Bringt die UNO Frieden?

Sudan/Darfur – über die Hintergründe des Konflikts und des geplanten UNO-Einsatzes
Martin Ramberger

Die momentane Diskussion im Parlament um eine Beteiligung österreichischer Truppen am Sudan/Darfur-Einsatz der UNO, welche von der grünen Abgeordneten Lunacek vehement gefordert wird, nimmt die SLP zum Anlass, die Problematik einer Teilnahme an einem UNO- Einsatz, die UNO und die wahren Gründe für die momentan Situation im Sudan/Darfur zu erörtern.
Der Sudan war von 1899 bis 1956 britische Kolonie und während diesem Zeitraum verfolgte der britische Imperialismus die klassische Strategie "Teile und Herrsche".
Die wirtschaftlichen Entwicklungen fand im Norden des Landes rund um die Hauptstadt Khartum statt. Die Kolonialherren versuchten den an Öl reichen Süden abzuschotten und verboten AraberInnen und Muslim-Innen sich im vorwiegenden christlichen und animistischen (Naturreligion) Süden anzusiedeln. Dieses Verbot wurde erlassen, weil der britische Imperialismus fürchtete, dass es zu einer Bewegung hätte kommen können, welche das Land gegen die Fremdherrschaft hätte vereinigen können. Aber man hat nicht nur den Norden gegen den Süden ausgespielt, sondern im Süden wurden auch noch die verschiedenen Stämme gegen einander aufgebracht. Die Verantwortung für bestimmte Gebiete wurde bestimmten Stämmen aufgetragen. Durch Bezahlungen an den jeweiligen Stamm konnte man die Gebiete kontrollieren.
Die Zeit des Kolonialismus hat im Sudan und Darfur die Basis für die komplizierte Situation, die kommende Kriege, Hunger und Armut gelegt und - wie in allen afrikanischen Ex-Kolonien - kann man die Folgen und sozialen Spaltungen deutlich erkennen.

Nord-Süd Konflikt

Als der Sudan die "Unabhängigkeit" - eine unabhängige Kapitalistenklasse gab es allerdings defacto nicht - wieder erlangte, waren die Spaltungslinien durch den Imperialismus schon so gefestigt, dass sie für das ausgebeutete Land nicht einmal zehn Jahre Frieden bedeuteten. Der erste Krieg der Rebellen brach 1962 im Süden aus. Seitdem versinkt der Sudan regelrecht im BürgerInnen-Krieg, ethnischen und religiösen Spannungen, Armut und Hunger.
Als in Jahre 1989 die erste demokratisch gewählte Regierung - die allerdings an der Situation wenig geändert hatte - schließlich durch einen Militärputsch (geführt von Omar al-Bashir) gestürzt worden war, wurde ein Regime auf islamischer Gesetzeslage, der Sharia, gegründet. Es kam zu jahrelangen Kämpfen zwischen den offiziellen Regierungstruppen und der "Sudanesischen Volksbefreiungsarmee" (SPLA oder SPLM).  Dem Süden war die islamische Sharia ein Dorn im Auge. Aber wie sooft war Religion nur ein Deckmantel, denn es ging auch um das Mitspracherecht bei den Ölquellen.
2004 kam es nach mehr als 20 Jahren BürgerInnen-Krieg, mehr als zwei Millionen Toten und einer Flüchtlingskatastrophe zu einem Friedensschluss zwischen Rebellen und Regierung. Man wollte nach sechs Jahren über eine Loslösung des Südens vom Norden abstimmen und die Hälfte der Öl-Netto-Gewinne aus dem Süden sollte an die teilautonome südliche Regierung gehen. Diese Lösung wäre vor allem dem US-Imperialismus zu Gunsten gekommen, weil die US-Regierung die Zentralregierung in Khartum mit wirtschaftlichen Sanktionen belegt hat. Aber sie will trotzdem mit dem Süden Öl-Geschäfte abschließen und so wäre eine Abspaltung des Südens aus Sicht der USA am besten. Denn im Moment kauft China mehr als 50% des Öls aus dem Sudan der nördlichen Regierung ab.

Der Darfur-Konflikt: Ein Kampf der Kulturen?

Im Februar 2003 erhoben sich die "Sudanesische Befreiungsbewegung" (SLM oder SLA) und die "Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit" (JEM) gegen Präsident Omar al-Bashir. Vor allem dieser Konflikt wurde in den Medien als ethnische Unruhen porträtiert. Dies ist aber eine zum Himmel schreiende Vereinfachung! Nicht nur die schwarze Bevölkerungsmehrheit hat sich gegen die Unterdrückung durch die Regierung gewehrt, sondern auch die arabischen Bauern, die genauso unter Armut leiden. Während des Konfliktes hat sich die Regierung um al-Bashir entschlossen, die arabisch-islamischen "Janjaweed"-Milizen zu bewaffnen, um nicht-arabische Bauern zu vertreiben. Dies wurde mit einer blutigen Entschlossenheit und Ausmaß betrieben, dass man von "Arabisierung" der Region sprechen kann. Der US-Imperialismus spricht sogar von einem Genozid.
Gleichzeitig liefen die Annäherungen zwischen dem Süden und dem Norden, welche dadurch natürlich beeinträchtigt worden sind, aber auch ohne den Krisenherd Dafur ist das Friedensabkommen sehr instabil und fragil.

UNO-Einsatz - eine Lösung?

In diesem Jahr beschloss die UNO und die AU (Afrikanische Union) eine 3.000 Mann starke UN-Truppe in den Dafur zu schicken. Dieses Angebot nahm die Regierung in Khartum nur unter Druck von China an. Eigentlich waren von der UNO 20.000 Soldaten vorhergesehen.
Aber warum sehen wir in dem UN-Einsatz keine Lösung für die akuten Probleme im Dafur?
Viele Menschen denken von der UNO als "Weltparlament" oder von den Blauhelmen als "Friedenstruppen". Aber diese Vorstellung ist leider sehr naiv und realitätsfern.  Die UNO unterstand schon seit ihrer Gründung dem Einfluss der mächtigsten Staaten (Z.B kämpfte die USA im Korea-Krieg nie als eigener Staat gegen den "kommunistischen" Norden, sondern immer nur als Teil der UN-Truppen. Dabei stellte die USA rund 90% aller Truppen.). Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Ende des kalten Krieges und einer Serie imperialistischer Interventionen mit und ohne UNO-Billigung (Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak ....), gilt das mehr denn je!

Stellung der Grünen: Naiv und gefährlich!

Die grüne Parlamentsabgeordnete Lunacek fordert österreichische Beteiligung am UNO-Einsatz und beklagt sich sogar über fehlende "positive Haltung" der österreichischen Regierung. Doch was würden die österreichischen Soldaten tun - außer  gegen den "Norden" Partei zu ergreifen und dem Konflikt damit eine neue Dimension zu geben. In diesem Konflikt erklären wir uns weder mit dem "Süden" noch mit dem "Norden" solidarisch. Auch wenn der Norden vom US-Imperialismus angegriffen wird, begehen wir nicht den Fehler und sagen: " Der Feind meines Feindes ist mein Freund". Die SLP lehnt das religiös-fundamentalistische Regime in Khartum ab, welches andere ethnische Gruppen unterdrückt. Auch wenn es durch die Präsenz internationaler Truppen zu einer Abspaltung des Südens kommt, bleibt das momentane System bestehen. Es würde für die Mehrheit noch immer unter Ausbeutung, Hunger und Armut bedeuten.
Deshalb gilt unsere Solidarität der ArbeiterInnenklasse, der des Südens und der des Nordens, egal welcher ethnischen oder religiösen Gruppe sie angehören. Der afrikanische Kontinent hat auch eine starke Tradition der ArbeiterInnenbewegung und ihres Internationalismus. An diese gilt es anzuknüpfen. Denn die sozialen, ethnischen und religiösen Spaltungen - haben im Sudan/Dafur und eigentlich überall zu lang existiert  und können unter kapitalistischen Bedingungen offenbar nicht überwunden werden.

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: