Ein Blick in die bemerkenswerte Gedankenwelt der Salzburger Industriellen

Jan Rybak

Es ist manchmal nicht uninteressant die publizistischen Ergüsse der UnternehmerInnenschaft zu lesen, insbesondere dort wo man davon ausgeht, dass die LeserInnenschaft unter sich bleibt: etwa die „Salzburger Wirtschaft“, der Zeitung der Salzburger Wirtschaftskammer. In der Ausgabe von 25. Mai findet sich unter dem Titel „Salzburger Industrie fordert engagierte Standortpolitik“ der Wunschzettel der „heimischen“ Industriellen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind wenig originell, aber doch sehr bezeichnend:

„Flexibilisierung der Arbeitszeit als Gebot der Stunde“

Angesichts der „demografischen Entwicklung, des drohenden Fachkräftemangels und der schwankenden Auftragslage“ wird eine Flexibilisierung der Arbeitszeit gefordert. Angesichts von 300.000 Arbeitslosen in ganz Österreich, darunter zahlreiche Jugendliche, die gerne eine Ausbildung zum/r FacharbeiterIn machen würden aber überall abblitzen ist dieses Argument an Zynismus kaum zu übertreffen. Das Argument mit dem „demografischen Wandel“ ist an sich in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit völlig bar jeglichen Aussagewerts. Schon jetzt sind die Arbeitszeiten in Österreich deutlich „flexibler“ als in den meisten anderen EU-Ländern. Schon jetzt sind die Zumutbarkeitsgrenzen für neue Stellen (etwa im Bereich der Fahrtzeiten) „flexibler“ als sonst wo. Bisher ist die Gewerkschaftsführung schon viel zu oft eingeknickt wenn es um „Flexibilisierung“ und „Modernisierung“ (sprich Abbau vernünftiger Arbeitsverträge) ging. Weitere „Flexibilisierung“ würde nur weiter auf Kosten der Beschäftigten gehen.

„Maßvolle Kollektivvertragsabschlüsse“

Auch keine neue Forderung der UnternehmerInnen. In Zeiten des „Aufschwungs“ werden diese gefordert, damit „der Aufschwung nicht zusammenbricht“ in Zeiten der Krise, damit „man aus der Krise wieder herauskommt“. Beide Argumentationen sind an sich völlig lächerlich und bedeuten nur, dass die UnternehmerInnen de facto Löhne kürzen wollen um ihren Profit zu erhöhen. Bemerkenswert ist die Argumentation von Industriellenvereinigungs-Präsident Rudolf Zrost, die niedrigen Abschlüsse seien notwendig um „auch künftig mit den Produktionsstätten im Osten, in Asien und Lateinamerika mithalten [zu] können.“ Nicht nur, dass Zrost die Löhne offenbar auf asiatisches Niveau drücken will, er ignoriert auch vollends die Tatsache, dass es die UnternehmerInnen sind, die abwandern um an anderen Orten günstiger produzieren (= noch mehr Profit rausholen) zu können und keinE ArbeitnehmerIn in Österreich je einen Betrieb aufgefordert hat abzuwandern. Um was es sich hier handelt ist nichts anderes als ein Erpressungsversuch.

„Glück ist nicht gleich Glück“

Am Ende wird der Artikel philosophisch. Er zitiert Konrad Paul Liessmann, einen Philosophen und Bildungswissenschaftler, der jüngst einen Vortrag am Salzburger Industrietag hielt. Das Problem der heutigen Gesellschaft sei, dass „Glück zu einem Normalzustand gemacht und daraus ein Recht auf Glück abgeleitet werde.“ Nun entzieht es sich meiner Kenntnis, ob die Wirtschaftskammer Arbeitszeiten bei denen es auch möglich ist Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen oder Löhne, die zumindest ausreichen um die Grundbedürfnisse abzudecken (und zwar bei Salzburger, nicht lateinamerikanischen oder asiatischen Lebenserhaltungskosten) als „Glück“ einordnen würde. Offenbar wird den Menschen, die solche Grundrechte einfordern, diese abgesprochen. Wo kämen wir denn da hin, wenn ArbeitnehmerInnen „ein Recht“ auf irgendetwas hätten?