Marxismus und Bündnisse: Einheit im Kampf

David Mum

Die Frage, mit welchen Kräften MarxistInnen Zusammenarbeit zur Erreichung gemeinsamer Ziele anstreben, ist eine, die von gesellschaftlichen bzw. politischen Faktoren abhängt. In verschiedenen gesellschaftlichen Situationen ergeben sich unterschiedliche Ziele aus denen dann Bündnisse ableitbar sind.
Am Ende des 19. Jahrhunderts stand die Bildung von unabhängigen Parteien der Arbeiterklasse auf der Tagesordnung, um die Interessen der Arbeiterklasse politisch und organisatorisch unabhängig vertreten zu können. In diesen Parteien existierte, neben dem Kampf für (soziale und politische) Reformen, Einigkeit über das Ziel einer sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht jedoch über den Weg dorthin.
Der erste Weltkieg und die revolutionäre Situation, die ihm folgte machte aus einstigen GenossInnen erbitterte Gegner. Rechte SozialdemokratInnen gaben den Internationalismus preis und befanden sich auf Seiten der jeweiligen nationalen Imperialistenklasse und bekämpften nach dem Krieg alle Ansätze einer sozialistischen Revolution. Diese zugespitze politische Situation, in der nach dem Krieg die Macht der Kapitalisten auf sehr dünnen Beinen stand, machte für MarxistInnen die Frage Revolution Ja/Nein - ein sehr „enger“ Bündnisansatz - zu einer entscheidenden für die Formierung neuer Parteien und Kooperation.  
Angesichts der in den 30er Jahren drohenden faschistischen Gefahr und der Offensive der Reaktion wurde die Bildung einer „breiten“ Einheitsfront aller ArbeiterInnenorganisationen - Gewerkschaften, SozialdemokratInnen, KommunistInnen, Links-oppositioneller - zu einer elementaren Überlebensfrage der ArbeiterInnenbewegung. Ihr Nichtzustandekommen war eine wesentliche Ursache für die Machteroberung der Faschisten.
In Spanien fielen bei Beginn des spanischen Bürgerkriegs 1936 beide Faktoren zusammen: auf den faschistischen Putsch des General Franco reagierte die ArbeiterInnenklasse mit Aufständen, Fabriksbesetzungen und dem Beginn der sozialistischen Revolution. MarxistInnen unterstützten die revolutionäre Bewegung der ArbeiterInnen die nicht nur die Faschisten selbst, sondern auch deren gesellschaftliche Basis bekämpfte. Die Stalinisten gingen lieber mit der an die Wand gedrängte Bourgeosie eine „Volksfront“ ein und stärkten damit wieder die bürgerliche Ordnung.
Die Situation seit dem Zusammenbruch des Stalinismus und der Offensive der Kapitalisten gegen ArbeitnehmerInnenrechte, Löhne und soziale Sicherungssysteme stellt die Linke vor Aufgaben, die sie zu neuen Organisationsformen drängen muß. Sozialdemokratische Parteien tragen die neoliberale Offensive großteils mit. Es stellt sich daher die Notwendigkeit einer Einigung jener linken Kräfte, die gegen das Kapital Widerstand leisten wollen.
Da heißt konkret die prinzipielle Ablehnung (z.B. parlamentarisch, auf Gewerkschaftsebene,...) von Maßnahmen, die die ArbeiterInnen und sozial Schwache schlechter stellen. Viele Organisationen links der Sozialdemokratie lavieren oft in solchen Fragen (Linkspartei Schwedens, PDS in der BRD, RC in Italien) bzw. gehen angesichts des Druckes der neoliberalen Offensive rasch nach rechts. Letzters gilt vor allem für die Entwicklung der europäischen Grünen.
Aber die linken Kräfte, die hier Übereintimmung haben, haben die Aufgabe, ihre Kräfte zu vereinen, indem sie gemeinsam als politischer Faktor in Erscheinung treten. Das bedeutet nicht die Auflösung ihrer Organisationen, wo sonst politische Unterschiede bestehen (z.B. die Frage der Revolution), sondern Zusammenarbeit in und gemeinsames politisches Auftreten als Dachorganisation/partei bei Übereintimmung über die konkret hier und jetzt gestellten Aufgaben. Ein Sektierertum bzw. die Nichtbereitschaft zu konkreten Aktivitäten trotz verbaler Zustimmmung werden die Linke weiter schwächen und als irrelevant erscheinen lassen.

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