Mi 28.08.2019
Im Juli wurden enorm besorgniserregende Nachrichten veröffentlicht: Es wird geschätzt, dass seit Beginn dieses Jahres, als Jair Bolsonaro Präsident Brasiliens wurde, der Amazonas pro Minute eine Waldfläche verliert, die einem Fußballfeld entspricht. Diese Informationen wurden nun von einer noch dunkleren Realität überholt. Die unzähligen Brände, die in den letzten Wochen im Regenwald ausgebrochen sind, zerstören äußerst wichtige Ökosysteme und treiben die Entwaldung im Amazonasgebiet weiter voran.
Die Verluste
Es ist nicht nur der Himmel in den brasilianischen und anderen lateinamerikanischen Großstädten, der vom Rauch schwarz gefärbt wurde; wir sehen die dramatischen Auswirkungen auf die Atmosphäre, nicht nur durch die Brände selbst, sondern auch durch die Zerstörung eines Waldes, der große Mengen an Kohlendioxid absorbiert. Wir sehen die Auswirkungen auf das Klima der Region, das vom Amazonas-Regenwald und vom Labyrinth der Flüsse und unterirdischen Bäche abhängt; aber auch den Verlust eines bedeutenden Teils der einzigartigen Artenvielfalt des Regenwaldes. Um das Ausmaß dieser Zerstörung zu verstehen, genügt es zu wissen, dass laut einem Artikel aus dem Jahr 2017 alle zwei Tage eine neue Pflanzen- oder Tierart im Amazonas-Regenwald entdeckt wird. Mit den riesigen Bränden, die heute den Amazonas zerstören, verlieren wir also Arten, von deren Existenz wir nie wissen werden. Einige von ihnen könnten möglicherweise aufgrund ihrer heilenden Eigenschaften nützlich für die Menschheit sein. Andere haben vielleicht eine Schlüsselrolle für den Ausgleich der Nahrungskette gespielt und ihr Aussterben wird das vieler anderer Arten befördern.
Ein Angriff auf die indigene Bevölkerung
Neben den Auswirkungen auf Pflanzen und Tieren gibt es natürlich auch die auf Menschen. Es sind nicht nur zukünftige Generationen weltweit, die indirekt und langfristig von dieser Katastrophe betroffen sein werden, sondern auch unmittelbar die Menschen, die heute im Amazonas-Regenwald leben. Es gibt indigene Stämme, die weiterhin dort bleiben, den Wald schützen und deren Existenz von diesem abhängt. Einige dieser Stämme werden gemeinsam mit der Natur der Region verschwinden, ohne dass uns ihre Existenz jemals bekannt sein wird.
Diese Bevölkerungsgruppen sind nicht nur für ihr großes kulturelles Erbe bekannt, sondern auch für ihre großen Kämpfe gegen die verheerende „Wachstumsepidemie“ im Amazonasgebiet. Eine der bedeutendsten Figuren dieses Kampfes war Chico Mendes, der 1988 ermordet wurde, weil er versucht hatte, die indigene Bevölkerung gegen die Zerstörung des Regenwaldes zu organisieren, der ihre Heimat und ihre Überlebensquelle war. Heute setzen seine Mörder (die großen Landwirtschafts- und Minenunternehmen und die Regierungen, die ihnen dienen) ihre zerstörerische Arbeit fort, indem sie den Amazonas verbrennen.
Ein „störender“ Wald
Meistens ist es bei Waldbränden notwendig, vorsichtig zu sein und konkrete Beweise zu haben, bevor man über Brandstiftung oder sogar von bewusst geplanten Bränden spricht. Aber im Fall der Amazonaswälder, die seit Jahrzehnten vom Profitinteresse der Großunternehmen bedroht werden, und vor allem angesichts der Tatsache, dass an verschiedenen Orten gleichzeitig unzählige Brände ausgebrochen sind, wäre es naiv von einem Zufall zu sprechen. Die Bulldozer bewegten sich zu langsam für die kapitalistischen Interessen, also kamen die Flammen gelegen, um das Gebiet zu räumen.
Aber warum wird der Amazonas zerstört? Was wollen diejenigen, die das Herz dieses „nutzlosen“ Waldes angreifen? Seit einiger Zeit stören Öl- und Goldunternehmen zunehmend indigene Gemeinschaften, die die Wälder des Amazonas schützen. Große Landwirtschafts- und Viehzuchtunternehmen träumen davon, noch mehr Wald in Weiden umzuwandeln. Der größte Teil des Regenwaldes wird als nichts anderes angesehen: Als Fläche für immer mehr neue Felder. Aber wie viele Felder brauchen wir auf dem Planeten? Sind ihnen die vorhandenen nicht genug? Immerhin ist die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes nicht neu, sondern dauert schon seit vielen Jahrzehnten an.
Felder für den Einmalgebrauch
Nein, die Felder reichen ihnen nicht aus, denn der Boden des Amazonasgebiets ist nicht für die Sojaproduktion geschaffen. Er eignet sich für die Erhaltung tropischer Wälder, hat aber wenig Nährstoffe, die für die landwirtschaftliche Produktion benötigt werden. So wird nach ein bis zwei Jahren Produktion das „Feld“ unbrauchbar. Also suchen die Lebensmittelunternehmen bald schon wieder nach einem anderen Feld in einem ebenso unpassenden Ort im Amazonasgebiet. Jahrhunderte der Naturgeschichte, unbezahlbare natürliche Ressourcen, kulturelles Erbe, unerschlossene Artenvielfalt und Menschenleben werden zerstört, um ein oder zwei Jahre landwirtschaftlich zu produzieren. Das fasst die ganze Absurdität des kapitalistischen Systems zusammen.
Bolsonaro: Ein effektiver Politiker für das Kapital
Wenn die Situation nicht so tragisch wäre, wäre sie fast zum Lachen. Der brasilianische Präsident, der vom ersten Tag seiner Amtszeit an deutlich machte, dass der Amazonas-Regenwald ein Hindernis für die großen Unternehmen ist, deren Interessen er vertritt, schreibt die Brände den in der Region aktiven Umweltorganisationen zu! Gleichzeitig hat er selbst das Schicksal des Amazonas in die Hände der Großunternehmen gelegt, die mit ihrem Profitinteresse die Weltwirtschaft beherrschen. Es gibt nur einen Ausweg aus diesem Wahnsinn: Wir müssen den Kapitalismus stürzen, oder er wird uns zerstören.
Weltweit aktiv
Der brennende Regenwald zeigt ebenso wie die Waldbrände in anderen Teilen der Welt die Unfähigkeit der herrschenden Parteien und Regierungen, die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Weltweit gehen Menschen in Protesten auf die Straße. Unzählige nehmen an Aktionen vor brasilianischen Botschaften teil und fordern dass endlich nicht nur geredet wird. Aktivist*innen des CWI sind bei diesen Protesten dabei und schlagen ein Programm vor, dass die Wut in Widerstand gegen die Klimasünder verwandeln kann. Wir weißen auf die Verantwortung der großen Agrar- und Industriekonzerne hin und auf die Notwendigkeit, diese zu enteignen und unter Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Menschen zu stellen. In Brasilien ist die LSR Teil der Proteste und weißt darauf hin, dass die technischen Mittel, um die Produktion nach unseren Bedürfnissen zu planen längst vorhanden sind. Die jetzigen Aktionen sind erst der Anfang für die Klimaproteste im September.