Der Protest der „Schlampen“

Bei einem Vortrag über Gewaltprävention in Toronto sagte ein Polizist im Jänner 2011, Frauen sollen sich nicht „wie Schlampen“ kleiden, um nicht vergewaltigt zu werden. Damit machte er Frauen (mit)verantwortlich für sexuelle Übergriffe. Das löste weltweit in über 50 Städten Proteste aus. Auch in Wien ist ein „Slutwalk“ geplant. Mit dem Begriff „Schlampenmarsch“ prangern Frauen die sexistische Doppelmoral an. Egal ob kurzer Rock oder Rollkragenpulli – Nein heißt nein!

Täglich wird Frauen in den Medien suggeriert, sie müssten sich sexy anziehen. Gleichzeitig werden „zu verführerisch“ angezogene Frauen, als „Schlampen“ diffamiert. Während in manchen Turnsälen sexistische Werbung hängt wird gleichzeitig an Schulen darüber diskutiert, „zu kurze“ Kleidung zu verbieten. Diese Kleiderzwänge zeigen, wie heuchlerisch es ist, die „unterdrückte“ Kopftuch tragende Frau der „emanzipierten“ westlichen Frau gegenüber zu stellen. Jede Frau soll selbst bestimmen, was sie anzieht!

Kleidung hat nichts mit dem Vergewaltigungsrisiko zu tun. Die meisten Vergewaltigungen passieren nicht am nächtlichen Heimweg, sondern in Familie und Umfeld. Viele Frauen erstatten aus Scham und Angst keine Anzeige. Übergriffe durch den Partner sind schwer beweisbar und Frauen werden vor Gericht weniger ernst genommen. Von geschätzten 5.000 Vergewaltigungen jährlich wird nur jede 10. angezeigt. Und nicht einmal jede 5. Anklage führt zur Verurteilung!

Der Gewaltspirale zu entkommen, ist schwer: Oft sind Frauen von ihren Partnern ökonomisch abhängig, weil sie weniger verdienen oder Hausfrauen sind. Bei Frauenhäusern wird eingespart. Landesweit gibt es 30 Frauenhäuser mit 750 Plätzen. Notwendig wären – laut der Geschäftsführerin der Autonomen Frauenhäuser, Rösslhumer – 830 Plätze. Hilfesuchende Frauen müssen abgewiesen werden. Die „Slutwalks“ bringen Sexismus und Gewalt gegen Frauen wieder in die Öffentlichkeit.

Wir fordern:

  • keine Werbung, insbesondere keine sexistische, an Schulen

  • Selbstverteidigungstraining als fixer Bestandteil des Turnunterrichtes

  • eine Gewerkschaftskampagne gegen Übergriffe im Job und gegen sexistische Berufskleidung

  • Ausfinanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen

Nora Brandes, Sedef Yavuz

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