Linke Kandidatur nötig

SOV-Bundesleitung

Resolution der SOV-Bundesleitung zur Bundespräsidentenwahl:

  1. Das Amt des Bundespräsidenten ist wie keine andere öffentliche Funktion mit autoritären Vollmachten und Privilegien ausgestattet. Wir treten daher grundsätzlich für die Abschaffung dieses Amtes ein. Diese prinzipielle Ablehnung kann allerdings für SozialistInnen nicht bedeuten, diese - für viele ArbeitnehmerInnen als wichtig empfundene - Wahl zu ignorieren.
  2. Der ÖVP-Kandidat Klestil ist für uns ebenso selbstverständlich unwählbar wie Heide Schmidt, Herr Nowak von der rechten Tarnliste der „Neutralen“, Großunternehmer Richard Lugner oder einE FPÖ-KandidatIn.
  3. Die Tatsache, daß die SPÖ keineN eigeneN Kandidatin/en nominiert, wird von vielen ArbeitnehmerInnen und GewerkschafterInnen als Katastrophe empfunden. Der Hintergrund für diesen Schritt der SPÖ-Führung ist im ungebremsten Verbürgerlichungsprozeß der Sozialdemokratie zu suchen. Die schmäler werdende ArbeitnehmerInnenbasis der SPÖ spielt eine immer geringere Rolle bei der Entscheidungsfindung der Parteigranden. War es früher traditionell selbstverständlich für die SPÖ, in jedem Fall eineN Kandidatin/en ins Rennen zu schicken - selbst wenn man von einer Niederlage ausging -, regiert heute nur mehr der bürokratische Kurzschluß. „Unnötige Kosten und unnötige Polarisierung vermeiden“, lautet die Begründung von Klima, Rudas & Co. Tatsächlich ist die SPÖ-Spitze zu jeder gesellschaftlichen Polarisierung von links unfähig und unwillens - die Kapitulation vor dem amtierenden ÖVP-Kandidaten bringt diese traurige Wahrheit nur auf den Punkt.
  4. Der Versuch der Grünen, um jeden Preis gemeinsam mit dem LIF eine Kandidatin aufzustellen, zeigt, daß dieser grünen Parteiführung eine prinzipielle linke Alternative genausowenig bedeutet wie der SPÖ-Spitze. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, daß die Grünen eineN eindeutig linken, unabhängigen Kandidatin/en aufstellen, würde die SOV eine solche Kandidatur unterstützen. Unter unabhängig verstehen wir unabhängig von der Politik von Chorherr & Co. und gleichzeitig einen deutlich formulierten Anspruch, Linke über den engen Grünbereich hinaus programmatisch und im Wahlkampf einzubinden.
  5. Für die österreichische Linke bedeutet die mögliche Nichtkandidatur einer in irgendeiner Form als links deklarierten Person eine Niederlage und Fortsetzung des Rechtsrucks - umso mehr wenn selbst die rechten „Neutralen“ zumindest die Ankündigung einer Kanditatur zusammenbringen. Diese Niederlage könnte allerdings auch als historische Chance wahrgenommen werden: Durch die erste Kandidatur links von der „offiziellen“ SPÖ (und den Grünen) bei einer Bundespräsidentenwahl seit 1974. Eine solche Kandidatur wäre geeignet, verschiede Ansätze von linker Opposition - in der SPÖ, den Gewerkschaften, Frauen, KPÖ, unorganisierten Linken... zusammen zu bringen. Der gemeinsame Wahlkampf, die Einigung auf einige gemeinsame Positionen - wie z.B Nein zu jedem Sozialabbau, Nein zur NATO,... - und ein durchaus möglicher Achtungserfolg würde allen Beteiligten nützen und einen interessanten Ansatz für eine neue linke ArbeiterInnenbewegung bieten.
  6. 6.000 Unterstützungsunterschriften wären zunächst die wohl größte Hürde für dieses Projekt. Wir halten es allerdings für absolut möglich, daß ein wirklich breites, linkes Bündnis, das tief in den SPÖ-Bereich hineinreicht, diese Unterschriften zusammenbringen kann. Gleichzeitig wären linksblinkende MandatarInnen von SPÖ und Grünen in die Pflicht zu nehmen, durch ihre Unterstützung (jedeR Nationalratsabgeordnete zählt für tausende Unterschriften) entsprechend beizutragen,
  7. Die Suche nach einer/m Kandidatin/en müßte das geringste Problem sein. Wir sind der Meinung, daß hier das Augenmerk weniger bei ehemaligen Spitzenpolitikern liegen - der/die Kandidat/in selbst sollte ein klarer Kontrapunkt zu den anderen BewerberInnen sein. Die österreichische ArbeiterInnenbewegung verfügt über antifaschistische WiderstandskämpferInnen oder engagierte BetriebsrätInnen, die ihr Leben lang „ihre Pflicht erfüllt haben”.
Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: