Keynesianismus und die Krise des Kapitalismus

George Martin Fell Brown und Tony Gong Socialist Alternative (ISA USA)

Der Keynesianismus ist eine bürgerliche ökonomische Denkschule, die die kapitalistische Wirtschaft als die Summe aller Ausgaben betrachtet, unterteilt in vier Sektoren: Konsum, Staatsausgaben, Unternehmensinvestitionen und Nettoexporte. Ein wirtschaftlicher Abschwung wird als Stocken der Ausgaben in einem dieser Sektoren angesehen - und die Lösung wird darin gesehen, dass ein anderer Sektor seine Ausgaben erhöht. Um Krisen zu verhindern, könne die Regierung verschiedene wirtschaftliche Hebel ansetzen, wie z.B. die Senkung der Zinssätze, um Anreize für Ausgaben zu schaffen, oder direkt in die Steuerausgaben eingreifen.

Das Ziel dieser Maßnahmen besteht nicht in erster Linie darin, den arbeitenden Menschen zu helfen, sondern allem voran die Unternehmen zu retten. Wie Keynes 1931 sagte: "Wenn unser Ziel darin besteht, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, ist es offensichtlich, dass wir in erster Linie die Unternehmen profitabler machen müssen". 

Der Keynesianismus betrachtet die Wirtschaft oberflächlich durch die Augen der Buchhaltung, indem er eine negative Bilanz in einem Sektor beheben will, indem er die Differenz einfach in einem anderen Sektor hinzufügt. Er kann keine Antwort darauf geben, warum die Wirtschaft sich periodisch auf einmal weigert, in die Produktion zu investieren. Marxist*innen verstehen, dass dies daran liegt, dass das gesamte kapitalistische System vom Wettlauf um Profit angetrieben wird, sodass die Konzerne Waren und Kapital überproduzieren, was zu überfüllten und übersättigten Märkten führt.

Doch neben Unternehmensförderungen gehören auch Sozialhilfeprogramme zum Instrumentarium keynesianischer Maßnahmen. Keynes' Ideen finden zunehmend Unterstützung bei der reformistischen Linken. Marxist*innen lehnen zwar den Reformismus ab, nicht aber den Kampf für Reformen. Wir kämpfen für Reformen als Teil dessen, was der russische Revolutionär Leo Trotzki die "Übergangsmethode" nannte. Das bedeutet, eine Brücke zu bauen zwischen dem Bewusstsein, wie es heute ist, und dem Verständnis für die Notwendigkeit einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft. Wir kämpfen für Reformen, die der Arbeiter*innenklasse unmittelbar nutzen - von der Erhöhung des Mindestlohns über Mietobergrenzen bis hin zu Steuererhöhungen für das Großkapital. Aber wir stellen auch Forderungen auf, die über den Kapitalismus hinausgehen, wie z.B. die Energieindustrie und die Großbanken in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten zu bringen. Wir kämpfen für diese Reformen durch die Organisierung und Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse; sie werden nicht dadurch gewonnen, dass man versucht, die Kapitalist*innen von cleveren geldpolitischen Tricks oder politischen Kniffen zu überzeugen.

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