So 01.06.1997
Dieser Satz vom Vorsitzenden der Bundessektion Finanz der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Wolfgang Pertmayr, faßt den Frust der GÖD-Funktionäre zusammen. Die GÖD ruft zum Warnstreik am 3. Juni von 0-12 Uhr auf - betroffen sind 10.000 Beschäftigte in Finanz- und Zollämtern. Die Bediensteten werden an den Arbeitsplätzen erscheinen und nichts tun.
Die GÖD fordert „notwendiges Personal“ - bis zu 500 mehr Dienstposten - und protestiert gegen die geplante Abschaffung der sogenannten „Belastungsbelohnung“. Die verschiedenen Zulagen sind angesichts der oft niedrigen Gehälter ein unverzichtbarer Lohnbestandteil. In den letzten 2 Jahren erhielten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst keine prozentuelle Lohnerhöhung, sondern nur Einmalzahlungen. Die zweijährigen automatischen Vorrückungen im Gehaltsschema würden laut Regierung einen Anstieg der Personalkosten des Staates von 1,5% bedeuten. Staatssekretär Ruttensdorfer stellt die GÖD also erneut vor die „Wahl“: kleine Lohnerhöhung und weniger Beschäftigte oder ...?
Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes sind in der Zwickmühle: Die Regierung will die Kosten für Gehälter und Pensionen drastisch kürzen - zigtausende Dienstposten sollen weg. Wenn wir von den öffentlich Bediensteten sprechen, dann muß mit vielen Vorurteilen aufgeräumt werden: normale „Beamte“ haben keine „Millionengehälter“, sondern im Vergleich oft niedrige Gehälter. Allerdings sind im öffentlichen Dienst viele Akademiker beschäftigt, und Frauen erhalten - im Gegensatz zur Privatwirtschaft - wirklich das gleiche Gehalt wie Männer. Und die Pragmatisierung? Ein verstärkter Kündigungsschutz war immer das Ziel von Gewerkschaften und bedeutet mehr Schutz vor Willkür des Arbeitgebers.
An der Basis der Gewerkschaft gärt es. Die Beschäftigten sind nicht nur mit einer Medienhetze gegen „Beamte“ konfrontiert, sondern auch mit Personalabbau, Privatisierungen und einer Intensivierung der Arbeit. Die GÖD mußte auf den Druck der Basis reagieren. Die ÖVP-nahe FCG Führung der GÖD - will ein politisches Zeichen mit dem Warnstreik setzen: einerseits die Beschäftigten beruhigen und andererseits der Regierung nicht allzu weh tun. Ruttensdorfer hält den Warnstreik zwar „für ein falsches Signal“, aber die Regierung braucht nicht zu nervös werden. Denn die GÖD - wie auch auch die ÖGB-Führung - unterstützt die SPÖ-ÖVP-Koalition und ist noch bereit, alles zu tun, um diese Regierung im Amt zu halten. Und deren Politik bewegt sich in festen Bahnen - Richtung Konvergenzkriterien der EU.
Viele meiner KollegInnen unterstützen den Warnstreik, weil „endlich etwas passiert“. Aber es gibt kein Vertrauen in die Gewerkschaftsführung. Besonders im öffentlichen Dienst besteht diese aus „höheren“ Beamten, die abgehoben von den „normalen“ Beschäftigten agieren. Wenn die GÖD-Führung wirklich gegen die Politik des Personalabbaus und der Lohnkürzungen etwas unternehmen wollte, dann müßte sie schon größere Geschütze auffahren. Dieser Warnstreik wird die Regierung nicht beeindrucken. Viele KollegInnen haben dabei ein schlechtes Gefühl. Die GÖD-Führung hat in der Vergangenheit nicht gekämpft und mit der Regierung gepackelt. Warum sollten der Großverdiener Hofrat Dohr und seine FCG-Freunde nun plötzlich anders sein. Aber auch bei der SPÖ-dominierten GdG ist Vorsicht angebracht. Die FSG-Führung veranstaltet auch ab und zu einen kleinen Protest, um die Mitglieder bei der Stange zu halten. Aber in Wirklichkeit wird nur der Widerstand von unten und eine breite Mobilisierung gegen die Regierungspolitik Früchte tragen - da muß man sich einfach fragen: Auf welcher Seite steht diese Gewerkschaftsführung?