Gewalt an Frauen hat System!

Die Pandemie der Femizide nimmt kein Ende - von den Politiker*innen ist keine Hilfe zu erwarten!
Sarah Moayeri

Im September erklärte Frauenministerin Raab: "Die Bundesregierung widmet sich auf mehreren Ebenen dem Kampf gegen häusliche Gewalt sowie Gewalt an Frauen und Kindern. Mit dem größten Gewaltschutzpaket der vergangenen Jahrzehnte haben wir im Mai einen Meilenstein für den Opferschutz und die Gewaltprävention gesetzt." Das “größte Gewaltschutzpaket seit Jahrzehnten” umfasst 25 Millionen Euro - ein Tropfen auf dem heißen Stein. Seit Monaten versucht die Bundesregierung, uns mit leeren Versprechen und nahezu wirkungslosen Maßnahmen wie die der “verpflichtenden Täterberatung” Sand in die Augen zu streuen. Die Realität ist, dass sie nicht bereit ist, nennenswert Geld in die Hand zu nehmen für Frauenhäuser und andere Schutzeinrichtungen, dass sie Gewalt an Frauen rassistisch zu instrumentalisieren versucht und mit ihrer unsozialen Politik Gewalt an Frauen befördert. Dank Steuerreform wird Wohnen noch teurer, Unabhängigkeit noch schwerer!

Stattdessen sollen sich Frauen an die Polizei wenden: In einem System, in dem 8 von 10 Anzeigen wegen Gewalttaten eingestellt werden und Frauen, wie in einem Fall in Wien, von der Polizei nicht ernst genommen werden und sogar selbst wegen “Verletzung des öffentlichen Anstandes” eine Geldstrafe zahlen müssen. Wir brauchen uns gar nichts erwarten von einer Regierung und einem System, in dem eine Regierungspartei wie die ÖVP jemanden trotz Strafverfahrens wegen Vergewaltigung kandidieren lässt (Verurteilung nach der Wahl). Eine Regierung, die bis zum letzten Moment Abschiebungen nach Afghanistan durchgesetzt und damit auch Frauen der Gewalt der Taliban ausgeliefert hat und sich dann als Vorreiterin im Kampf gegen Gewalt inszeniert, kann keine Bündnispartnerin sein. Vertrauen können wir nur auf Widerstand von unten - die Proteste gegen Femizide können da nur ein Anfang sein. Das ganze kapitalistische System produziert in all seinen Poren Gewalt an Frauen - deshalb ist der Kampf gegen Sexismus nur dann erfolgreich, wenn er das ganze System in Frage stellt und herausfordert.

Was es braucht, um Gewalt zu bekämpfen

Wir brauchen mindestens 228 Millionen mehr für Gewaltschutz: Mehr Geld, Personal und ein flächendeckendes Angebot an gut ausgebauten, selbstverwalteten Frauenhäusern, Beratungsstellen und Notrufen für Frauen und LGBTQI+ Personen. Beschlagnahmung von aus Spekulationsgründen leerstehenden Gebäuden, um Räume für Schutzeinrichtungen, aber auch für bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Gegen überholte Rollenbilder und für sexuelle Selbstbestimmung: Für volle Aufklärung über Sexualität, Verhütung und Gewalt in Bildungseinrichtungen ab dem Kindergarten. Dafür braucht es mehr Geld und Personal im Bildungssystem. Außerdem: Freier, kostenloser und flächendeckender Zugang zu Verhütungsmitteln und Abtreibungen. Nicht über den eigenen Körper bestimmen zu können, ist eine Form von Gewalt.

Eine gewerkschaftliche Offensive gegen Sexismus und Gewalt an Frauen in den Betrieben und Nachbarschaften. Aktivist*innen der sozialistisch-feministischen Initiative ROSA haben beim GPA Bundesforum einen Antrag eingebracht, der eine solche Kampagne einfordert. Schließlich hat die Arbeiter*innenklasse das größte Interesse daran, Sexismus, Rassismus und andere Formen der Spaltung zu bekämpfen.

Unabhängigkeit für Frauen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, höhere Löhne in frauendominierten Branchen und Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn und Personalausgleich. Für die Vergesellschaftung von Haus- und Pflegearbeit. Um all das zu ermöglichen, müssen wir uns das Geld bei den Superreichen holen und die Macht der Banken und Konzerne brechen.

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