Antikriegsdemonstration von israelischen JüdInnen und PalästinenserInnen von der israelischen Armee angegriffen

ein Augenzeugenbericht

4.000 Menschen, PalästinenserInnen und JüdInnen, nahmen an einer Demo an der A-Ram-Zufahrt zum Kontrollposten der israelischen Armee am Eingang von Ramallah am Mittwoch, 3 April, teil. Das Ereignis, das von radikalen Frauenorganisationen organisiert wurde, sollte ein stiller Aufzug sein, dem Lastwagen mit Vorräten für die belagerten palästinensischen Gebiete folgen sollten, berichtet Rotem, ein Mitglied von Maavak Sozialisti (CWI-Sektion in Israel).

Der A-Ram-Kontrollposten teilt ein palästinensisches Wohngebiet in zwei Teile und viele AnwohnerInnen von der israelischen Seite des Kontrollpostens nahmen an dem Aufzug teil. Er wurde von der israelischen Armee gestoppt, sobald wir den Kontrollposten erreichten. Wir setzten die friedliche Demonstration fort. Nur Frauen durften an der Spitze der Demonstration sein (die Entscheidung der Organisatorinnen).

Zum ersten Mal seit dem Beginn der Intifada waren neue jüdische AktivistInnen auf dem Protest. Ein erfahrener Aktivist sagte: "Ich habe die meisten Gesichter nie vorher gesehen, die meisten von ihnen waren nie auf einer linken Demo". Das stimmte. Viele gingen zum ersten Mal in ihrem Leben auf eine linke Demo und viele andere zum ersten Mal nach mehr als zwanzig Jahren.

Während einem Gespräch mit einem Protestierer erkannten wir, dass trotz des Krieges viele PalästinenserInnen keine Illusionen in die Palästinenserbehörde haben. Manche von ihnen waren seit Jahren arbeitslos. Ein palästinensischer Demonstrant erklärte, "Ich bin jetzt seit zwei Jahren arbeitslos. Ich habe einen verwundeten Jungen zu Hause und kann meinem Kindern kein Sicherheitsgefühl geben. Wir müssen hier zusammenleben, aber die Führungen können uns kein friedliches Leben geben, nur die einfachen Leute können Frieden bringen. Es muss von unten kommen. Individueller Terror treibt die jüdischen Massen in die Hände der Nationalisten".

Die israelische Armee greift die Demo an

Als dieses Gespräch endete ging ich so weit nach vorne wie es Männern erlaubt war. Binnen einer Minute sah ich Leute von der Spitze wegrennen - das war das Ende des friedlichen Protests. Die israelische Armee fing an, die Demo mit Schockgranaten und Tränengas anzugreifen. Die Demo sammelte sich ein paar hundert Meter vom Kontrollposten wieder. Als alle dachten, dass der Angriff vorbei sei, fing er von neuem an, diesmal schloss sich eine große Einheit der israelischen Polizei der Armee an. Bald konnte man sehen, dass 4.000 Menschen mit Zwiebeln in ihren Händen rannten [Zwiebeln werden als Gegenmittel gegen die Wirkungen des Tränengas verwendet]. Aber an der nächsten Kreuzung wartete eine weitere Polizeieinheit mit Gasgranaten und Knüppeln, so rannten die DemonstrantInnen direkt in das Gas. Fast alle ProtestierInnen waren schon verletzt worden, als die Polizei anfing, die Demo mit Schlagstöcken anzugreifen.

Mehr als zwanzig DemonstrantInnen wurden verwundet. Ein palästinensischer Demonstrant zeigte uns das Blut an seinen Hosen (fast an seinem ganzen Bein) und sagte uns, was die Polizei mit seinem Freund gemacht hatte: "Sie haben ihn auf die Straße gestoßen und angefangen, ihn mit Knüppeln zu schlagen". Die Polizei ließ die SanitäterInnen zwei Stunden lang nicht den DemonstrantInnen Hilfe bringen.

Trotz der Unterdrückung kann diese Demo der Beginn einer ernsthaften Protestbewegung gegen den Krieg sein. Aber sie wird nicht auf pro-Oslo-Organisationen wie 'Peace Now' beruhen, die an der Demo teilnahm.

Viele Leute auf dem Protest hofften auf eine Lösung. Die hohen Kosten von Scharons Krieg werden zum Wachstum dieser Gruppe führen und SozialistInnen Gelegenheit bringen, eine Lösung anzubieten: ein sozialistisches Israel neben einem sozialistischen Palästina als Teil einer freiwilligen sozialistischen Föderation des Nahen Ostens.

Diese Lösung kann nur durch einen Massenkampf der jüdischen und palästinensischen ArbeiterInnen erreicht werden.

Die GenossInnen von Maavak Sozialisti werden den Kampf gegen die Besetzung fortsetzen und eine sozialistische Alternative und Strategie für die Antikriegsbewegung anbieten.

Rotem, Jerusalem, 3. April 2002