Arbeitsplätze statt Abfangjäger!

Sonja Grusch, SLP Wien Nord

Die Rezession schlägt zu: die Konjunktur- und Arbeitslosenzahlen beweisen es. Die Lösung: Bis 2010 soll die EU der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum werden. Auf unsere Kosten soll schneller und billiger produziert werden. Österreich hat, vertreten durch die blau-schwarze Regierung, dieses Ziel mitfixiert. Doch: Massiver Widerstand ist da! In Spanien, Italien und Deutschland finden Streiks und Demonstrationen gegen das Sozialabbau und Rechtsruck statt.


Schon am WEF-Gipfel in New York wurde der “starre” Arbeitsmarkt in der EU kritisiert. “If you can't firer, you don't hire“ (“Wenn du nicht entlassen kannst, stellst du niemanden an“) war die Botschaft. Der EU-Gipfel in Barcelona ging diesen Weg weiter.

Arbeiten bis zum Umfallen

Zentrales Thema in Barcelona war die Anhebung des Pensionsantrittsalters. Österreich ist da Musterland: Die letzte “Penionsreform“ war erst der Anfang. In Diskussion ist zur Zeit das niedrigere Pensionsalter von Frauen. Diese Debatte ist zutiefst zynisch: Jede Anhebung des Pensionsalters ist ein Garantieschein für mehr Arbeitslose! In der EU sind insgesamt über 14 Millionen Menschen arbeitslos (das ist der offizielle Wert, tatsächlich sind es weit mehr). Den Arbeitslosen wollen die Staats- und Regierungschefs helfen, indem sie “Anreize“ schaffen. Eine Drohung! Anstatt Arbeitsplätze zu schaffen werden Arbeitslose bestraft: Es hagelt es Kürzungen bei den Bezügen, bzw. Verschärfungen bei den Zumutbarkeitsbestimmungen. Dabei ist die Realität trist genug: JedeR dritte 19-24 Jährige ist in Österreich mindestens einmal im Jahr arbeitslos. 1999 erhielten 30% all jener, die sich selbst als arbeitslos bezeichneten weder Arbeitslosengeld noch Notstandshilfe. Besserung ist nicht in Sicht: Die Reduzierung der Steuern- und Abgabenquote ist zu einer der “Hauptaufgaben der nächsten Jahre” erklärt worden. Gemeint damit unter anderem ist eine Kürzung der ArbeitgeberInnenbeiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Armut in Österreich

Die steigende Arbeitslosigkeit ist eine der Ursache für die Zunahme von Armut. Weitere Gründe sind schlechtbezahlte Teilzeitjobs, teuere Kinderbetreuung, hohe Mieten und die Kürzungen bei diversen Sozialleistungen. Das Ergebnis ist, dass 11 % der in Österreich lebenden Menschen als armutsgefährdet gelten, weiter 4 % sind akut arm. Arm bedeutet nicht unbedingt, dass unmittelbare Verhungern: Aber Armut ist der Unterschied zwischen gutem und ausreichendes Essen, Kleidung und Wohnung und dem Mangel an diesem. Armut bedeutet auch den Unterschied zwischen einer beheizten und einer kalten Wohnung. Armut bedeutet nicht die Möglichkeit zu haben, ins Kino oder Theater zu gehen und ein Buch zu kaufen. Armut bedeutet, sich die Hochglanzprospekte zwar anschauen zu können, aber niemals in Urlaub fahren zu können. Diese Armut gibt es in Österreich.

Geld ist da! Nein zur Aufrüstung!

Ein anderes Thema zeigt deutlich, dass Österreich an sich kein armes Land ist: die Abfangjänger. Schätzungen gehen von Ankaufs- und Erhaltungskosten von über 4 Milliarden Euro aus. Im Vergleich dazu: Die Studiengebühren werden geschätzte 60-70 Millionen Euro an Einnahmen bringen, die Ambulanzgebühr ca. 50 Millionen Euro. Was wichtiger ist - Abfangjänger oder freier Zugang zu Bildung und Gesundheit - die Regierung hat ihre Prioritäten klar gesetzt. Doch: Wer braucht Abfangjänger? Licht in die Sache bringt vielleicht das informelle Treffen der 15 EU-Verteidigungsminister in Saragossa. Die Perspektiven der europäischen Sicherheitspolitik bewegen sich zwischen zwei Polen: Einerseits der Möglichkeit gegenüber den USA im Ernstfall auch militärisch irgendwie eigene Interessen wahrnehmen zu können - nicht in einer direkten Konfrontation, aber in Stellvertreterkriegen um Einflussspähren z.B. in Afrika, im Nahen Osten und auf dem Balkan; Andererseits im Rahmen der NATO im Kampf gegen die “Schurkenstaaten” dabei zu sein - durch innere und äußere Aufrüstung. Nicht zufällig wird deshalb von ÖVP/FPÖ die Abfangjägerdiskussion mit der Frage des NATO-Beitrittes verbunden.

Auf der Straße - Auf die Straße

Beim EU-Gipfel in Barcelona waren es 300.000, die gegen die neoliberale EU-Politik demonstrierten. Drei Millionen Menschen haben in Rom gegen die Angriffe auf den Kündigungsschutz protestiert. In den letzten Jahren ist kein Gipfel der EU und kein Treffen der internationalen Institutionen des Kapitalismus ohne Massenproteste über die Bühne gegangen. Es ist nicht mehr möglich die DemonstrantInnen als “eine Handvoll verrückter Gewalttäter“ darzustellen, wie das noch vor kurzem versucht wurde. Die Wut über die Ungerechtigkeit des Kapitalismus ist zu einem Massenphänomen geworden. Österreich hinkt bei dieser Entwicklung hinterher. Insbesondere die sogenannte Oppositon ist zahnlos wie eh und je. Anstatt mit einer großen Delegation von GewerkschafterInnen an den Demonstrationen in Brüssel, in Barcelona und in Rom teilzunehmen präsentiert der ÖGB das “Sozialstaatsvolksbegehren“ als sein einziges Angebot. Wie oft sollen wir noch unterschreiben, dass wir gegen die Politik dieser Regierung sind? Es wird nichts ändern! Die Urabstimmung des ÖGB im Herbst 2001 hat gezeigt, wo das Potential für effektiven Widerstand ist. Bei 89% für Kampfmassnahmen!

Für eine Alternative

Österreich muss wesentlich stärker Teil der internationalen Protestbewegung gegen den Kapitalismus werden: die SLP ist Teil des Komitees für eine ArbeiterInneninterntionale und international aktiv. Wir treten gleichzeitig auch für eine Alternative zu diesem System ein. Wir wollen - Sozialismus. Sozialismus bedeutet nicht einfach nur eine andere Regierung, oder eine andere Politik. Wir kämpfen für die Enteignung der großen Banken und Konzerne und eine demokratisch, nach den Bedürfnissen von ArbeitnehmerInnen, Frauen und Jugendlichen geplante Wirtschaft.

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