Bildungssystem: Nicht genügend!

von Andrea Gasperlmair, FH-Studierende

Der Mangel an Lehrpersonen in Österreich ist so hoch wie nie: Zu Schulbeginn wurden bundesweit 5.000 Vollzeitangestellte in Volks- und Mittelschulen gesucht. Bildungsminister Polaschek und Verteidigungsministerin Tanner (beide ÖVP) wollen nun diese Lücke mit Quereinsteiger*innen aus dem Militär füllen. Soldat*innen sollen in Zukunft über Themen wie “Landesverteidigung” und “Neutralität” im Schulfach Politische Bildung unterrichten, Offizier*innen sollen die “sachliche Richtigkeit” in Textbüchern überprüfen, Religionsunterricht soll verpflichtend werden.

Diese fatale Reaktion auf den Personalmangel ist nur die Spitze des Eisbergs. Lehrpersonen arbeiten sich in Rekordgeschwindigkeit ins Burnout und leiden unter Depressionen sowie Erschöpfung. Diese Missstände treten keinesfalls nur durch die (seit Jahren absehbare) Pensionierungswelle auf- es scheitert am unterfinanzierten Bildungssystem, miserablen Arbeitsbedingungen (insb. in Pflichtschulen) und der Tatsache, dass bereits junge Lehrer*innen durch die starke Überarbeitung nach nur wenigen Jahren ihren Beruf wechseln.

Eine klare Perspektive

Um die Krise im Bildungsbereich zu bewältigen, braucht es komplett ausfinanzierte und demokratische Gesamtschulen sowie ausreichend pädagogisches sowie administratives und Unterstützungs-Personal. Im Gegensatz zum geteilten Schulsystem herrscht dort keine soziale und rassistische Selektion - alle Schüler*innen und Lehrer*innen können demokraisch mitbestimmen.

Zudem braucht es flächendeckende, kostenlose Kinderbetreuung, die Eltern (und vor allem Frauen) Erziehungsarbeit abnimmt und mehr Freizeit gewährt! Nur so ist die Mehrfachbelastung von Lehrpersonen zu bekämpfen und das fehlende Personal wiederzugewinnen.

In einem profitorientierten System wie unserem werden der Gesundheits-, Bildungs-, und Sozialbereich immer an letzter Stelle stehen, da sie den Staat Milliarden kosten und gleichzeitig keinen direkten “Gewinn” liefern. Dieses System ist von Grund auf falsch - Fazit: Nicht Genügend und durchgefallen! Es liegt an uns Beschäftigten und Aktivist*innen, sich zu organisieren und für eine Systemalternative ohne Hierarchien, Unterdrückung und Profitgier zu kämpfen.

Wir können voneinander lernen!

Wenn wir die Missstände im Bildungssystem an der Wurzel bekämp-en und beginnen, es nach den wahren Interessen der Bevölkerung aufzu- bauen, dann können wir uns nicht an etablierte, bürgerliche Parteien oder Kirche wenden. Genau sie sind es, die Verbesserungen erst unterbinden (siehe oben). Dadurch, dass die Qualität des öffentlichen Schulsystems weiter- hin sinkt, tritt eine “schleichende Pri- vatisierung” ein: Eltern stecken ihre Kinder in Privatschulen, auch wenn sie es sich eigentlich nicht leisten

können. Aus demselben Grund ist auch die Neos-Forderung nach Pseudo-Schulautonomie ablehnenswert, die Schulen mit Geld und Ressourcen- mangel alleine lässt.

Wirklich revolutionäre Umgestaltung kann nur durch gemeinsame Arbeitskämpfe und Schulstreiks - also Kämpfe von unten - passieren. Die Notwendigkeit dafür ist längst überfällig! Widerstand und Arbeits- kämpfe sind bereits Realität: Erst letzten Juni streikte das Personal von “Bildung im Mittelpunkt” (BiM) in

Wien in 140 Volksschulen, nachdem von der Bundesregierung Lohnkürzungen von bis zu 19% angekündigt worden sind. ISA-Aktivist*innen und viele andere Bildungsinitiativen unterstützten den Streik tatkräftig vor Ort. Wichtig für die Zukunft ist, diese Arbeitskämpfe mit den Kämpfen im Gesundheits- und Sozialbereich zu verbinden. Es gibt zahlreiche Gemeinsamkeiten und Verbindungen - allen voran die Unterfinanzierung aller Bereiche sowie unerträgliche Arbeitsbedingungen.

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