Mi 01.09.2004
Die Angriffe von Regierung und Unternehmen auf die Beschäftigten und Arbeitslosen werden frecher. Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass “die da oben” völlig rücksichtslos drüberfahren. Der ÖGB aber beschränkt sich im wesentlichen auf Presseaussendungen. Für Herbst – wo mit Gesundheits”reform” und Pensions”harmonisierung” die nächsten Angriffe auf den Lebensstandard geplant sind – hat der ÖGB noch keine konkreten Pläne für Widerstand.
Innerhalb des ÖGB wachsen die Spannungen. Ein führender Funktionär einer Fachgewerkschaft, der wegen des wachsenden internen Drucks lieber anonym bleiben möchte, meint dazu: “Im ÖGB gibt es die, die immer noch auf die Sozialpartnerschaft hoffen, und die, die verstanden haben, das sie tot ist. Wir können nur was durchsetzen, wenn wir kämpfen.” Beim jüngsten AUA-Konflikt wurden diese beiden Denkmuster deutlich. Die AUA-Bord-KollegInnen standen, gemeinsam mit ihrer Vertretung in der HTV, für einen kämpferischen Kurs. Wie schon 2003 ließen sie sich auch durch Drohungen nicht einschüchtern und traten am 13. August in einen mehrstündigen Warnstreik. Nachdem von Vorstand und Medien behauptet wurde, es gäbe vom ÖGB keine Unterstützung für den Streik, hüllte sich der ÖGB in Schweigen. Natürlich “dürfen” die KollegInnen auch ohne ÖGB-Unterstützung streiken. Trotzdem wäre es notwendig gewesen, dass der ÖGB umgehend seine volle Unterstützung, inklusive Streikgeld und öffentlicher Solidaritätsaktionen, für den Streik erklärt hätte.
Auf unseren Protest an den ÖGB hin erhielten wir eine Antwort, wo uns Roswitha Bachner, leitende Sekretärin des ÖGB, über die “Aufgaben” des ÖGB informierte. “In erster Linie ist der ÖGB daran interessiert, dass es zwischen den Verhandlungspartnern am Verhandlungstisch zu einer Einigung kommt.” Das wiederholt die Linie von Verzetnitsch, der 2003 meinte, seine Rolle sei die eines Vermittlers zwischen Beschäftigten und Unternehmen. Tatsächlich ist die Aufgabe der Gewerkschaft klar Seite zu beziehen und die Interessen der Belegschaft zu verteidigen. Wir meinen: Nicht zuletzt das Verhandlungsergebnis beweist wie recht die streikenden KollegInnen hatten.
Der ÖGB ist mehr als eine Rechtsschutzversicherung!
Häufig zieht sich der ÖGB auf die rechtliche Ebene zurück und hofft mittels Klagen und Anwälten etwas zu erreichen. Der neugewählte Betriebsrat bei Veloce wurde vom Geschäftsführer geklagt. Die Unternehmensseite wird von der Wirtschaftskammer, die BetriebsrätInnen von der GPA vertreten. Es ist ein Musterprozess, bei dem es um die Frage geht, ob Freie DienstnehmerInnen das Recht auf einen Betriebsrat haben. Zweifellos ist der Prozess wichtig – aber gewonnen werden Kämpfe nicht im Gerichtssaal. Gesetze und selbst Urteile spiegeln immer auch einen gesellschaftlichen Druck wieder. Solchen Druck z.B. in Form in einer Demonstration zu organisieren, wäre auch eine der Aufgabe der GPA. Die “Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften”, ein überfraktioneller Zusammenschluss von GewerkschafterInnen gegen den zahnlosen Kurs des ÖGB, plant für Herbst Aktionen und Veranstaltungen mit dem Ziel, einen Kurswechsel im ÖGB herbeizuführen.