Druckbranche: Sperrfeuer der Unternehmer

Kollektivvetrag einseitig gekündigt – Massive Verschlechterungen gefordert
Harald Mahrer, Mitglied DJP

Der Verband Druck- und Medientechnik kündigte einseitig den Kollektivvertrag für das grafische Gewerbe. Dies bedeutete, dass für rund 14.000 Beschäftigten ab 1. Juli 2005 ein “vertragsloser” Zustand einzutreten drohte.
Die Unternehmer legten gleichzeitig Forderungen für einen neuen Kollektivvertrag (KV) auf den Tisch. Unter dem Motto “Rettet die Branche” sollen die KollegInnen in den Druckereien Lohneinbußen bis zu 30% und längere Arbeitszeiten hinnehmen.
Die Hauptforderungen der Unternehmer ist Flexibilisierung, was nichts anderes als Abbau von Zuschlägen für Überstunden, Nacht- bzw. Sonn- und Feiertagsarbeit bedeutet. Sogar die Schaffung eines eigenen Kleinbetriebe-KVs wurde gefordert: KollegInnen würden dann für die gleiche Arbeit – je nach Betriebsgröße – unterschiedlich bezahlt werden. Diese Forderungen wurden von der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier (DJP) zurecht als inakzeptabel zurückgewiesen.

Verluste bis zu EUR 14.000,- im Jahr

Die DJP berechnete den Jahresverlust für einen Beschäftigten in der Druckvorstufe, der in einem 2-Schicht-Betrieb mit durchschnittlichen Überstunden arbeitet. Unfassbare EUR 14.000,- brutto pro Jahr fielen an Zuschlägen für Nachtarbeit und Überstunden weg.

Widerstand regt sich

Am 16. März kamen über 700 KollegInnen zu einer DJP-Versammlung in Wien Floridsdorf. Mit Trommeln, Megaphonen und Sprechchören wie “Kämpfen, kämpfen, kämpfen” wurde unterstrichen, dass die KollegInnen nicht bereit sind, kampflos aufzugeben. Die Redner wetterten gegen Lohnraub und den “unerhörten” Angriff auf die Sozialpartnerschaft. Franz Bittner (DJP) erklärte die Strategie der DJP: Erstens Versammlungen wie diese, zweitens Überstundenboykotte und drittens “intelligente” Streiks, nicht überall gleichzeitig, nicht zu lang. Tosenden Applaus wertete er mit den Worten “Ich glaub, wir müssen net abstimmen!” als Zustimmung zu Kampfmaßnahmen. Als politische Antwort gab Fritz Verzetnitsch die Parole “Flexibilisierung ja, Lohnraub nein” aus. Wolfgang Katzian (GPA) präzisierte: “Flexibilisierung im Tausch gegen Arbeitszeitverkürzung”. Am Tag nach dieser eindrucks-vollen Veranstaltung stimmten die Unternehmer zu, den alten KV noch bis 31.12. gelten zu lassen, sowie ihr Forderungspaket zurückzunehmen und ein neues vorzulegen.

Vorsicht ist geboten

“Flexibilisierung im Tausch gegen Arbeitszeitverkürzung” ist doppelt gefährlich. Erstens erhöht sich der Arbeitsdruck, da zunehmend zu stressigen Zeiten gearbeitet wird und zweitens werden mögliche positive Effekte von Arbeitszeitverkürzung auf den Arbeitsmarkt verringert bzw. verunmöglicht. Bei einer Arbeitszeitverkürzung um 10%, müssten theoretisch 10% mehr Leute eingestellt werden. Bei hoher Flexibilisierung ist dies nicht der Fall, da die KollegInnen bei Bedarf länger da sind. Taktisch sind Überstundenboykotte und “intelligente” Streiks zu hinterfragen. Überstundenboykotte sind sehr individuelle Maßnahmen, die noch dazu stark auf das Einkommen drücken. Sie sind daher schwer durchzuhalten. Streiks, die nicht flächendeck-end und ausreichend lang sind, schmerzen Unternehmer einer Branche mit 30% Überkapazitäten wenig. Dringende Aufträge können zu nicht streikenden Betrieben ausgelagert werden, kurze Streiks bedeuten einfach ein wenig Zeit, die die Unternehmer nicht zahlen müssen. Bei schlechter Auslastung kein “großes Problem”.
Angesichts der Dreistigkeit der Unternehmer ist konsequenter Widerstand notwendig. Nicht nur für die Arbeitsbedingungen und Löhne der KollegInnen in der Druck-branche, sondern gesamtgewerkschaftlich gesehen. Denn: Geht dieser Angriff auf eine der bestorganisierten Branchen durch, sind die Schleusen weit offen für Angriffe in allen anderen Branchen.

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