Fortgesetzte Privatisierung und Verarmung in Kosova

Max Brym, CWI-Deutschland

Die KTA (Kosova-Treuhand-Agentur) verkündete am 1. Oktober die neunzehnte Privatisierungsrunde im Land. Mit stolz geschwellter Brust wurde den einfachen Menschen in Kosova der weitere Ausverkauf der nationalen und gesellschaftlichen Reichtümer angekündigt. Während der neunzehnten Schnellprivatisierung sollen 50 neue Unternehmen entstehen. Der erste Stichtag an dem die Bewerber "geprüft" werden ist der 29. November 2006.

Am 10. Dezember wird bestimmt, welche InvestorInnen den Zuschlag erhalten. Betroffen sind 36 gesellschaftliche Unternehmen, diese werden aufgeteilt und zerschlagen. Es ist kein Geheimnis, dass mindestens die Hälfte der ArbeiterInnen von den kapitalistischen Investoren nicht übernommen werden. Offiziell gilt in Sachen Privatisierung das Recht aus der Milosevic-Periode, Milosevic zwang einst die ArbeiterInnen AktionärInnen zu werden. Sie mussten einen Anteil von 20% an den Fabriken erwerben. Den Rest eigneten sich privilegierte BürokratInnen, der serbische Staat und ausländische InvestorInnen an. Die ArbeiterInnen werden jetzt formal mit 20% der Verkaufserlöse abgespeist. Aber auch das steht nur auf dem Papier, von den bis dato erzielten Verkaufserlösen wurden den ArbeiterInnen nur 5 Millionen Euro ausbezahlt, obwohl ihnen von der erzielten Verkaufssumme selbst nach UNMIK und Milosevic's Recht, 50 Millionen zustehen würden. Die Verschleuderung des gesellschaftlichen Reichtums in Kosova bringt den ArbeiterInnen im Schnitt höchstens 1000 Euro ein. Für die Masse ist dieser Betrag, die Abfindung auf dem Weg in die Arbeitslosigkeit und die völlige Armut.

Die kapitalistischen InvestorInnen krallen sich kostengünstig den Reichtum des Landes. Allerdings beginnt damit noch nicht die Produktion, denn viele "GroßinvestorInnen" scheuen noch die politischen Risiken und die infrastrukturellen Probleme in Kosova. Deshalb wird der Reichtum vorläufig an kleinere KapitalistInnen und SpekulantInnen verscheuert. Für die großen Projekte, wie den Kohlereichtum des Landes, stehen internationale Konzerne bereit. Perspektivisch gilt Kosova als "Energie und Stromträger" des Balkans.

Für die reichen Minen von Trepca haben sich kapitalistische Unternehmen die nötigen Optionen gesichert. Der Rest der Wirtschaft wird aufgeteilt und in kleinere Einheiten zerlegt. JedeR InvestorIn ist an Maximalprofit interessiert. Dazu verlangt er Niedriglöhne, absolut geringe Steuerlasten und Belegschaften, die zahlenmäßig verkleinert, rund um die Uhr arbeiten. Diese Dinge werden von der UNMIK gegen den Widerstand der ArbeiterInnen und der Armen garantiert. Wie unter der Doktrin des kapitalistischen Neoliberalismus die soziale Frage in Kosova gelöst werden soll vermag auch der neoliberale Hardliner Joachim Rücker den Menschen nicht zu erklären. Die Privatisierer reden nur von ihren Erfolgen in Sachen Privatisierung, wie sie die Massenarmut in Kosova bekämpfen wollen dazu wird von ihnen fast nichts mehr gesagt. Es wird nur noch nebenbei von den Selbstheilungskräften des Marktes schwadroniert. Die berühmten "Selbstheilungskräfte des Marktes" - die kapitalistische Barbarei mit der ideologischen Begleitmusik des Neoliberalismus - führen in der ganzen Welt zur Anhäufung von Reichtum und Überfluss auf dem einem Pol der Gesellschaft und zur sozialen Verelendung verbunden mit Massenarmut auf dem anderen Pol der Gesellschaft. Dieses Schicksal ist auch Kosova zugedacht.

Herr Rücker der sich als Privatisierungsmeister in Kosova abfeiern läßt ignoriert völlig den Fakt, dass durch seine "Erfolge" die Zahl der extrem Armen in Kosova von 2002, bis zum Jahr 2006, von 12% auf 18% angestiegen ist. Diese Menschen haben weniger als 1 Dollar pro Tag. Geringfügig mehr zum Lebensunterhalt haben 50% der Menschen. Die Privatisierung wird das Phänomen der Massenarmut nur vergrößern. Als jüngstes Beispiel kann Ungarn herangezogen werden, in dem Land werden die Armen Kranken und die ArbeiterInnen sozial stranguliert, um den EU-Kriterien zwecks Machbarkeit der Gewinnmaximierung zu entsprechen. Dagegen gab und gibt es in Ungarn Massenwiderstand. Der soziale Widerstand steht auch in Kosova auf der Agenda.

Anmerkungen:

Was soll privatisiert werden? Bis 10. Dezember soll die Schlauchfabrik in Ferizaj, verhökert werden. Dem Maximalprofit wird zudem die Weinproduktion in Suhareka, eine Batterie-Fabrik (ein Teil von Trepça) und zwei Magnesiumgruben in den Rachen geworfen.

Erläuterung: Der deutsche Diplomat Joachim Rücker war bis 1. September Chef der KTA und ist jetzt UNMIK Protektoratsleiter