Die FPÖ marschiert immer weiter nach rechts. Doch wo wird sie ankommen?

John Evers

“Zick-Zack-Zigeuner-Pack” schrie ein von Neonazis angetriebener Mob bei der FPÖ-Abschlussveranstaltung zur EU-Wahl den linken Gegendemonstranten entgegen. Versuche, die Demonstration auch anzugreifen, wurden - dieses Mal - von der Polizei durch Verhaftungen unterbunden. Es sind Szenen, die inzwischen typisch für Massenversammlungen der Freiheitlichen sind. Inhaltlich kann sich die FPÖ inzwischen der Zustimmung selbst militanter Nazis ohnehin sicher sein: Vom NS-Verbotsgesetz bzw. der Forderung nach dessen Abschaffung, über antisemitische Ausfälle bis hin zum aggressiven Rassismus werden hier alle Themen entsprechend bedient.

Nicht wie in den 1920er und 30er Jahren, aber …

In der historischen Betrachtung entwickelte sich der Faschismus nicht in einer geraden Linie, sondern im Rahmen vielfacher Brüche, Umgruppierungen und Spaltungen. Ebenso haben faschistische Strömungen in der Geschichte sehr unterschiedliche Ausformungen erhalten: Von der militanten Splittergruppe, über den österreichischen Klerikalfaschismus, dem antisemitisch geprägten Nationalsozialismus bis hin zu den italienischen Neofaschisten, die seit dem Ende des zweiten Weltkriegs im italienischen Parlament stets vertreten waren. Ähnlich vielschichtig formieren sich heute - vor dem Hintergrund der Krise - faschistische Kräfte in Europa. Sie entstehen zum Teil aus existierenden Rechtsparteien - die in den 1990er Jahren noch einen neoliberalen Kurs verfochten haben - oder können auch Neugründungen sein. Vor allem in Mittel- und Osteuropa, aber auch in anderen Teilen des Kontinents existieren jedenfalls inzwischen faschistische Parteien, die bei Wahlen durchaus Massenunterstützung erhalten können; wie z.B. erst jüngst bei der EU-Wahl in Ungarn.

Wo steht die FPÖ heute?

Seit dem Bruch mit dem BZÖ hat in der FPÖ ein bisher ungebremster Trend nach Rechts stattgefunden. Thematisch dockt die FPÖ inzwischen dort an, wo sich faschistische Parteien wie die bundesdeutsche NPD bereits länger befinden; nicht zuletzt mit einer Kapitalismuskritik, die ein rabiates “Ausländer Raus” als d i e zentrale Alternative und Lösung von allen sozialen Problemen darstellt. Treibend ist hier ein Machtzentrum um Strache, Rosenkranz, Mölzer, Graf (...), welches ganz offensichtlich aus einem entsprechenden Milieu kommt und von diesem geprägt ist. Diesen Leuten ist es absolut zuzutrauen, dass sie künftig auch vor dem bewussten Einsatz von Gewalt und Schlägertrupps gegen MigrantInnen und Linke nicht zurückscheuen. Gleichzeitig trägt die FPÖ aber nach wie vor stark den Charakter einer Protestpartei; die Mehrheit ihrer WählerInnen würde von einer weiteren, auch gewalttätigen Radikalisierung derzeit tendenziell abgeschreckt werden. Doch nicht nur dieser “Balanceakt”  zwischen enger Ideologie/Militanz und breiter Protestpartei entscheidet über die künftige Entwicklung der Freiheitlichen. Entschlossene Mobilisierung gegen Rechts, die Entwicklung von Klassenkämpfen und vor allem der Aufbau linker Alternativen würden diese Entwicklung entscheidend beeinflussen bzw. könnte die FPÖ insgesamt zurückdrängen.

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