Grundsätze des Kommunismus

Grundsätze des Kommunismus - Friedrich Engels

1. Frage: Was ist der Kommunismus?

Antwort: Der Kommunismus ist die Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats.

2. Frage: Was ist das Proletariat?

Antwort: Das Proletariat ist diejenige Klasse derGesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus demVerkauf ihrer Arbeit (2) und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitalszieht; deren Wohl und Wehe, deren Leben und Tod, deren ganze Existenzvon der Nachfrage nach Arbeit, also von dem Wechsel der guten undschlechten Geschäftszeiten, von den Schwankungen einer zügellosenKonkurrenz abhängt. Das Proletariat oder die Klasse der Proletarierist, mit einem Worte, die arbeitende Klasse des neunzehntenJahrhunderts.

3. Frage: Es hat also nicht immer Proletarier gegeben?

Antwort: Nein. Arme und arbeitende Klassen hat esimmer gegeben (3); auch waren die arbeitenden Klassen meistens arm.Aber solche Arme, solche Arbeiter, die in den eben angegebenenUmständen lebten, also Proletarier, hat es nicht immer gegeben,ebensowenig wie die Konkurrenz immer frei und zügellos war.

4. Frage: Wie ist das Proletariat entstanden?

Antwort: Das Proletariat ist entstanden durch dieindustrielle Revolution, welche in der letzten Hälfte des vorigenJahrhunderts in England vor sich ging und welche sich seitdem in allenzivilisierten Ländern der Welt wiederholt hat. Diese industrielleRevolution wurde herbeigeführt durch die Erfindung der Dampfmaschine,der verschiedenen Spinnmaschinen, des mechanischen Webstuhls und einerganzen Reihe anderer mechanischer Vorrichtungen. Diese Maschinen,welche sehr teuer waren und also nur von großen Kapitalistenangeschafft werden konnten, veränderten die ganze bisherige Weise derProduktion und verdrängten die bisherigen Arbeiter, indem die Maschinendie Waren wohlfeiler und besser lieferten, als die Arbeiter sie mitihren unvollkommenen Spinnrädern und Webstühlen herstellen konnten.

Diese Maschinen lieferten dadurch die Industrie gänzlich indie Hände der großen Kapitalisten und machten das wenige Eigentum derArbeiter (Werkzeuge, Wegstühle usw.) völlig wertlos, so daß dieKapitalisten bald alles in ihre Hände bekamen und die Arbeiter nichtsübrigbehielten. Damit war in der Verfertigung von Kleidungsstoffen dasFabriksystem eingeführt. - Als der Anstoß zur Einführung derMaschinerie und des Fabriksystems einmal gegeben war, wurde diesesSystem auch sehr bald auf alle übrigen Industriezweige, namentlich aufdie Zeug- und Buchdruckerei, die Töpferei, die Metallwarenindustrieangewandt. Die Arbeit wurde immer mehr unter die einzelnen Arbeitergeteilt, so daß der Arbeiter, der früher ein ganzes Stück Arbeitgemacht hatte, jetzt nur einen Teil dieses Stücks machte.

Diese Teilung der Arbeit machte es möglich, daß die Produkteschneller und daher wohlfeiler geliefert werden konnten. Sie reduziertedie Tätigkeit eines jeden Arbeiters auf einen sehr einfachen, jedenAugenblick wiederholten, mechanischen Handgriff, der nicht nurebensogut, sondern noch viel besser durch eine Maschine gemacht werdenkonnte. Auf diese Weise gerieten alle diese Industriezweige, einer nachdem anderen, unter die Herrschaft der Dampfkraft, der Maschinerie unddes Fabriksystems, gerade wie die Spinnerei und Weberei. Damit gerietensie aber zugleich vollständig in die Hände der großen Kapitalisten, undden Arbeitern wurde auch hier der letzte Rest von Selbständigkeitentzogen. Allmählich gerieten außer der eigentlichen Manufaktur auchdie Handwerke mehr und mehr unter die Herrschaft des Fabriksystems,indem auch hier große Kapitalisten durch Anlegung großer Ateliers, beidenen viele Kosten gespart werden und die Arbeit ebenfalls sehr geteiltwerden kann, die kleinen Meister mehr und mehr verdrängten.

So sind wir jetzt dahin gekommen, daß in den zivilisiertenLändern fast alle Arbeitszweige fabrikmäßig betrieben werden, daß infast allen Arbeitszweigen das Handwerk und die Manufaktur durch diegroße Industrie verdrängt worden sind. - Dadurch ist der bisherigeMittelstand, besonders die kleinen Handwerksmeister, mehr und mehrruiniert, die frühere Lage der Arbeiter gänzlich umgewälzt und zweineue, allmählich alle übrigen verschlingenden Klassen geschaffenworden, nämlich:

  1. Die Klasse der großen Kapitalisten, welche in allen zivilisierten

    Ländern schon jetzt fast ausschließlich im Besitz aller Lebensmittel

    und der zur Erzeugung der Lebensmittel nötigen Rohstoffe und

    Instrumente (Maschinen, Fabriken) sind. Dies ist die Klasse der

    Bourgeois oder die Bourgeoisie.

  2. Die Klasse der gänzlich Besitzlosen, welche darauf angewiesen

    sind, den Bourgeois ihre Arbeit zu verkaufen, um dafür die zu ihrem

    Unterhalt nötigen Lebensmittel zu erhalten. Diese Klasse heißt die

    Klasse der Proletarier oder das Proletariat.

5. Frage: Unter welchen Bedingungen findet dieser Verkauf der Arbeit der Proletarier an die Bourgeois statt?

Antwort: Die Arbeit ist eine Ware wie jede andere,und ihr Preis wird daher genau nach denselben Gesetzen bestimmt werdenwie der jeder anderen Ware. Der Preis einer Ware unter der Herrschaftder großen Industrie oder der freien Konkurrenz, was, wie wir sehenwerden, auf eins hinauskommt, ist aber im Durchschnitt immer gleich denProduktionskosten dieser Ware. Der Preis der Arbeit ist also ebenfallsgleich den Produktionskosten der Arbeit.

Die Produktionskosten der Arbeit bestehen aber in gerade sovielLebensmitteln, als nötig sind, um den Arbeiter in den Stand zu setzen,arbeitsfähig zu bleiben und die Arbeiterklasse nicht aussterben zulassen. Der Arbeiter wird also für seine Arbeit nicht mehr erhalten,als zu diesem Zwecke nötig ist; der Preis der Arbeit oder der Lohn wirdalso das Niedrigste, das Minimum sein, was zum Lebensunterhalt nötigist. Da die Geschäftszeiten aber bald schlechter, bald besser sind, sowird er bald mehr, bald weniger bekommen, gerade wie der Fabrikant baldmehr, bald weniger für seine Ware bekommt. Aber ebenso wie derFabrikant im Durchschnitt der guten und schlechten Geschäftszeiten dochnicht mehr und nicht weniger für seine Ware erhält als seineProduktionskosten, ebenso wird der Arbeiter im Durchschnitt auch nichtmehr und nicht weniger als eben dies Minimum erhalten.

Dies ökonomische Gesetz des Arbeitslohns wird aber um sostrenger durchgeführt werden, je mehr die große Industrie sich allerArbeitszweige bemächtigt.

6. Frage: Welche Arbeiterklassen gab es vor der industriellen Revolution?

Antwort: Die arbeitenden Klassen haben je nach denverschiedenen Entwicklungsstufen der Gesellschaft in verschiedenenVerhältnissen gelebt und verschiedene Stellungen zu den besitzenden undherrschenden Klassen gehabt. Im Altertum waren die Arbeitenden dieSklaven der Besitzer, wie sie es in vielen zurückgebliebenen Ländernund selbst in dem südlichen Teil der Vereinigten Staaten noch sind. ImMittelalter waren sie die Leibeigenen des grundbesitzenden Adels, wiesie es noch jetzt in Ungarn, Polen und Rußland sind. Im Mittelalter undbis zur industriellen Revolution gab es außerdem in den StädtenHandwerksgesellen, die im Dienst kleinbürgerlicher Meister arbeiteten,und allmählich kamen auch mit der Entwicklung der ManufakturManufakturarbeiter auf, welche schon von größeren Kapitalistenbeschäftigt wurden.

7. Frage: Wodurch unterscheidet sich der Proletarier vom Sklaven?

Antwort: Der Sklave ist ein für allemal verkauft;der Proletarier muß sich täglich und stündlich selbst verkaufen. Dereinzelne Sklave, Eigentum eines Herrn, hat schon durch das Interessedieses Herrn eine gesicherte Existenz, so elend sie sein mag; dereinzelne Proletarier, Eigentum sozusagen der ganzen Bourgeoisklasse,dem seine Arbeit nur dann abgekauft wird, wenn jemand ihrer bedarf, hatkeine gesicherte Existenz. Diese Existenz ist nur der ganzenProletarierklasse gesichert. Der Sklave steht außerhalb der Konkurrenz,der Proletarier steht in ihr und fühlt alle ihre Schwankungen. DerSklave gilt für eine Sache, nicht für ein Mitglied der bürgerlichenGesellschaft; der Proletarier ist als Person, als Mitglied derbürgerlichen Gesellschaft anerkannt.

Der Sklave kann also eine bessere Existenz haben als derProletarier, aber der Proletarier gehört einer höherenEntwicklungsstufe der Gesellschaft an und steht selbst auf einerhöheren Stufe als der Sklave. Der Sklave befreit sich, indem er vonallen Privateigentumsverhältnissen nur das Verhältnis der Sklavereiaufhebt und dadurch erst selbst Proletarier wird; der Proletarier kannsich nur dadurch befreien, daß er das Privateigentum überhaupt aufhebt.

8. Frage: Wodurch unterscheidet sich der Proletarier vom Leibeigenen?

Antwort: Der Leibeigene hat den Besitz und dieBenutzung eines Produktionsinstrumentes, eines Stückes Boden, gegenAbgabe eines Teils des Ertrages oder gegen Leistung von Arbeit. DerProletarier arbeitet mit Produktionsinstrumenten eines anderen fürRechnung dieses anderen, gegen Empfang eines Teils des Ertrages. DerLeibeigene gibt ab, dem Proletarier wird abgegeben. Der Leibeigene hateine gesicherte Existenz, der Proletarier hat sie nicht. Der Leibeigenesteht außerhalb der Konkurrenz, der Proletarier steht in ihr. DerLeibeigene befreit sich, entweder indem er in die Städte entläuft unddort Handwerker wird, oder indem er statt Arbeit und Produkten Geld anseinen Gutsherrn gibt und freier Pächter wird, oder indem er seinenFeudalherrn verjagt und selbst Eigentümer wird, kurz, indem er auf dieeine oder die andere Weise in die besitzende Klasse und in dieKonkurrenz eintritt. Der Proletarier befreit sich, indem er dieKonkurrenz, das Privateigentum und alle Klassenunterschiede aufhebt.

9. Frage: Wodurch unterscheidet sich der Proletarier vom Handwerker?

10. Frage: Wodurch unterscheidet sich der Proletarier vom Manufakturarbeiter?

Antwort: Der Manufakturarbeiter des sechzehntenbis achtzehnten Jahrhunderts hatte fast überall noch einProduktionsinstrument in seinem Besitz, seinen Webstuhl, die Spinnräderfür seine Familie, ein kleines Feld, das er in Nebenstunden bebaute.Der Proletarier hat das alles nicht. Der Manufakturarbeiter lebt fastimmer auf dem Lande und in mehr oder weniger patriarchalischenVerhältnissen mit seinem Gutsherrn oder Arbeitgeber; der Proletarierlebt meist in großen Städten und steht zu seinem Arbeitgeber in einemreinen Geldverhältnis. Der Manufakturarbeiter wird durch die großeIndustrie aus seinen patriarchalischen Verhältnissen herausgerissen,verliert den Besitz, den er noch hatte, und wird dadurch selbst erstProletarier.

11. Frage: Was waren die nächsten Folgen derindustriellen Revolution und der Scheidung der Gesellschaft inBourgeois und Proletarier?

Antwort: Erstens wurde durch die infolge derMaschinenarbeit immer wohlfeiler werdenden Preise derIndustrieerzeugnisse in allen Ländern der Welt das alte System derManufaktur oder auf Handarbeit beruhenden Industrie gänzlich zerstört.Alle halbbarbarischen Länder, welche bisher mehr oder weniger dergeschichtlichen Entwicklung fremd geblieben waren und deren Industriebisher auf der Manufaktur beruht hatte, wurden hierdurch mit Gewalt ausihrer Abschließung herausgerissen. Sie kauften die wohlfeileren Warender Engländer und ließen ihre eigenen Manufakturarbeiter zugrundegehen. So sind Länder, welche seit Jahrtausenden keinen Fortschrittgemacht haben, z.B. Indien, durch und durch revolutioniert worden, undselbst China geht jetzt einer Revolution entgegen. Es ist dahingekommen, daß eine neue Maschine, die heute in England erfunden wird,binnen einem Jahre Millionen von Arbeitern in China außer Brot setzt.Auf diese Weise hat die große Industrie alle Völker der Erdemiteinander in Verbindung gesetzt, alle kleinen Lokalmärkte zumWeltmarkt zusammengeworfen, überall die Zivilisation und denFortschritt vorbereitet und es dahin gebracht, daß alles, was in denzivilisierten Ländern geschieht, auf alle anderen Länder zurückwirkenmuß. So daß, wenn jetzt in England oder Frankreich die Arbeiter sichbefreien, dies in allen anderen Ländern Revolutionen nach sich ziehenmuß, welche früher oder später ebenfalls die Befreiung der dortigenArbeiter herbeiführen.

Zweitens hat sie überall, wo die große Industrie an die Stelleder Manufaktur trat, die Bourgeoisie, ihren Reichtum und ihre Macht imhöchsten Grade entwickelt und sie zur ersten Klasse im Lande gemacht.Die Folge davon war, daß überall, wo dies geschah, die Bourgeoisie diepolitische Macht in ihre Hände bekam und die bisher herrschendenKlassen, die Aristokratie, die Zunftbürger und das beide vertretendeabsolute Königtum, verdrängte.

Die Bourgeoisie vernichtete die Macht der Aristokratie, desAdels, indem sie die Majorate oder die Unverkäuflichkeit desGrundbesitzes und alle Adelsvorrechte aufhob. Sie zerstörte die Machtder Zunftbürger, indem sie alle Zünfte und Handwerksprivilegien aufhob.An die Stelle beider setzte sie die freie Konkurrenz, d.h. den Zustandder Gesellschaft, worin jeder das Recht hat, jeden beliebigenIndustriezweig zu betreiben, und worin ihn nichts an dem Betriebe einessolchen verhindern kann als der Mangel des dazu nötigen Kapitals.

Die Einführung der freien Konkurrenz ist also die öffentlicheErklärung, daß von nun an die Mitglieder der Gesellschaft nur nochinsoweit ungleich sind, als ihre Kapitalien ungleich sind, daß dasKapital die entscheidende Macht und damit die Kapitalisten, dieBourgeois, die erste Klasse in der Gesellschaft geworden sind. Diefreie Konkurrenz ist aber für den Anfang der großen Industrienotwendig, weil sie der einzige Gesellschaftszustand ist, in dem diegroße Industrie aufkommen kann. Die Bourgeoisie, nachdem sie so diegesellschaftliche Macht des Adels und der Zunftbürger vernichtet hatte,vernichtete auch ihre politische Macht. Wie sie sich in derGesellschaft zur ersten Klasse erhoben hatte, proklamierte sie sichauch in politischer Form als erste Klasse. Sie tat dies durch dieEinführung des Repräsentativsystems, welches auf der bürgerlichenGleichheit vor dem Gesetz, der gesetzlichen Anerkennung der freienKonkurrenz beruht und in den europäischen Ländern unter der Form derkonstitutionellen Monarchie eingeführt wurde. In diesenkonstitutionellen Monarchien sind nur diejenigen Wähler, welche eingewisses Kapital besitzen, also nur die Bourgeois; dieseBourgeoiswähler wählen die Deputierten, und diese Bourgeoisdeputiertenwählen, vermittels des Rechts der Steuerverweigerung, eineBourgeoisregierung.

Drittens entwickelte sie überall das Proletariat in demselbenMaße, wie sie die Bourgeoisie entwickelt. In demselben Verhältnis, wiedie Bourgeois reicher wurden, in demselben Verhältnis wurden dieProletarier zahlreicher. Denn da die Proletarier nur durch das Kapitalbeschäftigt werden können und das Kapital sich nur dann vermehrt, wennes Arbeit beschäftigt, so hält die Vermehrung des Proletariats genauSchritt mit der Vermehrung des Kapitals. Zu gleicher Zeit zieht sie dieBourgeois so wie die Proletarier in große Städten zusammen, in denendie Industrie sich am vorteilhaftesten betreiben läßt, und gibt durchdiese Zusammenwerfung großer Massen auf einen Fleck den Proletarierndas Bewußtsein ihrer Stärke. Ferner, je mehr sie sich entwickelt, jemehr neue Maschinen erfunden werden, welche die Handarbeit verdrängen,desto mehr drückt die große Industrieden Lohn, wie schon gesagt, aufsein Minimum herab und macht dadurch die Lage des Proletariats mehr undmehr unerträglich.

So bereitet sie einerseits durch die wachsende Unzufriedenheit,andererseits durch die wachsende Macht des Proletariats eine Revolutionder Gesellschaft durch das Proletariat vor.

12. Frage: Was waren die weiteren Folgen der industriellen Revolution?

Antwort: Die große Industrie schuf in derDampfmaschine und den übrigen Maschinen die Mittel, die industrielleProduktion in kurzer Zeit und mit wenig Kosten ins unendliche zuvermehren. Die aus dieser großen Industrie notwendig hervorgehendefreie hKonkurrenz nahm bei dieser Leichtigkeit der Produktion sehr baldeinen äußerst heftigen Charakter an; eine Menge Kapitalisten warfensich auf die Industrie, und in kurzer Zeit wurde mehr produziert, alsgebraucht werden konnte. Die Folge davon war, daß die fabriziertenWaren nicht verkauft werden konnten und daß eine sogenannteHandelskrisis eintrat. Die Fabriken mußten stillstehen, die Fabrikantenmachten Bankerott, und die Arbeiter kamen außer Brot. Das größte Elendtrat überall ein. Nach einiger Zeit waren die überflüssigen Produkteverkauft, die Fabriken fingen wieder an zu arbeiten, der Lohn stieg,und allmählich gingen die Geschäfte wieder besser als je. Aber nichtlange, so waren wieder zuviel Waren produziert, und eine neue Krisistrat ein, die gerade wieder denselben Verlauf nahm wie die vorige. Sohat seit dem Anfang dieses Jahrhunderts der Zustand der Industriefortwährend zwischen Epochen der Prosperität und Epochen der Krisegeschwankt, und fast regelmäßig alle fünf bis sieben Jahre (5) ist einesolche Krisis eingetreten, welche jedesmal mit dem größten Elend derArbeiter, mit allgemeiner revolutionärer Aufregung und mit der größtenGefahr für den ganzen bestehenden Zustand verknüpft war.

13. Frage: Was folgt aus diesen sich regelmäßig wiederholenden Handelskrisen?

Antwort: Erstens: Daß die große Industrie, obwohlsie selbst in ihrer ersten Entwicklungsepoche die freie Konkurrenzerzeugt hat, jetzt dennoch der freien Konkurrenz entwachsen ist; daßdie Konkurrenz und überhaupt der Betrieb der industriellen Produktiondurch einzelne für sie eine Fessel geworden ist, welche sie sprengenmuß und wird; daß die große Industrie, solange sie auf dem jetzigenFuße betrieben wird, sich nur durch eine von sieben zu sieben Jahrensich wiederholende allgemeine Verwirrung erhalten kann, welche jedesmaldie ganze Zivilisation bedroht und nicht nur die Proletarier ins Elendstürzt, sondern auch eine große Anzahl von Bourgeois ruiniert; daß alsodie große Industrie selbst entweder ganz aufgegeben werden muß, waseine absolute Unmöglichkeit ist; oder daß sie eine ganz neueOrganisation der Gesellschaft durchaus notwendig macht, in welchernicht mehr einzelne, einander Konkurrenz machende Fabrikanten, sonderndie ganze Gesellschaft nach einem festen Plan und nach den Bedürfnissenaller die industrielle Produktion leitet.

Zweitens: Daß die große Industrie und die durch sie möglichgemachte Ausdehnung der Produktion ins unendliche einen Zustand derGesellschaft möglich machen, in welchem so viel von allenLebensbedürfnissen produziert wird, daß jedes Mitglied der Gesellschaftdadurch in den Stand gesetzt wird, alle seine Kräfte und Anlagen invollständiger Freiheit zu entwickeln und zu betätigen. So daß alsogerade diejenige Eigenschaft der großen Industrie, welche in derheutigen Gesellschaft alles Elend und alle Handelskrisen erzeugt,gerade dieselbe ist, welche unter einer anderen gesellschaftlichenOrganisation eben dieses Elend und diese unglückbereitendenSchwankungen vernichten wird. So daß also aufs klarste bewiesen ist:

  1. daß von jetzt an alle diese Übel nur der für die Verhältnisse nicht mehr passenden Gesellschaftsordnung zuzuschreiben sind und
  2. daß die Mittel vorhanden sind, um durch eine neue Gesellschaftsordnung diese Übel gänzlich zu beseitigen.

14. Frage: Welcher Art wird diese neue Gesellschaftsordnung sein müssen?

Antwort: Sie wird vor allen Dingen den Betrieb derIndustrie und aller Produktionszweige überhaupt aus den Händen dereinzelnen, einander Konkurrenz machenden Individuen nehmen und dafüralle diese Produktionszweige durch die ganze Gesellschaft, d.h. fürgemeinschaftliche Rechnung, nach gemeinschaftlichem Plan und unterBeteiligung aller Mitglieder der Gesellschaft, betreiben lassen müssen.Sie wird also die Konkurrenz aufheben und die Assoziation an ihreStelle setzen. Da nun der Betrieb der Industrie durch einzelne dasPrivateigentum zur notwendigen Folge hatte und die Konkurrenz weiternichts ist als die Art und Weise des Betriebs der Industrie durcheinzelne Privateigentümer, so ist das Privateigentum vom einzelnenBetrieb der Industrie und der Konkurrenz nicht zu trennen. DasPrivateigentum wird also ebenfalls abgeschafft werden müssen, und anseine Stelle wird die gemeinsame Benutzung aller Produktionsinstrumenteund die Verteilung aller Produkte nach gemeinsamer Übereinkunft oderdie sogenannte Gütergemeinschaft treten. Die Abschaffung desPrivateigentums ist sogar die kürzeste und bezeichnendsteZusammenfassung der aus der Entwicklung der Industrie notwendighervorgehenden Umgestaltung der gesamten Gesellschaftsordnung und wirddaher mit Recht von den Kommunisten als Hauptforderung hervorgehoben.

15. Frage: Die Abschaffung des Privateigentums war also früher nicht möglich?

Antwort: Nein. Jede Veränderung in dergesellschaftlichen Ordnung, jede Umwälzung der Eigentumsverhältnisseist die notwendige Folge der Erzeugung neuer Produktivkräfte gewesen,welche den alten Eigentumsverhältnissen sich nicht mehr fügen wollten.Das Privateigentum selbst ist so entstanden. Denn das Privateigentumhat nicht immer existiert, sondern, als gegen das Ende des Mittelaltersin der Manufaktur eine neue Art der Produktion erschaffen wurde, welchesich dem damaligen feudalen und Zunfteigentum nicht unterordnen ließ,da erzeugte diese, den alten Eigentumsverhältnissen entwachseneManufaktur eine neue Eigentumsform, das Privateigentum. Für dieManufaktur und für die erste Entwicklungsstufe der großen Industrie waraber keine andere Eigentumsform möglich als das Privateigentum, keineandre Gesellschaftsordnung als die auf dem Privateigentum beruhende.Solange nicht so viel produziert werden kann, daß nicht nur für allegenug vorhanden ist, sondern auch noch ein Überschuß von Produkten zurVermehrung des gesellschaftlichen Kapitals und zur weiteren Ausbildungder Produktivkräfte bleibt, solange muß es immer eine herrschende, überdie Produktivkräfte der Gesellschaft verfügende und eine arme,unterdrückte Klasse geben. Wie diese Klassen beschaffen sein werden,wird von der Entwicklungsstufe der Produktion abhängen. Das vom Landbauabhängige Mittelalter gibt uns den Baron und den Leibeigenen, dieStädte des späteren Mittelalters zeigen uns den Zunftmeister und denGesellen und Tagelöhner, das siebzehnte Jahrhundert hat denManufakturisten und den Manufakturarbeiter, das neunzehnte den großenFabrikanten und den Proletarier.

Es ist klar, das bisher die Produktivkräfte noch nicht so weitentwickelt waren, daß für alle genug produziert werden konnte, und daßdas Privateigentum für diese Produktivkräfte eine Fessel, eine Schrankegeworden war. Jetzt aber, wo durch die Entwicklung der großen Industrieerstens Kapitalien und Produktivkräfte in einem nie vorher gekanntenMaße erzeugt und die Mittel vorhanden sind, diese Produktivkräfte inkurzer Zeit ins unendliche zu vermehren; wo zweitens dieseProduktivkräfte in den Händen weniger Bourgeois zusammengedrängt sind,während die große Masse des Volks immer mehr zu Proletariern wird,während ihre Lage in demselben Maße elender und unerträglicher wird, inwelchem die Reichtümer der Bourgeois sich vermehren; wo drittens diesegewaltigen und leicht zu vermehrenden Produktivkräfte so sehr demPrivateigentum und den Bourgeois über den Kopf gewachsen sind, daß siejeden Augenblick die gewaltsamsten Störungen in der gesellschaftlichenOrdnung hervorrufen, jetzt erst ist die Aufhebung des Privateigentumsnicht nur möglich, sondern sogar durchaus notwendig geworden.

16. Frage: Wird die Aufhebung des Privateigentums auf friedlichem Wege möglich sein?

Antwort: Es wäre zu wünschen, daß dies geschehenkönnte, und die Kommunisten wären gewiß die letzten, die sich dagegenauflehnen würden. Die Kommunisten wissen zu gut, daß alleVerschwörungen nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich sind. Siewissen zu gut, daß Revolutionen nicht absichtlich und willkürlichgemacht werden, sondern daß sie überall und zu jeder Zeit dienotwendige Folge von Umständen waren, welche von dem Willen und derLeitung einzelner Parteien und ganzer Klassen durchaus unabhängig sind.

Sie sehen aber auch, daß die Entwicklung des Proletariats infast allen zivilisierten Ländern gewaltsam unterdrückt und daßhierdurch von den Gegnern der Kommunisten auf eine Revolution mit allerMacht hingearbeitet wird. Wird hierdurch das unterdrückte Proletariatzuletzt in eine Revolution hineingejagt, so werden wir Kommunisten dannebensogut mit der Tat wie jetzt mit dem Wort die Sache der Proletarierverteidigen.

17. Frage: Wird die Abschaffung des Privateigentums mit einem Schlage möglich sein?

Antwort: Nein, ebensowenig wie sich mit einemSchlage die schon bestehenden Produktivkräfte so weit werdenvervielfältigen lassen, als zur Herstellung der Gemeinschaft nötig ist.Die aller Wahrscheinlichkeit nach eintretende Revolution desProletariats wird also nur allmählich die jetzige Gesellschaftumgestalten und erst dann das Privateigentum abschaffen können, wenndie dazu nötige Masse von Produktionsmitteln geschaffen ist.

18. Frage: Welchen Entwicklungsgang wird diese Revolution nehmen?

Antwort: Sie wird vor allen Dingen einedemokratische Staatsverfassung und damit direkt oder indirekt diepolitische Herrschaft des Proletariats herstellen. Direkt in England,wo die Proletarier schon die Majorität des Volks ausmachen. Indirekt inFrankreich und Deutschland, wo die Majorität des Volkes nicht nur ausProletariern, sondern auch aus kleinen Bauern und Bürgern besteht,welche eben erst im Übergang ins Proletariat begriffen sind und inallen ihren politischen Interessen mehr und mehr vom Proletariatabhängig werden und sich daher bald den Forderungen des Proletariatsfügen müssen. Dies wird vielleicht einen zweiten Kampf kosten, der abernur mit dem Siege des Proletariats endigen kann.

Die Demokratie würde dem Proletariat ganz nutzlos sein, wennsie nicht sofort als Mittel zur Durchsetzung weiterer, direkt dasPrivateigentum angreifender und die Existenz des Proletariatssicherstellender Maßregeln benutzt würde. Die hauptsächlichsten dieserMaßregeln, wie sie sich schon jetzt als notwendige Folgen derbestehenden Verhältnisse ergeben, sind folgende:

  1. Beschränkung des Privateigentums durch Progressivsteuern, starke

    Erbschaftssteuern, Abschaffung der Erbschaft der Seitenlinien (Brüder,

    Neffen etc.), Zwangsanleihen pp.

  2. Allmähliche Expropriation der Grundeigentümer, Fabrikanten,

    Eisenbahnbesitzer und Schiffsreeder, teils durch Konkurrenz der

    Staatsindustrie, teils direkt gegen Entschädigung in Assignaten.

  3. Konfiskation der Güter aller Emigranten und Rebellen gegen die Majorität des Volkes.
  4. Organisation der Arbeit oder Beschäftigung der Proletarier auf

    den Nationalgütern, Fabriken und Werkstätten, wodurch die Konkurrenz

    der Arbeiter unter sich beseitigt und die Fabrikanten, solange sie noch

    bestehen, genötigt werden, denselben erhöhten Lohn zu zahlen wie der

    Staat.

  5. Gleicher Arbeitszwang für alle Mitglieder der Gesellschaft

    bis zur vollständigen Aufhebung des Privateigentums. Bildung

    industrieller Armeen, besonders für die Agrikultur.

  6. Zentralisierung des Kreditsystems und Geldhandels in den

    Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und

    Unterdrückung aller Privatbanken und Bankiers.

  7. Vermehrung der Nationalfabriken, Werkstätten, Eisenbahnen und

    Schiffe, Urbarmachung aller Ländereien und Verbesserung der schon urbar

    gemachten, in demselben Verhältnis, in welchem sich die der Nation zur

    Verfügung stehenden Kapitalien und Arbeiter vermehren.

  8. Erziehung sämtlicher Kinder, von dem Augenblicke an, wo sie

    der ersten mütterlichen Pflege entbehren können, in Nationalanstalten

    und auf Nationalkosten. Erziehung und Fabrikation zusammen.

  9. Errichtung großer Paläste auf den Nationalgütern als

    gemeinschaftliche Wohnungen für Gemeinden von Staatsbürgern, welche

    sowohl Industrie wie Ackerbau treiben und die Vorteile sowohl des

    städtischen wie des Landlebens in sich vereinigen, ohne die

    Einseitigkeiten und Nachteile beider Lebensweisen zu teilen.

  10. Zerstörung aller ungesunden und schlecht gebauten Wohnungen und Stadtviertel.
  11. Gleiches Erbrecht für uneheliche wie für eheliche Kinder.
  12. Konzentration alles Transportwesens in den Händen der Nation.

Alle diese Maßregeln können natürlich nicht mit einem Maledurchgeführt werden. Aber die eine wird immer die andre nach sichziehen. Ist einmal der erste radikale Angriff gegen das Privateigentumgeschehen, so wird das Proletariat sich gezwungen sehen, immer weiterzu gehen, immer mehr alles Kapital, allen Ackerbau, alle Industrie,allen Transport, allen Austausch in den Händen des Staates zukonzentrieren. Dahin arbeiten alle diese Maßregeln; und sie werdengenau in demselben Verhältnis ausführbar werden und ihrezentralisierenden Konsequenzen entwickeln, in welchem dieProduktivkräfte des Landes durch die Arbeit des Proletariatsvervielfältigt werden. Endlich, wenn alles Kapital, alle Produktion undaller Austausch in den Händen der Nation zusammengedrängt sind, ist dasPrivateigentum von selbst weggefallen, das Geld überflüssig gewordenund die Produktion so weit vermehrt und die Menschen so weit verändert,daß auch die letzten Verkehrsformen der alten Gesellschaft fallenkönnen.

19. Frage: Wird diese Revolution in einem einzigen Lande allein vor sich gehen können?

Antwort: Nein. Die große Industrie hat schondadurch, daß sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde,und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinandergebracht, daß jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einemandern geschieht. Sie hat ferner in allen zivilisierten Ländern diegesellschaftliche Entwicklung so weit gleichgemacht, daß in allendiesen Ländern Bourgeoisie und Proletariat die beiden entscheidendenKlassen der Gesellschaft, der Kampf zwischen beiden der Hauptkampf desTages geworden. Die kommunistische Revolution wird daher keine bloßnationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern, d.h.wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitigvor sich gehende Revolution sein. Sie wird sich in jedem dieser Länderrascher oder langsamer entwickeln, je nachdem das eine oder das andreLand eine ausgebildetere Industrie, einen größeren Reichtum, einebedeutendere Masse von Produktivkräften besitzt. Sie wird daher inDeutschland am langsamsten und schwierigsten, in England am raschestenund leichtesten durchzuführen sein. Sie wird auf die übrigen Länder derWelt ebenfalls eine bedeutende Rückwirkung ausüben und ihre bisherigeEntwicklungsweise gänzlich verändern und sehr beschleunigen. Sie isteine universelle Revolution und wird daher auch ein universellesTerrain haben.

20. Frage: Was werden die Folgen der schließlichen Beseitigung des Privateigentums sein?

Antwort: Dadurch, daß die Gesellschaft dieBenutzung sämtlicher Produktivkräfte und Verkehrsmittel sowie denAustausch und die Verteilung der Produkte den Händen derPrivatkapitalisten entnimmt und nach einem aus den vorhandenen Mittelnund den Bedürfnissen der ganzen Gesellschaft sich ergebenden Planverwaltet, werden vor allen Dingen alle die schlimmen Folgen beseitigt,welche jetzt noch mit dem Betrieb der großen Industrie verknüpft sind.Die Krisen fallen weg; die ausgedehnte Produktion, welche für diejetzige Ordnung der Gesellschaft eine Überproduktion und eine somächtige Ursache des Elends ist, wird dann nicht einmal hinreichen undnoch viel weiter ausgedehnt werden müssen. Statt Elend herbeizuführen,wird die Überproduktion über die nächsten Bedürfnisse der Gesellschafthinaus die Befriedigung der Bedürfnisse aller sicherstellen, neueBedürfnisse und zugleich die Mittel, sie zu befriedigen, erzeugen.

Sie wird die Bedingung und Veranlassung neuer Fortschrittesein, sie wird diese Fortschritte zustande bringen, ohne daß dadurch,wie bisher jedesmal, die Gesellschaftsordnung in Verwirrung gebrachtwerde. Die große Industrie, befreit von dem Druck des Privateigentums,wird sich in einer Ausdehnung entwickeln, gegen die ihre jetzigeAusbildung ebenso kleinlich erscheint wie die Manufaktur gegen diegroße Industrie unserer Tage. Diese Entwicklung der Industrie wird derGesellschaft eine hinreichende Masse von Produkten zur Verfügungstellen, um damit die Bedürfnisse aller zu befriedigen. Ebenso wird derAckerbau, der auch durch den Druck des Privateigentums und derParzellierung daran verhindert wird, sich die schon gemachtenVerbesserungen und wissenschaftlichen Entwicklungen anzueignen, einenganz neuen Aufschwung nehmen und der Gesellschaft eine vollständighinreichende Menge von Produkten zur Verfügung stellen.

Auf diese Weise wird die Gesellschaft Produkte genughervorbringen, um die Verteilung so einrichten zu können, daß dieBedürfnisse aller Mitglieder befriedigt werden. Die Trennung derGesellschaft in verschiedene, einander entgegengesetzte Klassen wirdhiermit überflüssig. Sie wird aber nicht nur überflüssig, sie ist sogarunverträglich mit der neuen Gesellschaftsordnung. Die Existenz derKlassen ist hervorgegangen aus der Teilung der Arbeit, und die Teilungder Arbeit in ihrer bisherigen Weise fällt gänzlich weg. Denn um dieindustrielle und Ackerbauproduktion auf die geschilderte Höhe zubringen, genügen die mechanischen und chemischen Hilfsmittel nichtallein; die Fähigkeiten der diese Hilfsmittel in Bewegung setzendenMenschen müssen ebenfalls in entsprechendem Maße entwickelt sein.Ebenso wie die Bauern und Manufakturarbeiter des vorigen Jahrhundertsihre ganze Lebensweise veränderten und selbst ganz andere Menschenwurden, als sie in die große Industrie hineingerissen wurden, ebensowird der gemeinsame Betrieb der Produktion durch die ganze Gesellschaftund die daraus folgende neue Entwicklung der Produktion ganz andereMenschen bedürfen und auch erzeugen. Der gemeinsame Betrieb derProduktion kann nicht durch Menschen geschehen wie die heutigen, derenjeder einem einzigen Produktionszweig untergeordnet, an ihn gekettet,von ihm ausgebeutet ist, deren jeder nur eine seiner Anlagen auf Kostenaller anderen entwickelt hat, nur einen Zweig oder nur den Zweig einesZweiges der Gesamtproduktion kennt.

Schon die jetzige Industrie kann solche Menschen immer wenigergebrauchen. Die gemeinsam und planmäßig von der ganzen Gesellschaftbetriebene Industrie setzt vollends Menschen voraus, deren Anlagen nachallen Seiten hin entwickelt sind, die imstande sind, das gesamte Systemder Produktion zu überschauen. Die durch die Maschinen schon jetztuntergrabene Teilung der Arbeit, die den einen zum Bauern, den anderenzum Schuster, den dritten zum Fabrikarbeiter, den vierten zumBörsenspekulanten macht, wird also gänzlich verschwinden. Die Erziehungwird die jungen Leute das ganze System der Produktion rasch durchmachenlassen können, sie wird sie in Stand setzen, der Reihe nach von einemzum andern Produktionszweig überzugehen, je nachdem die Bedürfnisse derGesellschaft oder ihre eigenen Neigungen sie dazu veranlassen. Sie wirdihnen also den einseitigen Charakter nehmen, den die jetzige Teilungder Arbeit jedem einzelnen aufdrückt. Auf diese Weise wird diekommunistisch organisierte Gesellschaft ihren Mitgliedern Gelegenheitgeben, ihre allseitig entwickelten Anlagen allseitig zu betätigen.Damit aber verschwinden notwendig auch die verschiedenen Klassen. Sodaß die kommunistisch organisierte Gesellschaft einerseits mit demBestand der Klassen unverträglich ist und andrerseits die Herstellungdieser Gesellschaft selbst die Mittel bietet, diese Klassenunterschiedeaufzuheben.

Es geht hieraus hervor, daß der Gegensatz zwischen Stadt undLand ebenfalls verschwinden wird. Der Betrieb des Ackerbaues und derIndustrie durch dieselben Menschen, statt durch zwei verschiedeneKlassen, ist schon aus ganz materiellen Ursachen eine notwendigeBedingung der kommunistischen Assoziation. Die Zersplitterung derackerbauenden Bevölkerung auf dem Lande, neben der Zusammendrängung derindustriellen in den großen Städten, ist ein Zustand, der nur einernoch unentwickelten Stufe des Ackerbaues und der Industrie entspricht,ein Hindernis aller weiteren Entwicklung, das schon jetzt sehr fühlbarwird.

Die allgemeine Assoziation aller Gesellschaftsmitglieder zurgemeinsamen und planmäßigen Ausbeutung der Produktionskräfte, dieAusdehnung der Produktion in einem Grade, daß sie die Bedürfnisse allerbefriedigen wird, das Aufhören des Zustandes, in dem die Bedürfnisseder einen auf Kosten der andern befriedigt werden, die gänzlicheVernichtung der Klassen und ihrer Gegensätze, die allseitigeEntwickelung der Fähigkeiten aller Gesellschaftsmitglieder durch dieBeseitigung der bisherigen Teilung der Arbeit, durch die industrielleErziehung, durch den Wechsel der Tätigkeit, durch die Teilnahme alleran den durch alle erzeugten Genüssen, durch die Verschmelzung von Stadtund Land - das sind die Hauptresultate der Abschaffung desPrivateigentums.

21. Frage: Welchen Einfluß wird die kommunistische Gesellschaftsordnung auf die Familie ausüben?

Antwort: Sie wird das Verhältnis der beidenGeschlechter zu einem reinen Privatverhältnis machen, welches nur diebeteiligten Personen angeht und worin sich die Gesellschaft nicht zumischen hat. Sie kann dies, da sie das Privateigentum beseitigt und dieKinder gemeinschaftlich erzieht und dadurch die beiden Grundlagen derbisherigen Ehe, die Abhängigkeit des Weibes vom Mann und der Kinder vonden Eltern vermittelst des Privateigentums, vernichtet. Hierin liegtauch die Antwort auf das Geschrei hochmoralischer Spießbürger gegenkommunistische Weibergemeinschaft. Die Weibergemeinschaft ist einVerhältnis, was ganz der bürgerlichen Gesellschaft angehört undheutzutage in der Prostitution vollständig besteht. Die Prostitutionberuht aber auf dem Privateigentum und fällt mit ihm. Diekommunistische Organisation also, statt die Weibergemeinschafteinzuführen, hebt sie vielmehr auf.

22. Frage: Wie wird die kommunistische Organisation sich zu den bestehenden Nationalitäten verhalten?

- bleibt

23. Frage: Wie wird sie sich zu den bestehenden Religionen verhalten?

- bleibt

24. Frage: Wie unterscheiden sich die Kommunisten von den Sozialisten?

Antwort: Die sogenannten Sozialisten teilen sichin drei Klassen. Die erste Klasse besteht aus Anhängern der feudalenund patriarchalischen Gesellschaft, welche durch die große Industrie,den Welthandel und die durch beide geschaffene Bourgeoisgesellschaftvernichtet worden ist und noch täglich vernichtet wird. Diese Klassezieht aus den Übeln der jetzigen Gesellschaft den Schluß, daß diefeudale und patriarchalische Gesellschaft wiederhergestellt werdenmüsse, weil sie von diesen Übeln frei war. Alle ihre Vorschläge gehenauf graden oder krummen Wegen diesem Ziele zu. Diese Klassereaktionärer Sozialisten wird trotz ihrer angeblichen Teilnahme undheißen Tränen für das Elend des Proletariats dennoch stets von denKommunisten energisch angegriffen werden, denn

  1. erstrebt sie etwas rein unmögliches;
  2. sucht sie die Herrschaft der Aristokratie, der Zunftmeister

    und Manufakturisten mit ihrem Gefolge von absoluten oder feudalen

    Königen, Beamten, Soldaten und Pfaffen herzustellen, eine Gesellschaft,

    die zwar von den Übelständen der jetzigen Gesellschaft frei war, dafür

    aber wenigstens ebensoviel andere Übel mit sich führte und nicht einmal

    die Aussicht auf die Befreiung der unterdrückten Arbeiter durch eine

    kommunistische Organisation darbot;

  3. kehrt sie ihre wirklichen Absichten jedesmal heraus, wenn das

    Proletariat revolutionär und kommunistisch wird, wo sie sich dann

    sogleich mit der Bourgeoisie gegen die Proletarier verbündet.

Die zweite Klasse besteht aus Anhängern der jetzigen Gesellschaft,welchen die aus dieser notwendig hervorgehenden Übel Befürchtungen fürden Bestand dieser Gesellschaft erweckt haben. Sie streben also danach,die jetzige Gesellschaft beizubehalten, aber die mit ihr verbundenenÜbel zu beseitigen. Zu diesem Zweck schlagen die einen bloßeWohltätigkeitsmaßregeln vor, die anderen großartige Reformsysteme,welche unter dem Vorwand, die Gesellschaft zu reorganisieren, dieGrundlagen der jetzigen Gesellschaft und damit die jetzige Gesellschaftbeibehalten wollen. Diese Bourgeoissozialisten werden ebenfalls von denKommunisten fortwährend bekämpft werden müssen, denn sie arbeiten fürdie Feinde der Kommunisten und verteidigen die Gesellschaft, welche dieKommunisten gerade stürzen wollen.

Die dritte Klasse endlich besteht aus demokratischenSozialisten, welche auf demselben Wege wie die Kommunisten einen Teilder in Frage [18] angegebenen Maßregeln wollen, aber nicht alsÜbergangsmittel zum Kommunismus, sondern als Maßregeln, welchehinreichend sind, um das Elend aufzuheben und die Übel der jetzigenGesellschaft verschwinden zu machen. Diese demokratischen Sozialistensind entweder Proletarier, die über die Bedingungen der Befreiung ihrerKlasse noch nicht hinreichend aufgeklärt sind, oder sie sindRepräsentanten der Kleinbürger, einer Klasse, welche bis zur Erringungder Demokratie und der aus ihr hervorgehenden sozialistischen Maßregelnin vieler Beziehung dasselbe Interesse haben wie die Proletarier. DieKommunisten werden deshalb in den Momenten der Handlung sich mit diesendemokratischen Sozialisten zu verständigen und überhaupt mit ihnen fürden Augenblick möglichst gemeinsame Politik zu befolgen haben, soferndiese Sozialisten nicht in den Dienst der herrschenden Bourgeoisietreten und die Kommunisten angreifen. Daß diese gemeinsameHandlungsweise die Diskussion der Differenzen mit ihnen nichtausschließt, ist klar.

25. Frage: Wie verhalten sich die Kommunisten zu den übrigen politischen Parteien unsrer Zeit?

Antwort: Dies Verhältnis ist verschieden in denverschiedenen Ländern. - In England, Frankreich und Belgien, wo dieBourgeoisie herrscht, haben die Kommunisten vorderhand noch eingemeinsames Interesse mit den verschiedenen demokratischen Parteien,und zwar ein um so größeres, je mehr die Demokraten sich in den jetztüberall von ihnen vertretenen sozialistischen Maßregeln dem Ziele derKommunisten nähern, d.h., je deutlicher und bestimmter sie dieInteressen des Proletariats vertreten und je mehr sie sich auf dasProletariat stützen. In England z.B. stehen die aus Arbeiternbestehenden Chartisten den Kommunisten unendlich näher als diedemokratischen Kleinbürger oder sogenannten Radikalen.

In Amerika, wo die demokratische Verfassung eingeführt ist,werden die Kommunisten sich mit der Partei halten müssen, welche dieseVerfassung gegen die Bourgeoisie wenden und im Interesse desProletariats benutzen will, d.h. mit den agrarischen Nationalreformers.

In der Schweiz sind die Radikalen, obwohl selbst eine noch sehrgemischte Partei, dennoch die einzigen, mit welchen die Kommunistensich einlassen können, und unter diesen Radikalen sind wieder diewaadtländischen und Genfer die am weitesten fortgeschrittenen.

In Deutschland endlich steht der entscheidende Kampf zwischender Bourgeoisie und der absoluten Monarchie erst bevor. Da aber dieKommunisten nicht eher auf den entscheidenden Kampf zwischen ihnenselbst und der Bourgeoisie rechnen können, als bis die Bourgeoisieherrscht, so ist es das Interesse der Kommunisten, die Bourgeois sobaldals möglich an die Herrschaft bringen zu helfen, um sie sobald wiemöglich wieder zu stürzen. Die Kommunisten müssen also, gegenüber denRegierungen, stets für die liberalen Bourgeois Partei ergreifen undsich nur davor hüten, die Selbsttäuschungen der Bourgeois zu teilenoder ihren verführerischen Versicherungen von den heilsamen Folgen desSiegs der Bourgeoisie für das Proletariat Glauben zu schenken.

Die einzigen Vorteile, welche der Sieg der Bourgeoisie denKommunisten bringen wird, werden bestehen: 1. in verschiedenenKonzessionen, welche den Kommunisten die Verteidigung, Diskussion undVerbreitung ihrer Grundsätze und damit die Vereinigung des Proletariatszu einer eng verbündeten, kampfbereiten und organisierten Klasseerleichtern; und 2. in der Gewißheit, daß von dem Tage, wo dieabsoluten Regierungen fallen, der Kampf zwischen Bourgeois undProletariern an die Reihe kommt. Von diesem Tage an wird dieParteipolitik der Kommunisten dieselbe sein wie in den Ländern, wo dieBourgeoisie jetzt schon herrscht.

Geschrieben Ende Oktober bis November 1847.

Nach der Handschrift.