Gewerkschaft: FPÖ will spalten!

Sonja Grusch

Teile und Herrsche - das heißt, die ArbeitnehmerInnen in Frauen und Männer, In- und AusländerInnen, in Arbeitslose und jene, die noch einen Job haben, zu teilen. Der Zweck ist klar: Sind die Beschäftigten untereinander nicht einig, sind sie schwach und den Angriffen auf Löhne und Sozialstandards ausgeliefert. Die FPÖ will am 1.Mai 1997 mit der Gründung einer eigenen „Gewerkschaft“ die Spaltung der ArbeitnehmerInnen vorantreiben.
Nachdem die FPÖ bei den Wahlen zum EU-Parlament im Oktober ‘96 vor allem Zulauf von ArbeiterInnen hatte, gibt sich Haider nun ganz als neuer „ArbeiterInnenführer“. Er wettert gegen SPÖ&ÖGB, und die FPÖ plakatiert in Wien sogar „Solidarität statt Sozialabbau“. Aber wie würde „Solidarität statt Sozialabbau“ a la FPÖ in der Praxis aussehen?

Wirtschaftspartei FPÖ

Fast alle konkreten Forderungen der FPÖ im Wirtschafts- und Sozialbereich sind klassische Unternehmerforderungen. Aus Platzgründen hier nur ein kurzer Auszug:

  • Stop der Diskussion um die 35-Stunden-Woche
  • weitgehende Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen
  • Aussetzung des Arbeitnehmerschutzgesetzes
  • Senkung des Arbeitslosengeldes und Zwangsarbeit für Arbeitslose...

Dahinter steckt ein Konzept: Unter dem Schlagwort „Freiheit“ sollen Schutzbestimmungen abgebaut werden (z.B. sollen Lehrlinge länger arbeiten „dürfen“). Ein wichtiges Ziel ist auch der Übergang von Kollektiv-verträgen zu Individualverträgen. Die Beschäftigten aber sind alleine erpreßbarer - und daher billiger!   
Weiters würde eine Umsetzung der FPÖ-Forderungen zu einer massiven Umverteilung führen. Die von ihr propagierte „Entlastung der Wirtschaft“ bedeutet Mehrkosten für die Sozialversicherung, den Staat und die kleinen SteuerzahlerInnen.
Die FPÖ betreibt Politik im Sinne der Unternehmer - nicht zuletzt, weil sich genügend von denen in den eigenen Reihen befinden: Haider, Prinzhorn, Mauthner-Markhof ....

Gegen AK und ÖGB

Die Organisationen der ArbeitnehmerInnen sind den Unternehmern seit jeher ein Dorn im Auge und werden von ihnen daher bekämpft. Die FPÖ ist in diesem Bereich Vorkämpferin, wenn sie das Ende der AK in der jetzigen Form fordert. Ebenso steht die „Reduzierung des Gewerkschaftseinflusses im Wirtschaftsleben“ auf dem Programm. Die AUF (Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher) forderte jahrelang offen zum Austritt aus dem ÖGB auf und verteilte vorgedruckte Austrittsformulare. Die AUF und die FA (Freiheitliche Arbeitnehmer), die blauen ArbeitnehmerInnenorganisationen, sind nichts als FPÖ-Anhängsel. Sie gehen soweit, auch deren arbeiterInnenfeindlichen Forderungen zu übernehmen. Wenn die FPÖ auch auf der Wahlebene vor allem bei den ArbeiterInnen zulegt, so ist ihre Verankerung in den Betrieben denkbar schlecht. Gerade 0,6 % aller BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen bekennen sich zur AUF oder FA. Stark sind die Freiheitlichen nur bei der Exekutive, wo sie von 4,76 % (1987) auf 27,48 % (1995) wuchsen.

Eigene FPÖ-Gewerkschaft?

Schon seit einiger Zeit fordert die FPÖ mehr Einfluß und Pfründe im ÖGB (mit 0,6 % der BetriebsrätInnen/ PersonalvertreterInnen wollen sie 20 % der ÖGB-Macht) und droht mit der Gründung einer eigenen Gewerkschaft. Erste konkrete Schritte wurden bereits gesetzt. Die ÖGB-Führung verhandelte und wich zurück. Anstatt klarzumachen, daß in einer Gewerkschaft Unternehmervertreter wie die FPÖ nichts zu suchen haben, versuchte und versucht die ÖGB-Spitze, die FPÖ organisatorisch zu integrieren. Noch schwerer wiegt allerdings, daß auch politisch dem Druck der FPÖ gelinde gesagt nachgegeben wird. So sagte ÖGB-Präsident Verzetnitsch, die FPÖ habe vom ÖGB in der “Ausländerfrage gelernt“. Die ganze nationalistische Standortpolitik des ÖGB bietet darüberhinaus einen idealen Boden, auf dem die FPÖ ihre Propaganda ausbreiten kann.
Die Ankündigung der FPÖ, eine eigene Gewerkschaft zu gründen, dient nicht, wie sie behaupten, dazu ,die Rechte der ArbeitnehmerInnen besser zu vertreten. Ganz im Gegenteil. Ziel dieser Aktion ist es, die ArbeiterInnenbewegung zu spalten und damit zu schwächen. Eine Auflösung von ÖGB und AK ist zur Zeit nicht durchsetzbar, also setzen die Freiheitlichen auf den Spaltpilz.

Für einen kämpferischen ÖGB

Diejenigen, die sagen, wir brauchen eine kämpferische Interessensvertretung, haben recht. ÖGB und AK sind das in der jetzigen Form eindeutig nicht. Doch eine Spaltung oder die Auflösung dieser Organisationen würde die Voraussetzungen für Widerstand gegen Sozialabbau weiter verschlechtern. Es führt kein Weg daran vorbei, selbst aktiv zu werden und eine linke Gewerkschaftsopposition mit aufzubauen.

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