Über den Wahlerfolg der KPÖ in der Steiermark und die Frage von einer sozialistischen Arbeiterpartei

Ablehnung von Mietwucher bringt Stimmen
John Evers

Mit 44.247 Stimmen und 6,3 Prozent für die KPÖ bei den steirischen Landtagswahlen am 2. Oktober zog diese nicht nur erstmals seit 1969 wieder in ein Landesparlament ein. Die Kommunistische Partei Österreichs erreichte dort gleichzeitig das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte.

Seit Jahren thematisiert die KPÖ vor allem in der Landeshauptstadt Graz den Mietwucher und die Privatisierung kommunaler Einrichtungen. Besonders populär ist der Fraktionsführer Ernest Kaltenegger. Dieser hatte bereits als Grazer Gemeinderat nicht nur unermüdlich als Anlauf- und Beratungsstelle vor allem in Mietfragen fungiert. Unter seinem seit Jahren verwendeten Kampagnenslogan „Helfen statt reden“ hat er den Großteil seines Politikereinkommens – 2004 über 64.000 Euro – als Zuschuss für Heizkosten und ähnliche soziale Notfälle verwendet; selbst fährt er Skoda und lebt von 1.800 Euro im Monat.

Der KPÖ war es mit dieser Linie auch in den neunziger Jahren gelungen, in der Landeshauptstadt und einigen anderen Gemeinden ein Faktor in der Kommunalpolitik zu bleiben. Während die steirische KPÖ bei den letzten Landtagswahlen im Jahr 2000 mit knapp einem Prozent auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie die Bundespartei (Nationalratswahlen 2002: 0.6 Prozent) lag, erhielt sie in Graz 1998 bereits fast acht Prozent. 2003 erfolgte dann mit über einem Fünftel der Stimmen in der steirischen Landeshauptstadt der erste Erdrutschsieg.

Möglichkeiten und Grenzen des Erfolges

Die Wahlanalysen zeigen das Potenzial, aber auch die Grenzen des KPÖ-Erfolges auf: Gewonnen wurden, neben vielen „NichtwählerInnen“, vor allem Stimmen von der konservativen ÖVP und der rechtsextremen FPÖ. Beide Parteien befanden sich zum Zeitpunkt der Wahl im direkten Sinkflug: Die ÖVP ist auf Landesebene in einen Korruptionsfall verwickelt. Vor allem aber die FPÖ war seit ihrem Regierungseintritt auf Bundesebene im Jahr 2000 in der Dauerkrise – sie flog nun aus dem Landesparlament.

Im Gegensatz zu anderen Wahlen in Österreich ist es mit dem steirischen KPÖ-Erfolg aber gelungen, Protest gegen Establishment und Regierung in Stimmen für eine Kraft links von SPÖ und Grünen umzumünzen: Selbst in jenen steirischen Dörfern, wo die gesamte Gemeinde am Wahlsonntag beim Kirchgang versammelt war, finden sich nun plötzlich zwei bis vier Prozent „KommunistInnen“. Gleichzeitig ist das ein Hinweis auf die Instabilität dieses Erfolges, vor allem auch des Drucks aus zum Teil sehr konservativen Schichten, dem die KPÖ ausgesetzt ist. Die entscheidende Frage ist daher, wie die KPÖ in der Steiermark ihr – für österreichische Verhältnisse – sensationelles Abschneiden umsetzt.

Helfen oder kämpfen statt reden?

Wohnen, Privatisierung, Politikerprivilegien und EU-Kritik – aber nicht das Aufzeigen von grundlegenden Alternativen – das sind die Themen der KPÖ. Der Sozialismus ist für die steirischen KommunistInnen lediglich ein Fernziel. Auf die Frage, was jetzt gegen den Kapitalismus zu tun ist, gibt ein Aktionsprogramm nur bedingt Auskunft: Dort werden eine Reihe wichtiger Reformen (Arbeitszeitverkürzung, Rücknahme von Privatisierungen...) gefordert – ohne allerdings zu sagen, wie diese finanziert beziehungsweise durchgesetzt werden können. Ebenso versucht die KPÖ Steiermark in ihrer Tagespolitik in erster Linie, nicht selbst Betroffene zum Widerstand gegen Sozialabbau zu mobilisieren und tritt zudem in extremer Weise als spezifisch „steirische“ Partei auf. Bereits die Überschriften der Wahlkampfplakate und Publikationen wie „Die EU kommt uns zu teuer“, „Die Steiermark wird frei“ und eben „Helfen statt reden“ drücken ein Selbstverständnis aus, das nicht unbedingt für Widerstand, internationale Solidarität und Sozialismus steht.

Ein Schritt in Richtung neuer Arbeiterpartei?

Der erste Akt den die steirische KPÖ im Landtag setzte, war den SPÖ-Politiker Voves, der als Chef einer mit der ÖVP gebildeten Großen Koalition antrat, zum Landeshauptmann mit zu wählen. Dies ist besonders skandalös, weil die SPÖ in der Steiermark schon bisher Bestandteil der Landesregierung war und deren – auch von der KPÖ kritisierte – Politik mitgetragen hat. Vorher hatte sich die KPÖ sogar demonstrativ gesprächsbereit gegenüber allen Kräften gegeben und sogar eine Koalition mit der ÖVP nicht kategorisch ausgeschlossen. Dieses staatstragende Auftreten, welches im krassen Widerspruch zu den Aufgaben einer sozialistischen Opposition steht, hat leider eine lange Tradition im rot-weiß-roten „Kommunismus“ und stellt ein echtes Hindernis im Neuformierungsprozess für eine neue Arbeiterpartei dar, die auch in Österreich dringend notwendig wäre. Darüber hinaus nützt die KPÖ-Steiermark vor allem aber ihre starke lokale Position nicht, um solche Prozesse bundesweit voranzutreiben, sondern beschränkt ihren politischen Radius im Wesentlichen auf die steirischen Landesgrenzen. Was trotzdem noch abzuwarten bleibt, ist, wie sich die intern durchaus uneinheitliche steirische KPÖ weiter entwickelt. Nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit der Bundes-KPÖ, deren Integration in die EU-konforme „Europäische Linke“ sie ablehnt, könnte sich als heftige Belastungsprobe erweisen.

Dieser Artikel wurde für die Solidarität, die Zeitung der SAV, der deutschen Schwesterorganisiation der SLP, geschrieben.