“Dass bei Veloce gestreikt wurde, hat damit zu tun, dass es sehr viele Streiks gegeben hat.”

Im April und Mai gab es beim Botendienst Veloce den ersten Streik von Freien DienstnehmerInnen. Sie traten dreimal – zuletzt unbefristet – in den Streik. Über ihre Erfahrungen sprach Sonja Grusch mit Tonga, einer der SprecherInnen.

VORWÄRTS: Ihr seid Freie DienstnehmerInnen (FD) – bringt das Vorteile?
Tonga: Es gibt die Illusion von Freiheit – je länger man dabei ist, umso mehr kommt man aber drauf, dass es ein Job wie jeder andere ist, bis auf die Bewegung. Wir sind völlig abhängig von der Firma. Klar können wir Aufträge ablehnen, nur leisten kann sich das niemand. Die Firmenleitung versucht das auch zu spielen, so “Betriebsräte, so was brauchen wir doch nicht, das ist doch veraltet”. Sie sieht das nicht gerne, dass sich die Fahrer jetzt organisieren.

VORWÄRTS: Der Streik ist vorläufig vorbei, ihr seid wieder eingestellt und es wird verhandelt - ein Erfolg?
Tonga: Es gibt zwar regelmäßig Gespräche, aber da bewegt sich nicht viel. Von den Forderungen ist bisher keine erfüllt worden. Es kann sein, dass es nur eine Hinhaltetaktik ist, weil jetzt haben wir eine der umsatzstärksten Zeiten ,in den Sommerferien ist immer viel weniger los. Wir haben bald die Betriebsratswahl, aber das akzeptiert der Geschäftsführer auch nicht und entfernt die Aushänge immer wieder. Der Erfolg ist aber, dass die Fahrer mehr Selbstbewusstsein bekommen haben. Wir kennen uns jetzt untereinander besser, es gibt regelmäßig Fahrerversammlungen. Am Anfang haben viele gedacht, wir werden einfach ersetzt, aber das war nicht möglich. Wir haben bemerkt, dass wir was bewegen können. Die Reaktionen von anderen waren total super. Alle die uns darauf angesprochen haben waren sehr interessiert und  haben gemeint, lasst euch nichts gefallen, macht’s weiter.

VORWÄRTS: Welche Bedeutung haben die Streiks 2003 für Euch?
Tonga: Da waren einige Leute von uns mit Pickerln “Solidarität mit den Streikenden” unterwegs. Aber das war damals nicht so meine Sache. Die Stimmung ist heute anders als früher, es hat ja immer wieder die Idee gegeben sich zu organisieren. Aber damals ist das Wort Streik nie in den Mund genommen worden. Das wir jetzt gestreikt haben hat sicher auch damit zu tun, dass es sehr viele Streiks gegeben hat. Es wird sich nie was zum positiven ändern bei diesen Beschäftigungsverhältnissen, wenn sich die Leute nicht organisieren.

Fakten & Hintergründe

Freie DienstnehmerInnen: ASVG-Unfall, - Kranken und Pensionsversicherung, aber mit Einschränkungen, z.B. Kein Krankengeld, keine Arbeitslosenversicherung, kein Urlaubsanspruch und weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld. Es gilt kein Kollektivvertrag. Es gibt keine AK-Mitgliedschaft und bisher kein Recht auf die Wahl eines Betriebsrates.

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