Arbeitszeitverkürzung: Seit 40 Jahren nichts neues!

Flexibel bis zum Umfallen
Claudia Sorger

Zum ersten Mal seit langem verzichtete die Unternehmerseite bei der Herbstlohnrunde auf eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Kein Wunder! In Österreich ist diese bereits derart flexibel geregelt, dass kaum noch Bedarf dafür besteht. In der Vergangenheit haben die Gewerkschaften einen Kniefall nach dem anderen gemacht. Einschneidend war die Novelle zum Arbeitsruhegesetz 1997, mit der die Sonn- und Feiertagsarbeit liberalisiert wurde. In der Novelle 2007 wurden Möglichkeiten zu einer Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf zehn, der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden und einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit „in besonderen Fällen“ auf 60 Stunden für insgesamt fast ein halbes Jahr geschaffen. Außerdem wurde die Zulässigkeit von zwölf Stunden Schichten als Normalarbeitszeit eingeführt.

Und tatsächlich gehören die österreichischen ArbeitnehmerInnen zu den flexibelsten in der gesamten EU mit Spitzenwerten bei Teilzeitbeschäftigten und Überstunden. 2010 leistete mehr als ein Fünftel der Unselbständigen durchschnittlich 8,2 Überstunden pro Woche.

Flexibilisierung sichert Arbeitsplätze?

Das behaupten die UnternehmervertreterInnen. Tatsächlich kam es zu einer Zunahme von prekären Jobs und einer Reduktion der Vollzeitstellen. Wer profitiert, sind die Unternehmen, wenn sie die Arbeitskräfte je nach Auftragslage einsetzen können, ohne Zuschläge für Überstunden zu bezahlen oder in auftragsstarken Zeiten zusätzliches Personal einzustellen. Dass die Gewerkschaften im Vorfeld der Herbstlohnrunde seit langem wieder einmal über die Notwendigkeit von Arbeitszeitverkürzung gesprochen haben, ist positiv. Darüber hinaus ist leider nichts passiert. So liegt es mittlerweile schon 40 Jahre zurück, dass die gesetzlich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden auf 40 Stunden reduziert wurde. Und die in vielen Branchen kollektivvertraglich festgelegte Arbeitszeit von 38,5 Stunden ist seit 25 Jahren unverändert. Was wir jetzt brauchen ist eine Bewegung von ArbeitnehmerInnen, die Druck auf die Gewerkschaftsspitze ausüben kann und für eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn kämpft - für mehr Jobs und für mehr Zeit zum Leben.

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