Nulltarif statt Tariferhöhung

Der Standpunkt
Sonja Grusch

Ich besitze zwar einen Führerschein, aber kein Auto. Und bin auch lieber mit “Öffis“ unterwegs. Aber billig ist das nicht. Nun planen die Wiener Linien wieder eine Erhöhung der Tarife. Meine Jahreskarte hat 377,90 gekostet, künftig soll sie gar 400 Euro teuer sein. Im Vergleich dazu der Richtsatz für die Ausgleichszulage (das ist jene Grenze, wo der Staat zugibt, dass jemand arm ist): 630,92 EURO.
Verantwortlich für die geplanten Erhöhungen von bis zu 20 % ist die SPÖ - jene Partei die sich gerne als “sozial” präsentiert und seit 2001 wieder über die absolute Mehrheit im Wiener Gemeinderat verfügt. Die SPÖ hätte die Macht, politisch andere Entscheidungen zu fällen, als die BenutzerInnen der Verkehrsmittel wieder einmal zur Kasse zu bieten. FPÖ und ÖVP motzen zwar ein bisschen, stehen aber selbst für einen Kurs, der Verteuerung bedeutet.
Die Grünen kontern mit dem “Grünen Tarifmodell“ das auf den ersten Blick eine Verbesserung ist: Tarifsenkungen und Berücksichtigung von sozial Schwachen. Finanziert werden soll es einfach durch mehr Fahrgäste. Und hier ist der Denkfehler: Sollen sich Grundeinrichtungen des täglichen Lebens an Marktkriterien orientieren? Müssen sich Wohnungen, Bildung, Gesundheitswesen und Öffentlich Verkehr rechnen? Oder handelt es sich nicht viel eher um Grundrechte?
Der Öffentliche Verkehr muss massiv ausgebaut  werden - die U-Bahnen verlängert, die Intervalle verkürzt, das Netz verdichtet. Und für den gesamten öffentlichen Verkehr muss Nulltarif gelten. Die Finanzierung ist eine politische Frage. Die Gemeinden sind nicht machtlos. Sie können politisch Entscheiden, was subventioniert wird und was nicht. Sie können die Gebühren für Müll, Wasser etc. stark progressiv machen und Unternehmen stärker als Haushalte belasten oder nicht. Sie können Steuern, wie die U-Bahn-Steuer hoch ansetzen, oder als Lappalie (38 Euro pro Jahr/Beschäftigten). Es ist eine Entscheidung die der Gemeinderat, bzw. seine Mehrheit fällt. Die Rathausparteien haben sich - ebenso wie ihre Gegenstücke auf Bundesebene - klar entschieden. Der Markt regiert, der Profit dominiert.

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