FPÖ ist weder sozial noch eine ArbeiterInnen-Partei!

Wann immer die FPÖ etwas zu entscheiden hat, gibt es Kürzungen für sozial Schwache und Angriffe auf ArbeiterInnenrechte.
Franz Neuhold

Teil des Vorwärts Schwerpunkt zur FPÖ.

Man hört oft in Diskussionen: „Aber in der FPÖ sind doch nicht nur Nazis!“ Das ist wohl richtig; traditionell sammelten sich in der FPÖ neben ehemaligen NSDAP-Mitgliedern immer schon Wirtschaftsliberale und diverse Querköpfe. Manche mehr, manche weniger rechtsextrem. Viele deutschnational, andere österreich-patriotisch. Die einen streng gläubig, die anderen gar nicht. Doch wodurch sich all die Teile der FPÖ auch unterscheiden mögen, einen Ansatz für eine ArbeiterInnen-Partei bietet keine einzige Fraktion dieses sogenannten „dritten Lagers“.

Mangels einer echten politischen Alternative in unserer Gesellschaft kann die FPÖ einen bedeutenden Anteil an ProtestwählerInnen halten und angesichts der Wut über die herrschende Politik zur stimmenstärksten Partei aufsteigen.

Doch so „anders“ ist die FPÖ nicht. Beginnen wir bei einem wesentlichen Merkmal, dem aggressiven Rassismus. Wir meinen: Jede ernsthafte Politik für ArbeiterInnen muss anti-rassistisch sein, da die ArbeiterInnen-Klasse vielfältig zusammengesetzt ist. Will man Verbesserungen erreichen, braucht man die volle Schlagkraft der Klasse. Jede Spaltung entlang von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung etc. schwächt.

Schlimm genug, wenn auch die Gewerkschaftsführung auf einen wichtigen Teil von ArbeiterInnen aufgrund von Herkunft oder Hautfarbe verzichtet bzw. diesen nicht einbezieht. Im Fall der FPÖ wird jedoch aktiv ein Teil der ArbeiterInnen gegen einen anderen aufgewiegelt. Den Nutzen aus dieser Spaltung zieht letztlich das herrschende System kapitalistischer Ausbeutung. Ähnlich verhält es sich in der Frage der Frauenbefreiung. Die FPÖ vertritt ein rückschrittliches Frauenbild und damit die weiterhin bestehende Frauenunterdrückung in unserer ach so „freien“ Gesellschaft. So stehen maßgebliche Teile der FPÖ auf der Seite der fundamentalistischen AbtreibungsgegnerInnen, die Frauen das Entscheidungsrecht über ihren eigenen Körper absprechen. Selbst Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen wird bekämpft: In ekelhafter Täter-Opfer-Umkehr agitierte die Amstettener FPÖ 2012 mit der Ansage, dass „Frauenhäuser Ehen und Partnerschaften … zerstören“.

Die FPÖ hat sich seit jeher kapitalistischen Grundsätzen verschrieben. ArbeitnehmerInnen sind aus Sicht der FPÖ bestenfalls Verhandlungsmasse und Stimmvieh. Im aktuell gültigen „Handbuch freiheitlicher Politik“ steht schon in der Einleitung ein Bekenntnis zu den „Prinzipien der Marktwirtschaft“. Von ArbeitnehmerInnen ist dort zu lesen, wo sie laut FPÖ ihren Platz zu haben haben: Im Kapitel „Unternehmer und Mitarbeiter als Partner für Österreichs Wirtschaft“. „Partner“ heißt hier, dass die Beschäftigten sich den Interessen des Unternehmens unterordnen sollen. In der Propaganda achtet die FPÖ natürlich auf die inzwischen weit verbreitete „Kapitalismus-Skepsis“. Daher spricht sie dann gerne vom „ausschließlich am Profit orientierten globalen Kapitalismus“, wenn es nicht direkt um den eigenen nationalstaatlichen Kapitalismus geht. Da belässt man es lieber beim Wort „Marktwirtschaft“: „Wir fördern Leistung in einer Marktwirtschaft mit sozialer Verantwortung, schützen das Privateigentum und stehen für eine gerechte Aufteilung von Beiträgen und Leistungen für die Allgemeinheit.“ Dieses Zitat könnte auch von SPÖ, ÖVP oder Grünen stammen.

Hinter sozialen Phrasen liegen die konkreten FPÖ-Forderungen voll im Trend des Sozialkahlschlags. So empörte sich der ÖGB-Tirol kürzlich zu Recht über die aktuelle FPÖ-Kampagne: „Die Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten bedeutet nichts anderes, als massivste Verschlechterungen für Tiroler ArbeitnehmerInnen.“ Populistische Sprüche zu „Verwaltungsreform“ oder „Bürokratie-Abbau“ laufen am Ende des Tages auf Arbeitsplatzabbau in den „unteren Etagen“ hinaus. Die Zeche zahlen normale Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes – PflegerInnen, Feuerwehrleute, SekretärInnen, LehrerInnen etc. Auch Lehrlinge und Arbeitslose sollen um ihre Rechte gebracht werden.

Gewerkschaften und Arbeiterkammer sind der FPÖ ein Dorn im Auge, da wird gegen „Zwangsmitgliedschaft“ gewettert und insgesamt soll der Gewerkschaftseinfluss zurückgedrängt werden. Streiks sind wichtige Werkzeuge zur Durchsetzung der sozialen und politischen Interessen von ArbeiterInnen. Wenn Beschäftigte mittels Streik ihre Interessen in die eigene Hand nehmen, dann hat die FPÖ kaum etwas zu melden: als im November 2003 die EisenbahnerInnen streikten, wurde in Villach der damalige Landeshauptmann (!) und FPÖ-Gottvater Jörg Haider bei seinem Erscheinen umgehend hinausgeschmissen. Man befand sich übrigens in einem Arbeitskampf gegen den FPÖ-Verkehrsminister Gorbach. Die von ihm umgesetzten Kapitalinteressen sind in der FPÖ Parteilinie: Auch der Chef der „Freiheitlichen Arbeitnehmer“ OÖ, Max Walch, geiferte gegen den Streik mit Formulierungen wie „ungerechtfertigte Privilegien“ und „schändlicher Mißbrauch“. Der damalige FPÖ-Klubobmann Scheibner beklagte gar die Auswirkungen des Streiks auf das „Image Österreichs“ als „stabiles Land“.

Ein aktuelleres Beispiel aus Linz: Als kürzlich im Öffentlichen Dienst ein Streik-Aufruf kursiert, erklärt FPÖ-Stadtrat Wimmer, der „Ruf des öffentlichen Dienstes“ sei gefährdet. Ein Streik dürfe keine Auswirkungen auf die kommunalen Dienstleistungen haben. (Ähm, das wäre dann ja gerade kein Streik.) Wimmer, sonst einer der schlimmsten Scharfmacher, schwafelt sogar vom „sozialen Frieden“. Das ist eine bekannte Phrase, die eigentlich Aufrechterhaltung der gegenwärtigen (Un)Ordnung meint. So redet nur ein Knecht des Besitzbürgertums.

Auch bei der Steuerpolitik ist von der FPÖ nichts wirklich Neues zu hören: Das Glaubensbekenntnis lautet ähnlich wie bei der SPÖ „Mehr Netto vom Brutto bedeutet mehr Geld für den privaten Konsum.“ So wird in der Broschüre „Das freiheitliche Steuer- und Entlastungsmodell“ Kapitalismus-kompatibel geschlussfolgert: „Weniger Geld im Börsel bedeutet weniger Konsum, weniger Investitionen. Weniger Geld im Börsel heißt, dass notwendige Anschaffungen warten müssen; und das bremst die Wirtschaft.“ Das sollte all jenen zu Denken geben, die in Gewerkschaft oder SPÖ mit gleichlautenden Stehsätzen eine fortschrittliche oder gar sozialistische Politik zu betreiben glauben: Auch die FPÖ hat sie drauf. Mit richtiger ArbeiterInnen-Politik hat das jedoch nichts zu tun! Hier muss vielmehr betont werden, dass jede spürbare steuerliche Umverteilung von oben nach unten selbstverständlich den Spielraum der Unternehmen einschränkt und dies somit nur durch Konfrontation zwischen den sozialen Schichten und Klassen zu erreichen ist.

Wer tatsächlich die sozialen Interessen von ArbeiterInnen vertreten will und dies unter dem wachsenden Druck der kapitalistischen Krise, der braucht einen ernstgemeinten anti-kapitalistischen Ansatz. Den sucht man bei der FPÖ, und zwar in all ihren Fraktionen, vergebens. Die FPÖ kämpft nicht im Geringsten gegen die kapitalistische Ausbeutung; sie ordnet sie lediglich den Interessen des nationalen Kapitalismus unter. Wenn von der „Gier der Manager“ gesprochen wird, meint man wohl nicht jene Manager, die FPÖ wählen oder in ihr mitwirken. Dem Schein-Antikapitalismus der FPÖ darf man nicht auf den Leim gehen.

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: