Der Pflegeaufstand hat gerade erst begonnen!

    Die Zustände im Sozial- und Gesundheitswesen werden immer schlimmer, für die PatientInnen und für die Beschäftigten. Die Politik ignoriert bzw. leugnet die Probleme (z.B. die Frage von Gangbetten) oder verschlimmert sie sogar. Sozial- und Gesundheitsausgaben sind weitgehend Landessache. Die Bundesregierung zieht sich aus der Verantwortung und verschiebt den Sparterror von der Bundes- einfach auf die Landesebene. Und die Länderregierungen setzen die Kürzungen dann folgsam um. Dabei zeigt sich, dass die verschiedenen Parteien in ihrer praktischen Politik nicht so weit auseinander liegen, da sie ALLE in verschiedenen Landesregierungen verantwortlich sind bzw. waren für Kürzungen bei Gesundheit und Sozialem.

    Die Gesundheitsberufe haben enorm hohe Burnout Raten. Doch in den letzten Monaten hat diese Wut über die Missstände sich in Widerstand verwandelt. Ausgehend vom Pflegepersonal in Salzburg, die als CaREvolution an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben sich in verschiedenen Teilen Österreichs Plattformen und Bündnisse gebildet. Die Forderungen sind im wesentlichen ähnlich: mehr Bezahlung und mehr Personal an der Basis. Auslöser in Salzburg war die Veränderung der Arbeitszeitregelung: für die Einkommensverluste der ÄrztInnen war die Landesregierung, wie auch in Wien, bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Die PflegerInnen aber sollten die Einkommensverluste einfach hinnehmen. Doch dazu waren und sind sie nicht bereit und wehren sich.

    Die ÄrztInnen haben ihr Ziel des vollständigen Abgleichs der Verluste noch nicht erreicht. Doch sie haben schon Zugeständnisse erkämpft. Möglich war ihnen das weil sie sich organisiert haben und ihre Kampfbereitschaft sehr deutlich gemacht hat. Da stellt sich die Frage, warum die Gewerkschaften des Pflegepersonals es ihnen nicht gleich tun?! Ein zentrales Problem dabei ist die gewerkschaftliche Zersplitterung der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich, die auf vier Teilgewerkschaften (GÖD, GdG, GPA-djp, Vida) aufgeteilt sind. Doch das würde bei einer kämpferischen Politik derselben kein Hindernis sein. Das Hauptproblem ist die Rolle der Gewerkschaftsführung: diese ist teilweise mit den jeweiligen politischen Verantwortlichen (von SPÖ bzw. ÖVP) eng verbunden, redet die Probleme ebenfalls schön, versucht Proteste zu verhindern bzw. in geordnete (=wirkungslose) Bahnen zu lenken und geht gegen KritikerInnen aus der Gewerkschaftsbasis vor. Und genau das versucht sie auch bei den aktuellen Protesten. In Salzburg hat der Zentralbetriebsrat einen mehr als miesen Deal mit der Landesregierung zugestimmt. Die betroffenen KollegInnen wurden wohlweislich nicht gefragt – war doch völlig klar, dass sie nicht zustimmen würden. Sogar von Einschüchterungsversuchen gegen jene KollegInnen, die sich gegen die „Einigung“ mit der Landesregierung aussprechen, wird berichtet.

    Beim „Pflegekongress“ in Wien erklärt die Verantwortliche – obwohl viele KollegInnen deutlich mehr Personal und mehr Geld verlangt haben – es ginge nicht ums Geld, sondern um mehr Anerkennung. Klar, ein paar schöne Worte kosten nichts. Doch sie bezahlen auch keine Rechnungen. Auch wenn sich die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich über Lob und Anerkennung freuen, so brauchen sie v.a. mehr Geld und weniger Stress. Die Gewerkschaftsführung hat (spät aber doch) erkannt, dass der Sozial- und Gesundheitsbereich ein Pulverfass ist. In Wien versucht die Gewerkschaft die kritischen KollegInnen ruhig zu halten indem sie vorgibt, etwas zu tun. So wurde gemeinsam mit den kritischen und kämpferischen KollegInnen von care revolution Wien ein Flashmob organisiert. Doch der Wunsch der Beschäftigten, ein klares Zeichen zu setzen wurde von der abgehobenen Gewerkschaftsführung, missbraucht um daraus eine zahnlose Aktion zu machen die Aktivität vermitteln sollte, aber keine konkreten Auswirkungen hatte. Anstatt, die kämpferische Stimmung und die Motivation der vielen KollegInnen die am Flashmob beteiligt waren als Auftakt für weitere Proteste zu nutzen, ging man auseinander ohne konkrete Forderungen aufzustellen und ohne einen Plan für weitere Aktionen.

    Die Missstände im Sozial- und Gesundheitsbereich sind so groß, dass es auch in Zukunft wieder zu Protesten kommen wird. Das ist gut. In Kärnten wird ein massives Sparpaket geschnürt. Im AKH drohen die ÄrztInnen mit Streik und in Oberösterreich ist für den 16. Juni ein Streik der Beschäftigten im Sozialbereich geplant. Der Pflegeaufstand hat also gerade erst begonnen!

    Nun müssen wir überlegen, wie diese Kämpfe gewonnen werden können. Dazu braucht es Organisierung an der Basis. Und es muss über Kampfschritte nachgedacht werden, die weiter gehen als Flashmobs und Petitionen. Die Beschäftigten im Behindertenbereich haben einen Streik gegen die geplanten Kürzungen angekündigt. Das Streiken möglich ist, haben auch die Streiks bei der Berliner Charite gezeigt. Dazu brauchen wir aber auch eine völlig andere Gewerkschaft. Die Frage einer Gesundheitsgewerkschaft wird immer wieder angesprochen. Es ist dringend notwendig, dass die Beschäftigten aus den verschiedenen Gewerkschaften (und auch solche die nicht Gewerkschaftsmitglieder sind) sich organisieren. Auch wenn die offiziellen Strukturen des ÖGB das nicht vorsehen, ist eine Vernetzung des Gesundheitsbereichs möglich. Und zwar nicht durch die hochbezahlten SpitzenfunktionärInnen, die Kämpfe eher verhindern als organisieren, sondern durch die kämpferischen KollegInnen an der Basis.

    1. Vernetzt euch mit KollegInnen in Abteilungen, Spitälern, Einrichtungen – trefft euch regelmässig (z.B. als Aktionskomittees) um eure Forderungen und Aktionen zu diskutieren und planen

    2. Vernetzt euch mit KollegInnen in anderen Spitälern

    3. Wenn die Gewerkschaft bei Protesten hilft ist das gut, wenn sie es nicht tut dürfen wir uns nicht davon bremsen lassen

    4. Organisieren wir gemeinsam die nächsten lauten Proteste, auch Demonstrationen und wenn nötig auch Streiks

    mehr unter: Aktionsprogramm für den Gesundheitsbereich https://www.slp.at/artikel/aktionsplan-f%C3%BCr-das-sozial-und-gesundheitswesen-6533 und Das Streik 1x1 https://www.slp.at/artikel/das-kleine-streik-1x1-6572