Ausbeutung statt Ausbildung: Ganze Arbeit für ein Drittel Lohn

“Echte Arbeit, nicht wie ein Lehrling”
Reinhard Rinner

In der Debatte um Bildung und Pisa-Studie wird übersehen, dass die meisten Jugendlichen ihre Ausbildung nicht in einer AHS, sondern in einer Lehre abschließen. Es wird nur erwähnt, dass die angeblich “dummen Berufsschüler und Schüler der Missgeburt Polytechnikum” unseren tollen elitären Bildungsstandard in der Statistik drücken. Über die Situation dieser Jugendlichen schweigen sich die bürgerlichen Medien sowie die großen Parteien aus. Lehrlinge sollen unhaltbare Zustände wie chronischen Lehrstellenmangel, erhöhte Ausbeutung sowie Missbrauch (für Zwecke, welche nichts mit der Ausbildung zu tun haben) ertragen. Diese “Ausbildung” ist völlig den privatwirtschaftlichen Interessen unterworfen.
Die Jugendarbeitslosigkeit ist seit Schwarz-Blau enorm gestiegen. Zur Zeit haben österreichweit ca. 15.600 Lehrstellen­Suchende keine Stelle. Die Wirtschaft bietet ihnen 1.800 Lehrstellen, die Lücke von 13.700 ist die größte seit dem Berufsausbildungsgesetz 1969.
Doch auch jene “Glücklichen”, die eine Lehrstelle gefunden haben, sind nicht zu beneiden. Die Lehre stellt in den meisten Betrieben den Billiglohnsektor dar. Der Lehrling ist durch Hungerlohn, geringere Rechte, seine niedrigere Stellung und universale Einsetzbarkeit (z.B. Kaffeeholen) eine kostengünstige Stütze für den Betrieb. Natürlich gibt dieser das nicht zu. Also nörgelt der Chef lieber über die restlichen Absicherungen der Lehrlinge, um diese noch weiter aufweichen zu können.
Ich selbst bin aus der 6. Klasse Gymnasium ausgestiegen. Ich wollte in die Gastronomie. Ein Betrieb ließ mich (mit der Aufforderung, mich nach nichts anderem umzusehen) einen Monat warten und wies mich dann ab. Danach bekam ich eine Lehrstelle in einem Gasthaus, in dem ein Koch mit 2 Lehrlingen (ohne ausgebildeten Kellner!) den ganzen Betrieb führen wollte. Sein Lob, wir würden „echte Arbeit machen, nicht wie ein Lehrling” war die Bestätigung seiner Ausbeuterei. Danach strich er uns die Trinkgelder! Kurz danach musste ich die Lehre wegen Diskrepanzen rund um die Arbeitszeiten aufgeben.

ie SLP fordert:

  • Für überbetriebliche Lehrwerkstätten, Ausbildung raus aus Unternehmerhand
  • Ein garantierter Ausbildungsplatz für jede/nJugendliche/n
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