Der "Baader-Meinhof Komplex"

Eine Filmrezension
Jonas Honauer

Der aktuelle Kinofilm "Baader - Meinhof Komplex" berichtet über die politische Stimmung der 70er Jahre in Deutschland und über die Terrororganisation RAF.
Im Wesentlichen hält sich der Film möglichst genau an die historischen Ereignisse, jedoch ist der Film keineswegs eine Dokumentation. Mit vielen Actionszenen und bekannteren Schauspielern ist es doch eine aufwendige Produktion.
Das Thema RAF wird ziemlich “objektiv” behandelt, allerdings fehlen wichtige Hintergründe zur Entstehung der RAF. Z.B. das Modell der Stadtguerilla wird nicht erklärt. Außerdem gibt der Film ein rasches Tempo vor, somit kennt man sich in manchen Teilen des Films nicht ganz aus.
Gänzlich fehlt der Aufbau des Polizeistaates im Zuge der Spirale von Staats- und RAF-Terrorismus. Das Verständnis bzw. die Ziele der RAF werden im Film somit schlecht bis gar nicht herübergebracht.
Weiterns wurde v.a. nicht heraus gearbeitet, dass die Aktionen der RAF nicht am Bewusstsein der Bevölkerung ansetzten. Man hatte beim Filmschauen das - falsche - Gefühl, dass die RAF über die Generationen hinweg eine Vielzahl an AnhängerInnen bzw. SympathisantInnen hatte.
Die Politik, insbesondere der plumpe Antiamerikanismus der RAF - welcher die USA als Einheit und nicht als Klassengesellschaft begriff - wurde nie kritisiert. Auch nicht wirklich heraus gekommen ist, dass bei den Anschlägen der RAF meist Unbeteiligte, ArbeiterInnen und Soldaten verletzt oder getötet wurden. So verübten sie einen Anschlag just auf jene US-Kaserne wo es massiven Widerstand gegen den Vietnamkrieg gab.
Im Großen und Ganzen ist der Film sehenswert, jedoch ist es nützlich wenn man sich mit den Hintergründen der RAF und des "Deutschen Herbst" vertraut macht.

Sozialistische Analyse der RAF

Die Herrschenden fürchteten damals die Radikalisierung der ArbeiterInnenklasse, die Berg- und Stahlarbeiter im Ruhrgebiet allen voran. "Wenn die Ruhr brennt, gibt es im Rhein nicht genug Wasser zum Löschen", hatte schon Konrad Adenauer (CDU, Kanzler von 1949 bis 1966) gesagt. Die RAF wurde zum "Staatsfeind Nr. 1" aufgebauscht, um zu verwischen, wo die wirkliche Kraft liegt, die die Gesellschaft grundlegend verändern kann. Zugleich sollte jeder radikale Kampf mit den Methoden der RAF gleichgesetzt werden, um die ArbeiterInnenklasse davon abzuschrecken. Die RAF nutzte zumindest in diesem Sinne objektiv der Reaktion.
Vor allem die Unionsparteien nutzten die RAF, um Linke bis weit in die SPD hinein als "SympathisantInnen" zu attackieren. Selbst Leute, die die RAF als "Baader-Meinhof-Gruppe" statt als "Baader-Meinhof-Bande" bezeichneten, waren für den späteren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel "Sympathisanten". Unionspolitiker forderten das Verbot linker Organisationen. Zudem sollte politisches Engagement an den Universitäten untersagt und die kritischen Studierendengruppen verboten werden.

Marxismus statt Stadtguerilla

Das kapitalistische System liefert täglich neue Argumente dafür, aktiv zu werden gegen die bestehenden Verhältnisse. Der Kapitalismus erweist sich als unfähig, Armut, Arbeitslosigkeit und soziales Elend zu beseitigen. Und produziert selber Tag für Tag Gewalt.
Um wirksam dagegen vorzugehen, sind kollektive Formen der Gegenwehr, sind Massenproteste statt individueller Handlungen nötig. Um die Masse von Jugendlichen, ArbeiterInnen, Erwerbslosen anzusprechen sind politische Argumente, ein Programm und die Darstellung von Alternativen statt terroristische Aktionen gegen einzelne Personen - die im Fall der RAF nicht selten das Leben der arbeitenden Menschen selber gefährdet haben - erforderlich.
Schließlich ist es die ArbeiterInnenklasse, die den ganzen gesellschaftlichen Reichtum schafft und bei der durch ihre Stellung im Produktionsprozess kollektives Bewusstsein und gemeinsame Protestformen gefördert werden. Sie ist es, die dieses System aus den Angeln heben und eine neue, sozialistische Gesellschaft aufbauen kann.