Bayrische Sozialistin erobert Mandat

Bayern: Über das Ende der absoluten CSU-Mehrheit und linke Perspektiven

Am 28. September fanden in Bayern Lantags-, Bezirkstags- und Kommunalwahlen statt. Die CSU verlor  über 17% und damit ihre absolute Mehrheit. Die LINKE schaffte es mit 4,3% knapp nicht in den Landtag. Dafür ziehen aber 4 LINKE-Mitglieder in Bezirkstage ein. Eine davon ist Beate Jenkner, Aktivistin der LINKEN und der SAV (deutsche Schwesterorganisation der SLP), Spitzenkandidatin für den oberbayrischen Bezirkstag. Sie beantwortet die Frage von Vorwärts kurz nach ihrer Wahl. Im Bezirk leben rund drei Millionen Wahlberechtigte.

Vorwärts: Was bedeutet das Wahlergebnis für Bayern?

Beate Jenkner: Dass die CSU ihre absolute Mehrheit verloren hat, ist ein wichtiger Schritt für mehr Demokratie in Bayern. Steigende Armut, Massenentlassungen und die unsoziale Umverteilungspolitik der letzten Jahre hat zu wachsendem Unmut innerhalb der Bevölkerung geführt. Hinzu kommt, dass viele außerparlamentarische Organisationen jetzt mehr Handlungsspielraum haben, dass betrifft aktuell die Asylpolitik sowie die Überwachungspolitik, wie das Versammlungsgesetz und die Vorratsdatenspeicherung. Das Wahlergebnis ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Mehrheit der Bevölkerung einen Politikwechsel und eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation haben will.

Vorwärts: Du hattest ein klares kämpferisch-sozialistisches Programm für die Wahl. Was bedeutete das im Wahlkampf und für deine Arbeit im Bezirkstag?

Beate Jenkner: Bei den vielen Gesprächen, die ich an Infoständen, bei Verteilaktionen und auf den verschiedensten Veranstaltungen hatte, war festzustellen, dass die Menschen ein offenes Ohr für sozialistische Forderungen haben. Der Unmut über die bestehenden Verhältnisse und die unsoziale Politik ist groß. Die Menschen wollen eine starke linke Kraft, die glaubwürdig für ihre Interessen eintritt. Und sie hören ganz genau hin, welche Positionen man vertritt und wie man sie umsetzen will. Hier hätte die Linke mit einem klaren, kämpferischen Profil viel mehr erreichen können. Die Resonanz auf meine Veranstaltungen zu den Themen Altersarmut, sowie Pflege- und Behindertenpolitik war sehr groß, unter anderem auch deshalb, weil ich nach 15 Jahren im Gesundheitswesen weiß, welche weitreichenden Folgen die sogenannten Reformen für die Betroffenen haben. Der Bezirkstag ist genau für diese Bereiche zuständig, und aktuell plant er neue Kürzungen, vor allem im Behindertenbereich.
Ich werde im Bezirkstag nicht nur für eine sozialistische Politik eintreten, sondern in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen und den zuständigen Verbänden auf Missstände aufmerksam machen, Öffentlichkeit herstellen und wenn nötig, den Protest auch auf die Strasse tragen.

Vorwärts: Es gab und gibt eine Reihe von Angriffen auf soziale und demokratische Rechte. Wie sieht der Widerstand dagegen aus?

Beate Jenkner: Seit 1.10.08 ist das neue Versammlungsgesetz in Kraft. Dies bedeutet eine faktische Abschaffung der Versammlungsfreiheit, denn jeder Versammlungsleiter oder Ordner muss nicht nur im Vorfeld alle seine persönlichen Daten angeben, er kann auch ohne Begründung abgelehnt werden. Damit kann jede Versammlung oder Demonstration im Vorfeld verhindert werden. Widerstand gegen Sozialabbau bis hin zu Streiks ist damit nahezu unmöglich. Es läuft eine Sammelklage gegen dieses Gesetz, die nicht nur von Gewerkschaften und Organisationen, sondern auch von Parteien wie der SPD, den Grünen, der FDP usw. unterstützt wird. Durch die veränderten politischen Verhältnisse besteht die Möglichkeit, dieses Gesetz zu kippen. Gleiches gilt für die Vorratsdatenspeicherung. Aktuell wird das Gesetz aufgrund der Wahlergebnisse noch nicht konsequent umgesetzt, was wir für verschiedene Aktionen nutzen werden, vom Widerstand gegen die Krankenhausfinanzierung bis hin zum SchülerInnenstreik.

Vorwärts: Die SAV ist teil der LINKEN. Wie ist das Verhältnis zur Parteiführung?

Beate Jenkner: Wir werden von Teilen der Parteiführung für unsere kritische Haltung gegenüber der Senatspolitik in Berlin und der strikten Ablehnung, mit neoliberalen Parteien wie der SPD zusammenzuarbeiten, heftig kritisiert. Einige unserer Forderungen, wie die Enteignung der Banken und Großkonzerne haben dazu geführt, dass wir als Spalter und Linkssektierer bezeichnet wurden.
Teile der Partei bemühen sich, einen Schmusekurs mit Gewerkschaftsführung und SPD zu fahren. Wir sind vielen Anfeindungen ausgesetzt, aber es gibt auch andere, kritische Stimmen innerhalb der Partei, die eine konsequente linke Politik fordern. Zusammen mit ihnen werden wir versuchen, die Partei in eine kämpferische Partei für die ArbeiterInnen und Unterdrückten in dieser Gesellschaft  umzuwandeln. Denn angesichts der aktuellen Wirtschaftkrise brauchen wir eine starke, sozialistische ArbeiterInnenpartei, die in der Lage ist, den Menschen eine sozialistische Alternative anzubieten.

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