Europa baut weiter an der Mauer …

Politik gegen Flüchtlinge und MigrantInnen am Beispiel Italien – ein italienischer Sozialist im Interview:

VORWÄRTS: Was erwartet afrikanische Flüchtlingen, die per Boot nach Italien kommen?

Giovanni: Die Flüchtlinge werden sofort in Lager (CPT) gebracht, wie das CPT von Lampedusa, einer Insel südlich von Sizilien. Diese Lager sind wie Gefängnisse, dort bleiben sie bis zur Abschiebung.

VORWÄRTS: Wie ist die Situation in den Lagern?

Giovanni: Berichten von Amnesty International zu Folge befinden sich in den CPTs Gefangene in Containern oder ähnlichen für einen langen Aufenthalt unzureichenden Unterkünften. Sie sind extremen Temperaturen ausgesetzt, außerdem sind die Container ständig überfüllt. Die hygienischen Bedingengen sind oft mangelhaft, die medizinische Versorgung sowie das Essen ist ungenügend und minderwertig. Es fehlt an sauberer Kleidung und Bettwäsche.

VORWÄRTS: Landen nur Flüchtlinge in diesen Lagern, oder auch andere MigrantInnen?

Giovanni: Auch MigrantInnen, die in Italien gearbeitet haben, deren Arbeitsvertrag aber nicht verlängert wurde. Nach einem unter Bossi & Fini verabschiedeten Gesetz ist die Möglichkeit für MigrantInnen in Italien zu bleiben an einen gültigen Arbeitsvertrag gekoppelt. Wenn der Vertrag abgelaufen ist, müssen sie sofort das Land verlassen. Bis zum Zeitpunkt der Abschiebung kommen sie in Schubhaft.

VORWÄRTS: Profitieren die Unternehmen von der Situation?

Giovanni: Nach dem Gesetz (Gesetz Bossi Fini 189/202) muss einE MigrantIn schon vor der Ankunft eine Arbeit haben, um legal in Italien sein zu können. Daher arbeitet der größte Teil der MigrantInnen als HilfsarbeiterInnen ohne Aufenthaltsbewilligung. Den KapitalistInnen dienen die CPTs als Druckmittel um “illegale” ArbeiterInnen zu erpressen, um sie zu zwingen, verheerende Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, ohne ihre Grundrechte einzufordern. Italien ist das Land in Europa, wo es die meisten tödlichen Arbeitsunfälle gibt - laut dem italienischen ökonomischen Forschungszenter Censis waren  2007 1.170.

VORWÄRTS: Gibt es Proteste gegen die rassistische Politik?

Giovanni: Obwohl es selbst für PolitikerInnen, NGOs und JournalistInnen ganz schwierig ist, ein CPT zu besuchen, gab's schon mehrere Demos bei Gerichten oder selbst vor den CPTs, hauptsächlich von StudentInnen und AnhängerInnen der PRC, aber auch von AnarchistInnen und kleinen religiösen Gruppen. Während der Demos konnten manchmal auch Flüchtlinge befreit werden. Die letzte Demo fand am 31. März 2009 in Rom statt. Von den linken Parteien wird die aktuelle italienische Immigrationspolitik bekämpft und die Gewerkschaft GCIL fordert eine Zusammenarbeit zwischen italienischen und ausländischen ArbeiterInnen.

Lotta – die italienische Schwesterorganisation der SLP – fordert: “Für die Rechte von AsylwerberInnen und MigrantInnen, gegen alle rassistischen Gesetze. Sofortige Schließung der CPTs.”

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