Maastricht II: Das Kürzen geht weiter!

Sonja Grusch

14. Juni, Amsterdam: Regierungsvertreter der EU-Mitgliedsstaaten diskutieren über den EURO, die Konvergenzkriterien, den Stabilitätspakt und radeln munter auf ihren neuen Fahrrädern (Geschenke der Stadt Amsterdam) durch die Gegend. Gleichzeig demonstrieren 50.000 Menschen aus ganz Europa gegen ebendiese EU und fordern Maßnahmen gegen die Massenarbeitslosigkeit.
Nach den Renault-ArbeiterInnen, die über alle Ländergrenzen hinweg gemeinsam gegen die Konzernführung gekämpft hatten, war diese Groß-Demonstration in Amsterdam ein weiterer Schritt in Richtung Internationalisierung des Widerstandes. Und das ist angesichts der Ergebnisse der Regierungskonferenz („Maastricht II“) auch bitter nötig.
Im Mittelpunkt stand die Diskussion zur Arbeitslosigkeit und deren Bekämpfung. Die SozialdemokratInnen der verschiedensten Länder hatten vollmundig erklärt, daß zum Stabilitätspakt (der ein Instrument für die Währungsunion sein soll und Nicht-Einhaltung der Maastricht-Kriterien bestraft) Ergänzungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hinzukommen müßten. Auch Österreichs Sozialministerin Hostasch hatte noch vor kurzem erklärt, daß Österreich nicht unterschreiben werde, wenn nicht Maßnahmen zu Beschäftigung aufgenommen würden.

Das Papier nicht wert

Der angebliche Kompromiß stellt nun die Regierungsvertreter der verschiedenen Coleurs zufrieden - den Arbeitslosen nützt er allerdings nichts. Tatsächlich haben sich die Vertreter der Wirtschaft (zu denen auch der österreichische Wirtschaftsminister Farnleitner gehört) durchgesetzt. Die Resolution zum Stabilitätspakt zum Thema Arbeitslosigkeit enthält zum einen Allgemeinplätze, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind, und zum anderen Forderungen, die einen Schlag ins Gesicht der europäischen ArbeiterInnenklasse bedeuten. Beispiel: „Daher soll es vorrangiges Ziel sein, eine gut ausgebildete, anpassungsfähige Arbeitnehmerschaft zu schaffen und die Arbeitsmärkte auf den Wandel reagieren zu lassen (...) Soziale Schutzsysteme sollen modernisiert werden, damit sie zu Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum beitragen.“ Damit werden weitere Verschlechterungen durch Deregulierung, Flexibilisierung, Abbau  von ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen, Kürzungen bei Löhnen und Gehältern sowie Sozialabbau angekündigt - Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung hörens und freuen sich! Nun haben sie von der EU den entgültigen Sanktus für ihre Forderungen - von wegen “Sozialunion”. Die SPÖ-VertreterInnen stimmten zu und werden auch diesmal wieder versuchen, das Ergebnis als Erfolg zu verkaufen.

50.000 sind erst der Anfang

50.000 Menschen aus ganz Europa - von Italien bis Finnland, von Portugal bis Tschechien. 50.000 Menschen - mit Job und ohne, junge und alte, HilfsarbeiterInnen und AkademikerInnen, GewerkschafterInnen und solche ohne Mitgliedsbuch - sie alle waren gekommen, um gemeinsam gegen die Massenarbeitslosigkeit zu demonstrieren. Rund 1000 SozialistInnen, vor allem Jugendliche, gingen beim “Komitee für eine Arbeiterinternationale” (CWI) mit. Die Stimmung war kämpferisch und optimistisch. Die Medien stellten die Demonstration allerdings anders dar. Ein paar Linksextreme wären es gewesen, die außer Kiffen und Randale nichts im Kopf hätten. Auch linke Medien, wie die Volksstimme, berichteten in leicht überheblichem Ton und machten sich lustig. Die österreichische Linke hat sich, mit wenigen Ausnahmen, bei der Mobilisierung für die Demo nicht besonders hervorgetan. Trotz Ankündigung gab es in Wien nur wenig Straßenaktionen im Vorfeld (die überwiegende Mehrheit von der SOV) und die Teilnahme in Amsterdam wurde von manchen mit dem Argument „wir sind ja kein Reisebüro“ abgetan. Trotzdem: Alle die dort waren, haben die Luft des Internationalismus geschnupptert und einen Vorgeschmack davon bekommen, was 1998 bei der Regierungskonferenz in Wien möglich ist.

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