Nein zum Europa der Banken und Konzerne

EU-Theater: Wir spielen nicht mit!
John Evers

Schon jetzt ist klar, wer vom österreichischen EU-Vorsitz profitiert und wer zur Kassa gebeten wird. „Für die heimische Wirtschaft bedeutet die EU-Präsidentschaft ein Milliardengeschäft“, weiß die Nachrichten-Illustrierte News. Kosten wird das EU-Vorsitz-Theater die Steuerzahler - also uns - rund 350 Milliarden. Finanziert werden damit z.B Österreichfeste in Botschaften, bei denen sich 3.000 erlauchte Gäste an „Germknödeln, Schwammerlgulasch und Marillenschnaps“ erfreuen dürfen. Was uns die Regierung im Zuge der Sparpakete weiß machen wollte - nämlich daß es überhaupt kein Geld mehr gibt - wird dadurch mehr als eindeutig als Lüge entlarvt: Denn Geld ist offensichtlich genug da. Es ist nur in den falschen Händen!
Der Auftakt zum österreichischen EU-Vorsitz wurde fast zur Katastrophe: Ein Kran stürzte zu Beginn des Regierungsspektakels am Wiener Heldenplatz auf die TeilnehmerInnen. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Weniger Glück hatten die Beschäftigten des Speditionskonzerns Panalpina: Während sich die Regierung feiern ließ, kündigte die Konzernleitung an 2/3 der Belegschaft abzubauen. Über 570 KollegInnen reihen sich damit in ein Heer von rund 300.000 Arbeitslosen in Österreich und 20 Millionen Beschäftigungslosen im EU-Europa ein.

Das EURO-Märchen-Buch

Im „EURO-Buch“ (eine Initiative der österreichischen Bundesregierung) lautet die Kernthese: Der EURO wird dazu beitragen, „die Arbeitsplätze in Europa abzusichern. Er schafft eine bessere Grundlage zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.“ Ein britisches Forschungsinstitut meint, daß in der EU unter den günstigsten Voraussetzungen 1,5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet werden. „Der EURO bringt arbeitsplatzmäßig wenig. Soweit sind sich alle Experten einig. Auf dem Weg zum EURO bleiben in Österreich 25.000 Arbeitsplätze auf der Strecke.“ Die Bundeswirtschaftskammer bringt es auf den Punkt „Die Arbeitsplatzvernichtung vor dem EURO geht auf Konto diverser Sparpakete der Regierung, um die Maastrichtkriterien zu erfüllen“ (alle Angaben: Standard 22.9.97).
Mit den Sparpaketen wurden nicht nur Arbeitsplätze (vor allem im öffentichen Dienst) vernichtet. Privatisierungen und Ausgliederungen (z.B Post), um angebliche „EU-Reife“ zu erlangen, kosteten ebenfalls tausende Stellen.

Wer ist schuld? Maastricht-Sozialabbau!

Und die Sparpolitik bedeutet auch eine Bestrafung der Arbeitslosen und Diebstahl an allen ArbeitnehmerInnen: Gelder für die sozial Schwächsten - wie die Notstandshilfe - werden nicht an Preissteigerungen angepaßt. Gleichzeitig nimmt die Regierung Jahr für Jahr fast fünf Milliarden aus der Arbeitslosenversicherung um anderswo Löcher zu stopfen - Mittel, welche dann bei Arbeitslosenprojekten fehlen. Was bringt die Zukunft? Von den EU-Regierungen wurden zusätzliche Gelder, um europäische Beschäftigungsprogramme auf die Beine zu stellen, ausdrücklich abgelehnt.

Keine Joboffensive!

Gleichzeitig werden öffentliche Investitionsprogramme - die Arbeitsplätze bringen würden - mit dem Verweis, daß der EURO solche staatlichen Alleingänge unmöglich macht - abgelehnt. Der Vertrag von Maastricht dient auch hier als entscheidende Begründung für eine Politik auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen und sozial Schwachen. Nicht umsonst steht an der Spitze der Verwaltungsstelle dieser Politik - der europäische Zentralbank - ein „knallharter“ Vetreter des Neoliberalismus (GPA-Zeitung Kompetenz).

Friede, Freude, Eierkuchen?

Die meisten Wirtschaftsforscher überbieten sich in positiven Wachstumsprognosen: Bis zu 3 Prozent soll z.B. die österreichische Wirtschaft angeblich zulegen. Werte die angesichts der tiefen Krise in Japan und ganz Süd-Ost-Asien, einer möglichen internationalen Kettenreaktion und der Exportorientierung der österreichischen Wirtschaft mehr als fragwürdig erscheinen. In Deutschland ist hier bereits ein Streit zwischen verschiedenen Instituten ausgebrochen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet zumindest mit einer Verlangsamung des Wachstums in Deutschland: Gründe sind die Krise in Japan und die durch Sparpakete schwache Inlandsnachfrage. Das Problem der Arbeitslosigkeit sieht das Institut in jedem Fall als „erhärtet“ ( Standard 1.7.98). Eine deutliche Abkühlung oder gar Krise in wichtigen europäischen Staaten würde die oberflächliche Einigkeit und das gesamte EURO-Projekt ins Wanken bringen. Bereits jetzt sind deutliche Risse zwischen den Mitgliedsstaaten zu sehen. Rund um die Agenda 2.000 - die das EU-Budget festlegt - ist ein heftiger Streit ausgebrochen. Gegenstand sind die Mitgliedsbeiträge und Ausgleichszahlungen, die „unterentwickelte“ Regionen erhalten. Der angebliche „Einiger Europas“, Helmut Kohl, fordert da plötzlich ganz in nationalistischer Manier die Reduktion deutscher Zahlungen für die EU. Diese lauter werdenden Mißtöne werden wohl auch in den nächsten Monaten immer weniger überspielt werden können - auch wenn die österreichische Regierung Mozart, Strauß und die Sängerknaben mobilisiert.

Rekordgewinne & Streikrekorde

Gewisse Punkte werden jedenfalls garantiert nicht während eines österreichischen EU-Vorsitzes besprochen: Daß von den 20 größten europäischen Unternehmen (Umsatz 1997: 39 bis 935 Milliarden Schilling) vierzehn Konzerne zwischen 1996 und 1999 ein zweistelliges Gewinnwachstum pro Jahr aufweisen! Oder, daß Österreich eine internationale Vorreiterrolle spielt, wenn es darum geht, die Besteuerung genau für diese Kapitalisten nach unten „zu harmonisieren“: Mit konkurrenzlos niedrigen Sätzen bei Einkommens-, Gewinn- und Vermögenssteuern (Vgl. Kompetenz 6/98). KollegInnen in anderen Ländern wehren sich mit Streiks und Demonstrationen - wie z.B in Dänemark - gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau. Der ÖGB schickt bestenfalls Presseaussendungen, in denen er 3,5 Millionen für Arbeitsmarktpolitik von der Regierung fordert. Während die sozialen Probleme und die Angriffe auf ArbeitnehmerInnenrechte steigen, sinkt die österreichische Streikstatistik weiter. Mit nur 5 Arbeitstagen, die zwischen 1990 und 1996 im Jahresdurchschnitt verloren gingen, sind nur noch die japanischen und Schweizer Gewerkschaften untertäniger gegenüber den Unternehmern. Der ÖGB hat Anfang Juli immerhin zu einer Kundgebung während der EU-Sozialministerkonferenz in Tirol aufgerufen - Ein Tropfen auf den heißen Stein, der weit hinter den Möglichkeiten bleibt, die die Gewerkschaft hätte, um der Regierungsshow wirklich etwas entgegenzusetzen.

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