EU-Reformvertrag: Auch der zweite Aufguss ist nicht besser

Nein zum Europa der Banken und Konzerne!
Laura Rafetseder

Der Schock der Ablehnung der EU-Verfassung in den Referenden in Frankreich und den Niederlanden 2005 sitzt noch tief in den Knochen der europäischen Regierungsvertreter. Das ist auch der Grund, warum sie Volksabstimmungen über den EU-Reformvertrag, der dem EU-Verfassungsentwurf in großen Teilen gleicht, möglichst verhindern wollen.
"Vielleicht sind 90 bis 95 Prozent ident. Aber auch die Gene des Menschen sind zu 95 Prozent mit jenen des Schimpansen ident, den Unterschied kennen wir wohl alle", sagt Wolfgang Schüssel über den Unterschied zwischen dem EU-Reformvertrag und dessen Vorgänger, dem EU-Verfassungs-Entwurf. Was er damit wirklich sagen will: Liebe Unternehmen, keine Sorge, eure Interessen stehen drinnen; liebe KritikerInnen, euren Segeln fehlt der Wind.
An Wind fehlt es uns aber ganz und gar nicht: Die Schweinereien sind nach wie vor die alten, lediglich Kleinigkeiten (keine Fahne und Hymne) haben sich geändert. Die Ziele der Militarisierung und "Wettbewerbsausrichtung" der Union stehen allerdings klar im Vertrag. Die Mitgliedsstaaten werden zur Aufrüstung verpflichtet, der Ministerrat hat das Recht, Kriege im Namen des "Kampfes gegen den Terrorismus" (bzw. zum Schutz der Wirtschaftsinteressen) zu führen, es gibt ein eigenes Rüstungsbudget, die Beistandsverpflichtung ist sogar weitergehender als jene der NATO etc. Mit der Verankerung der "Notwendigkeit die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhalten" in Verfassung/Reformvertrag können nun auch Lohndumping-Maßnahmen wie die Dienstleistungsrichtlinie oder Sozialabbau generell folgerichtig argumentiert werden. Der Reformvertrag ist alles andere als demokratisch oder sozial.  

Ganze große Koalition dafür - FPÖ wittert Chance

In Österreich hat sich mittlerweile eine interessante "Koalition" aus SPÖ, ÖVP und den Grünen gebildet, die betont, eine Volksabstimmung über den Reformvertrag sei nicht notwendig. Aufgrund der Schwäche der Linken in Österreich und des Fehlens einer ArbeiterInnenpartei wird das Feld FPÖ und BZÖ überlassen, die die Stimmung gegen die EU für ihre eigenen – rassistischen und nationalistischen – Zwecke benutzen.
Doch auch wenn eine Kampagne für eine Volksabstimmung bzw. für ein Nein zum Reformvertrag momentan eher von rechts getragen würde: Das Misstrauen gegen die EU und gegen den Reformvertrag besteht zurecht – die EU ist ein neoliberales Projekt kapitalistischer Regierungen mit dem Ziel, ihre Interessen besser umsetzen zu können. Die Alternative kann daher nicht darin bestehen, zum Vertrag zu schweigen (wie der ÖGB) oder gar dafür zu sein; sondern eine linke, bzw. gewerkschaftlich getragene Gegenbewegung wie in Frankreich oder den Niederlanden aufzubauen.

Für ein sozialistisches Europa der ArbeitnehmerInnen, Jugendlichen und Arbeitslosen

Wir sind der Meinung, dass die Menschen das Recht haben sollten, über den EU-Reformvertrag abzustimmen. Aber wir sind gegen die scheinheiligen und nationalistischen Aktionen von FPÖ und BZÖ. Wir begrüßen die Initiative verschiedener linker Organisationen inklusive der KPÖ für eine Volksabstimmung. Diese muss sich aber klar von FPÖ und Konsorten abgrenzen (was für die KPÖ nicht immer selbstverständlich ist). Und sie muss sich gegen EU und Kapitalismus an sich richten und Alternativen vorschlagen. Die Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden war eine massive Niederlage für die Herrschenden in Europa. Das hat sie aber nicht daran gehindert, einen Neu-Aufguss zu basteln und zu versuchen, diesen über die Köpfe der Menschen hinweg durchzupeitschen.
Die einzige Art und Weise, wie ihnen eingeheizt werden kann, ist durch den europaweiten gemeinsamen Kampf von ArbeitnehmerInnen und Jugendlichen gegen die EU, gegen Sozialabbau, gegen Militarisierung und für bessere Lebensbedingungen für alle. Das bedeutet letztlich einen Kampf für ein sozialistisches Europa, im Interesse der ArbeiternehmerInnen und Jugendlichen und nicht der Banken und Konzerne.

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