dem mittlerweile verstorbenen Jassir Arafat die Führung der PLO inne hat. Bis zu den jüngsten Wahlen in den palästinensischen Gebieten war sie die führende politische Kraft, wurde dann von der Hamas abgelöst.

Grenzen vom 4. Juni 1967

Vor dem sogenannten Sechstagekrieg vom 5. bis 10. Juni 1967 zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten Ägypten, Syrien und Jordanien waren weder das Westjordanland zwischen Jerusalem im Westen und Jordanien im Osten (inklusive der Altstadt von Jerusalem bis dahin von Jordanien besetzt) noch der Gazastreifen zwischen Israel im Osten und Ägypten im Südwesten (bis dato von Ägypten okkupiert) von Israel besetzt.

Hamas

sinngemäß für: „Islamische Widerstandsbewegung“; Religiös-fundamentalistische palästinensische Organisation, die zunächst soziale Projekte in den besetzten Gebieten organisierte, unter Scheich Yasin Mitte der 1980er Jahre aber zur Gewalt vornehmlich gegen israelische ZivilistInnen aufrief bzw. diese direkt ausübte, um das selbst gesteckte Ziel eines befreiten Palästina zu erreichen. Dazu gehören nach ihrem Verständnis nicht nur das Westjordanland und der Gazastreifen, sondern auch das gesamte Staatsgebiet Israels. Hamas-Führer leugnen den Holocaust bzw. behaupten, dieser sei von Zionisten initiiert worden.

Intifada

arab.: „sich erheben, loswerden, abschütteln“; die erste palästinensische Intifada begann 1987 und endete Anfang der 1990er Jahre. Die zweite Intifada fand ihren Anlass im Besuch des damaligen israelischen Oppositionsführers Sharon auf dem für Moslems heiligen Tempelberg im September 2000. Seit dem Abkommen zwischen den Regierungschefs Sharon und Abbas 2005 gilt dieser Aufstand offiziell als beendet.

Islamischer Dschihad

islamistische Terrorgruppe, die Jugendliche für Selbstmordattentate anwirbt.

PLO

engl.: „Palestine Liberation Organization“ für „Palästinensische Befreiungsorganisation“; 1996 wurden alle Passagen aus dem Programm entfernt, die die Zerstörung Israels betrafen. Ersetzt wurde das Porgramm bis heute nicht. Die Fomulierung „Palästina ist eine unteilbare Einheit, basierend auf den Grenzen vom 4. Juni 1967“ wird seither als Kompromiss gehandelt, bleibt jedoch umstritten. Seit Arafats Tod ist Mahmud Abbas Vorsitzender nicht nur der Fatah, sondern auch der PLO. Die Hamas gehört der PLO nicht an.

Mehr zum Thema: