Freiheit? Ausverkauft!

Gabriel Winkelmüller

Keine technologische Errungenschaft hat das 21. Jahrhundert dermaßen geprägt wie das Internet. Aus einem Militärprojekt entstanden, wurde es entwickelt, um die weltweite Vernetzung der Forschung zu ermöglichen. Speziell der Einsatz von „Social Media“ in diversen Protestbewegungen schuf den Eindruck, das Internet würde vom Kapitalismus unabhängig agieren und nicht nach seinen Regeln spielen. Doch mit Beginn seines Aufstiegs war es immer eine Plattform, von welcher Konzerne wussten, sie profitabel für sich einzusetzen. Dies betrifft nicht nur Google, Facebook & Co, sondern auch scheinbar „spontane“ Internet-Hypes der letzten Jahre. Weder „Memes“, noch „Harlem Shake“ haben sich aufgrund der „grenzenlosen Freiheit“ des Internets global verbreitet.
Besonders gut erkenntlich ist das bei fast allen Seiten, welche diese „Bild-Text“-Kombinationen anbieten. Meist lässt sich ein ähnlicher Ablauf erkennen: buzzfeed, 9gag und Co. waren ursprünglich Amateurprojekte, bei denen User beliebig Inhalte hochladen konnten. Wenn eine solche Seite das Interesse von InvestorInnen weckt, wird die Ausrichtung der Seite professionalisiert und kommerzialisiert: Erfahrene JournalistInnen werden eingestellt, welche einen Teil der Inhalte erstellen und verwalten. Der Rest wird – um Personalkosten niedrig zu halten – weiter von UserInnen bereitgestellt. Das Ziel: eine möglichst hohe Anzahl an Seitenbesuchen, die in Folge Werbeeinnahmen für die Betreiber bedeuten.
Auch der „Harlem Shake“ ist kein Ausdruck der „freien Internet-Popkultur“, sondern Beispiel für ein gesteuertes Marketingprojekt. Das Video wurde nicht durch die Online-Community zu einem Phänomen. Zwar gab es auch hier ein von Amateuren produziertes Original, der richtige Durchbruch wurde allerdings von der Firma „Maker Studios“ ermöglicht, die das Potential des Originals erkannten und schlussendlich verwendeten, um Werbung in eigener Sache zu machen.
Keine Frage: Das Internet ist ein Werkzeug, welches politischen Organisationen ermöglicht, sich weltweit zu vernetzen und eine breitere Masse anzusprechen. Es deswegen unhinterfragt als „systemkritisch“ zu erachten, wäre das, was man dort als „epic fail“ bezeichnet.

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