19.6. Demonstration gegen Erdogan: Die österreichische Regierung und die FPÖ sind die besten Wahlhelfer für Erdogan!

Stellungnahme von Sonja Grusch bei der Pressekonferenz des „Demokratischen Bündnisses gegen Erdogan“

Als ÖsterreicherInnen werden wir an den Protesten gegen Erdogan aus zwei Gründen teilnehmen:

  1. Aus Solidarität mit den AktivistInnen von Gezi, den Bergleuten und ihren Familien von Soma, den GewerkschafterInnen des Tekel-Streiks, KurdInnen und allen anderen Unterdrückten in der Türkei.
  2. Weil die Politik von Erdogan eine Richtung anzeigt, in die sich auch die österreichische etablierte Politik bewegt.

Zur Bewältigung der Wirtschaftskrise setzt Erdogan auf einen High Speed Kapitalismus mit hohen menschlichen Kosten. Die vielen Arbeitsunfälle in der Türkei sind der Blutzoll, den die türkischen ArbeiterInnen für die Modernisierung der Wirtschaft zahlen müssen. Österreichische Firmen haben damit kein Problem, tatsächlich gehören österreichische Unternehmen zu den wichtigsten Investoren in der Türkei. Genau jene Unternehmen, die sich auch hierzulande über Arbeitsschutzbestimmungen beschweren, bzw. sich darüber hinwegsetzen, profitieren auch in der Türkei davon und fordern z.B. hierzulande die Verlängerung der täglichen Maximalarbeitszeit auf 12-Stunden. Dieselbe neoliberale Richtung also.

Erdogan steht für repressive Politik, für die brutale Niederschlagung von Protesten, für Zensur und Verfolgung von Oppositionellen. Die österreichische Politik geht in dieselbe Richtung. Auch hierzulande werden am 1. Mai linke Demonstrationen angegriffen, wird versucht, KritikerInnen mit Anti-Mafia-Paragraphen u.ä. einzuschüchtern, wird mit Polizeibrutalität gegen Demonstrationen vorgegangen. Das Ausmaß hat hierzulande noch keine türkische Dimension, aber die Richtung ist dieselbe.

Selbst beim religiösen Fundamentalismus gibt es Ähnlichkeiten. Auch in Österreich marschieren religiöse (hier sind es halt christliche) FundamentalistInnen gemeinsam mit Faschisten unter dem Schutz der Polizei. Auch hierzulande sitzen religiöse FundamentalistInnen im Parlament, ja sogar in der Regierung.

Österreich ist nicht die Türkei, das Ausmaß der Angriffe auf demokratische Grundrechte und auf Rechte der ArbeiterInnenbewegung sind ist hierzulande NOCH geringer. Aber die Richtung ist dieselbe und im Zuge der Vertiefung der Wirtschaftskrise wird eine weitere Annäherung stattfinden. Wenn die österreichische Politik über den Erdogan-Besuch unglücklich ist, dann nicht wegen seiner Inhalte und nicht wegen seiner Methoden. Gäbe es ernsthaft Kritik am Regime Erdogan, dann müssten die Menschen, die von diesem Regime bedroht und verfolgt werden, in Österreich das Recht auf Asyl bekommen. Das ist aber nur in ganz wenigen Ausnahmefälle so, die meisten werden abgeschoben.

Tatsächlich sind die österreichische Regierung, aber auch die FPÖ, die besten Wahlhelfer für Erdogan weil sie eine ganze Bevölkerungsgruppen in Österreich systematisch diskriminieren und es Erdogan & Co. damit überhaupt erst ermöglichen, sich als „Vertreter“ der hierzulande lebenden türkisch/kurdisch-stämmigen Menschen aufzuspielen. Wer ernsthaft etwas gegen Erdogan und seine Politik tun will, muss für volle soziale und demokratische Rechte aller in Österreich lebenden Menschen eintreten – volles Wahlrecht und voller Zugang zum Arbeitsmarkt. Arbeitszeitverkürzung und Mindestlohn um Schwarzarbeit und Lohndrückerei zu verhindern. Mehr Geld für Schulen und Kindergärten um soziale, und damit auch ethnische Diskriminierung zu bekämpfen.

Und genau deshalb ist der ÖGB als größte Organisation der in Österreich lebenden ArbeitnehmerInnen auch aufgefordert, die Demonstration am Donnerstag den 19. Juni aktiv zu unterstützen!

https://www.slp.at/termine/kundgebung-gegen-erdogan

https://www.slp.at/termine/demonstration-gegen-erdogan