Das schwarze Gold

Von Sonja Grusch, SLP Wien Nord

Öl - als wichtigster Energielieferant (35%) für Produktion, Wärme und Transport und als Rohstofflieferant für die chemische Industrie dominiert den Welthandel. Öl ist ein knapper Rohstoff - die geschätzten 140 Milliarden Tonnen an mit konventioneller Technik förderbaren Reserven reichen für ca. 40 Jahre. Während Staaten wie Rußland, USA, China, Britannien und Kanada einen wachsenden Marktanteil bei der Ölförderung übernehmen sind die Reserven in diesen Ländern aber weit geringer. Der größte Teil der Reserven liegt in den OPEC-Staaten am Persischen Golf. Dort könnte das Produktionsniveau über 70 Jahre aufrechterhalten werden, außerhalb der OPEC im Durchschnitt nur 15 Jahre, in den USA sogar nur neun Jahre. Insbesondere die USA hat ein Interesse daran, sich den Zugriff auf diese Reserven zu sichern. Denn 2001 verbrauchte die USA allein 25,9% des täglich geförderten Öls, während die europäischen OECD-Staaten gemeinsam gerade mal 20,1%, Deutschland als größte europäische Wirtschaft nur 3,7% brauchte.

Strategisches Interesse

1991, als der Irak Kuwait besetzte sicherte sich die USA mit der Operation Wüstenschild den Zugriff auf rund 10% der Welt-Ölreserven, die sich in Kuwait befinden. Mit demselben Ziel wurden auch in der Vergangenheit Diktaturen unterstützt bzw. sogar (mit)errichtet. Das politische Engagement der USA ist nicht zufällig gerade in seinen Öllieferländern - Venezuela, Mexiko, Irak, Kuweit, Saudia Arabien, Kolumbien - groß. Das Beispiel Venezuela zeigt gleichzeitig, dass die Strategien der US-Adminstration durchaus anpassungsfähig sind. Hatten die USA vor knapp einem Jahr noch den Putschversuch gegen Chavez unterstützt, ist ihnen jetzt v.a. Stabilität wichtig, da es einen Zweifrontenkrieg (Irak und Venezuela) zu vermeiden gilt.

Die USA bezog 2001 52% seiner Ölimporten aus OPEC-Staaten bzw. von politisch instabilen Regimes am Persischen Golf oder Venezuela. Die USA versucht diese Abhängigkeit zu reduzieren, und sich direkteren Zugriff auf Öl zu sichern. Im Krieg gegen den Irak werden diese unmittelbaren ökonomischen Interessen, mit dem Ziel des Ausbaus der Vormachtstellung in der Region und der Festigung der Rolle der USA als einzige Weltmacht verknüpft. Vorbehalte anderer Regierungen gegen den US-Feldzug haben weniger mit deren Friedensliebe, als mit anders gelagerten imperialistischen Interessen zu tun. Aufgrund der Sanktionen gegen den Irak haben französische (TotalFinaElf), russische (Lukoil), italienische (Agip), chinesische und sogar indische und vietnamesische Ölgesellschaften die Chance genutzt und Verträge mit dem Irak über die Ausbeutung neuer Ölfelder abgeschlossen. Die USA kann ihre Position hier entscheiden verbessern, wenn durch einen Krieg bzw. eine totale US-Dominanz die Karten auch wirtschaftlich neu gemischt werden. Eine neue irakische Führung, die völlig von den USA abhängig wäre, müßte den USA wohl ein "Vorkaufsrecht" einräumen und bestehende Verträge mit anderen Staaten/Firmen brechen.

Die Politik der Erdölkonzerne

Eng ist die Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Ölkonzernen. Die Ölförder und -verarbeitungskonzerne (wie Agip, BP/Amoco, Chevron, Exxon Mobil (Esso, Mobil), Lukoil, OMV, Repsol, Ruhroel, Shell, Texaco, TotalFinaElf) gehören zu den ganz Großen in der Weltwirtschaft, die selbstverständlich auch in der Politik mitspielen. Sie haben teilweise direkten Einfluß auf Regierungen und gestalten die Politik massgeblich mit. Auch US-Präsident Bush steht der US-Ölwirtschaft nahe.

Diktaturen und Kriege haben Unternehmen noch nie daran gehindert, zu investieren und Profite zu machen. Dass bekannteste Beispiel ist Shell und seine Rolle in Nigeria. Aber auch in Angola mischen Chevron (USA) und Elf (Frankreich) mit, im Sudan TotalFinaElf, Agip, OMV (Österreich), in Indonesien Mobil Oil (USA), in Myanmar/Burma Total, Unocal (USA). Die massiven Umweltzerstörungen in Nigeria durch Shell (USA) und in Russland durch Ruhroel (Deutschland), Agip, Elf und Total zeigt, dass Umweltschutz für Ölkonzerne ein Fremdwort zu sein scheint.

Der Ölpreis und die Weltwirtschaft

In der Weltwirtschaft ist der Ölpreis ein dominierender Faktor. 1973 stieg in Folge des Yom-Kippur-Krieges und des Ölboykotts der Organisation Arabischer Erdölexportländer (OAPEC) der Ölpreis von 2,89 auf 11,65 Dollar pro Faß. Seit den 40er Jahren war der Ölpreis konstant niedrig gewesen, diese Preisexplosion wurde zum Auslöser für die Weltwirtschaftskrise der 70er Jahre. Ende der 70er stieg er auf fast 40 Dollar/Barrel um dann 1986 wieder auf rund 12 Dollar/Barrel zu sinken, im Zuge des letzten Golfkriegs auf über 35 Dollar/Barrel zu steigen und 1998 auf kurzfristig unter 10 Dollar/Barrel einzubrechen. Der Ölpreis ist starken Schwankungen unterlegen, die von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen beeinflusst sind und diese ihrerseits wieder beeinflussen. Seit Ende der 90er Jahre steigt der Ölpreis wieder und Schätzungen sprechen davon, dass im Zuge eines Krieges gegen den Irak der Ölpreis auf 75 Dollar/Barrel und mehr steigen könnte. Die Hoffnung, durch einen raschen US-Sieg den Ölpreis zu drücken und damit der schwachen Weltwirtschaft neues Leben einzuhauchen, steht auf schwachen Beinen und ignoriert die Tatsache, dass die Regimes im gesamten Nahen Osten im Falle eines Angriffs gegen den Irak gefährdet wären. Wahrscheinlicher ist die Perspektive einer längerfristigen Destabilisierung der Region und damit auch eines Ansteigens des Ölpreises. Ein hoher Ölpreis aber könnte der am Rande einer Rezession wankenden Weltwirtschaft den Todesstoss versetzen.

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